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Dr. Fu Man Chu und die Frauen

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Ich esse ja so gerne chinesisch. Am liebsten so gebratene Nudeln mit allerlei Zeug durcheinander. Deshalb empfinde ich es als großes Glück, daß ich einen Werbezettel vom China-Imbiss „Fu Chiung“ im Briefkasten vorfinde. Es ist nämlich so, daß kein einziger Lieferdienst in unser Dorf kommt. Ob es an den merkwürdigen Leuten um uns herum liegt oder an der Tatsache, daß es etwas außerhalb liegt, kann ich nicht sagen.

Aber immer wenn ich abends mal Hunger auf Pizza oder Chinesisches habe, muß ich selbst was kochen oder auftauen, jedenfalls bringt uns keiner was ins Haus. Umso toller ist das Angebot von diesem Fu Man Chu, der „binnen 20 minutes alles frish“ liefern will.

„Ich rufe jetzt mal diesen Ching-Chong an und bestelle mir die große China-Pfanne“, sage ich zur Allerliebsten und blicke sie fragen an: „Willst du auch was?“

„Nö.“

„Also gut, dann nur für mich.“

„Oder warte mal…“

Sie will also offensichtlich doch etwas, ich kenne meine Frau, die hat abends immer noch mal Hunger auf was Herzhaftes. „Also soll ich dir doch etwas mitbestellen?“

„Weiß nicht“, lautet ihre erschöpfende Auskunft.

„Was weißt du nicht? Weißt du nicht, ob du Hunger hast oder weißt du nicht, was du möchtest?“

„Genau!“

„Du machst mich wahnsinnig, man muß doch wissen, ob man Hunger hat.“

„DAS weiß ich ja auch!“

„Ja und? Hast du jetzt Hunger oder nicht?“

„Ich bin mir nicht sicher.“

„Eben hast du noch gesagt, daß du es genau weißt!“, werfe ich vorsichtig ein. Die Allerliebste schüttelt energisch den Kopf und entgegnet: „Ich habe nur gesagt, daß ich das genau weiß, nur jetzt eben nicht.“

Das ist genau das, was ich als weibliche Logik bezeichne! Man nenne mich Macho oder Chauvi, ist mir egal.

„Ja, ist schon klar“, sage ich, „es wäre nur schön, wenn du dich jetzt einfach entscheiden könntest, ich habe nämlich Hunger und Dr. Fu Man Chu liefert nur bis 22 Uhr.“

„Dann bestell dir doch einfach schon mal etwas!“

„Ja und du?“

„Ich probier dann mal bei dir eine Kleinigkeit.“

„Na gut, dann bestelle ich mir jetzt die chinesische Riesenpfanne“, sage ich und will gerade Dr. Fu Man Chus Nummer wählen, da winkt die Allerliebste mit der Hand zwischen meinen Augen und der Tastatur des Telefons herum.

„Aber nimm kein Schweinefleisch, hast du gehört?“, sagt sie.

„Ich möchte aber gerne die China-Riesenpfanne und da ist Schweinefleisch und Rindfleisch drin“, beginne ich zu maulen.

„Du wirst doch wohl mir zur Liebe dem Chinamann sagen können, daß er kein Schweinefleisch reintut“, meint Anke mit einem vorwurfsvollen Unterton in der Stimme.

„Das könnte ich, aber dann könnte ich genausogut die Shanghai-Pfanne bestellen, da ist von vornherein kein Schweinefleisch drin“, werfe ich ein.

Doch ich habe den Bogen schon wieder einmal überspannt. Die Allerliebste setzt sich ganz nach hinten aufs Sofa, stellt mit angezogenen Knien ihre Füße auf die Sitzfläche und schaut stur auf einen imaginären Punkt an der gegenüberliegenden Wand. Sie schmollt und es vergehen Minuten des Schweigens.

„Also gut, ich bestelle dann die Shanghai-Pfanne, ja?“, versuche ich es vorsichtig.

„Wegen mir brauchst du jetzt gar nichts mehr bestellen, mir ist der Appetit vergangen!“, mault die mir Angetraute und starrt weiter auf die Wand.

„Ich habe aber Hunger“, protestiere ich.

