„Gell, Sie sind es, oder?“, tönt es an mein Ohr und ich fahre herum. Eigentlich stehe ich nur an der Straßenbahnhaltestelle, weil ich jemanden abholen will, der gleich kommen muss. Ich blicke auf zwei Damen, beide etwa Mitte bis Ende 60, und beide strahlen mich an.
Als Schriftsteller bin ich ja nun bei weitem nicht so bekannt, wie gewisse Kollegen, was unter anderem daran liegt, dass ich die Öffentlichkeit scheue und mich gerne mal an diversen Terminvereinbarungen meiner Agentin vorbeischummele. Aber so ganz ausgeschlossen ist es nicht, dass mich hin und wieder auch mal jemand erkennt und anspricht. Das kommt immer mal wieder vor, ist aber letztlich so selten, dass es sich bis jetzt noch nicht gelohnt hat, sich Autogrammkarten drucken zu lassen.
„Sagen Sie nichts!“, lacht mich die eine der beiden Frauen an und die andere sagt: „Ich komme auch gleich drauf, warten Sie!“
Ich lächele zurück, es ist aber mehr so ein gequältes Lächeln, was vor allem dadurch verursacht wird, dass sich nun noch mehr Leute für uns interessieren und zu uns herüberblicken.
„Ich weiß ganz genau, wer Sie sind, Sie sind irgendwer!“
Los, hol einen Zettel raus, damit ich meinen Namen draufscheiben kann, denke ich, ziehe es aber vor, einfach nur gequält weiterzulächeln.
„Vom Fernsehen…“, sagt die andere.
„Ist doch klar, aber wo war der drin?“
Ich war noch nie irgendwo drin und bin auch in letzter Zeit in keiner Sendung zu Gast gewesen und selbst wenn, dann bezweifle ich, dass ausgerechnet diese Rentnerinnen jene Kultursendungen im deutsch-türkischen Migranten Kabelkanal sehen zu denen ich manchmal eingeladen werde.
„Der isses!“