„Ich habe ja auch nicht gesagt, daß du dir nichts bestellen kannst“, zischt sie zwischen schmalen Lippen hervor.

Gut, dann sei es so, denke ich und wähle die Nummer vom China-Imbiss.

„Einmal die große China-Pfanne bitte“, sage ich und Allerliebste dreht sich auf der Couch so um, daß sie mir ihren Rücken zustreckt. Ich höre, wie sie irgendetwas murmelt.

„Moment noch bitte“, sage ich zum Chinesen am anderen Ende der Leitung und halte den Hörer zu, „Willst du doch was?“

„Ja“, brummt meine Frau, „Pizza!“

„Hallo! Ich spreche gerade mit dem Chinamann, der hat keine Pizza und die Italiener liefern nicht in unser Dorf.“

„…mir egal!“, trotzt mich die Allerliebste an und ich sehe, wie erste Tränen über ihre Wangen kullern.

Ich beende das Gespräch mit Dr. Fu Man Chus Gehilfen, nehme meinen Geldbeutel und die Autoschlüssel und fahre 10 Kilometer in die Nachbarstadt, um Pizza zu kaufen. Eine „Funghi“ für die Frau, die mag sie so gerne und eine „Tono“ für mich. Eigentlich ist es mir egal, ich esse nämlich auch gerne Pizza.

Als ich 45 Minuten später wieder nach Hause komme, liegt Anke auf dem Sofa und schläft tief und fest. Wer sie kennt, der weiß, daß es nun keinen Zweck mehr hat, zu versuchen, sie aufzuwecken. Eher halten die Mauern von Jericho den biblischen Posaunen stand, als daß Anke sich auf irgendeine den Menschen bekannte Art und Weise aufwecken ließe. Vermutlich könnte man eine mittlere Operation am offenen Herzen bei ihr durchführen, ohne Narkose, so tief schläft sie.

So kommt es, daß ich meine Pizza „Tono“ schweigend und einsam vertilge, während die „Funghi“-Pizza in den Kühlschrank wandert. Danach gönne ich mir noch ein Glas Rotwein und gehe ins Bett, ebenfalls einsam und schweigend.

Am nächsten Morgen ist Anke wie gerädert. Unsere Couch ist ziemlich unbequem und man kann nicht gut darauf schlafen. Dementsprechend gereizt ist meine Frau.

„Du bist schuld!“, mault sie mich an. „Du allein!“

„Jetzt mach aber mal einen Punkt“, versuche ich eine Rechtfertigung, „schließlich bin ich extra noch weggefahren und habe dir eine Pizza gekauft!“

„Das hättest du dir sparen können, ich hatte sowieso keinen Hunger.“

„Ach und wer hat erst keine China-Pfanne gewollt und dann Pizza verlangt?“

„Ich habe nur Pizza gesagt, weil wenn ich auf etwas Hunger gehabt hätte, dann vielleicht auf Pizza“, glänzt Anke mit weiblicher Logik.

„Na gut, jetzt steht eine im Kühlschrank, die kanst du ja essen, wenn dir danach ist“, sage ich und will das Gespräch beenden.

„Ich habe aber gar keine Lust auf Pizza, ich will was vom Chinesen, aber ohne Schwein.“

„Dann bestell dir was!“

„Hauptsache, der feine Herr hat was Gutes gehabt, ich kann nun sehen wo ich bleibe“, schimpft meine kleine Halbungarin.

In solchen Situationen ist es am Besten, wenn ich still und stumm in den Keller gehe, mich über den Bügeltisch beuge und leise in einen Korb voller Wäsche weine. Wirklich!

Eine Stunde später komme ich wieder hoch und sehe auf dem Wohnzimmertisch die leere Pizzaschachtel. Anke strahlt: „Die war gut, echt gut!“

Ich weiß eben, was meiner Frau schmeckt. Ist doch toll, wenn man(n) die Frauen so gut versteht, wie ich, oder?


Mehr satirische Geschichten findest Du hier im Index und natürlich im aktuellen Buch des Autors Peter Wilhelm, das Du im Buchhandel oder hier bestellen kannst.


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Lesezeit ca.: 7 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 16. Juli 2013 | Peter Wilhelm 16. Juli 2013

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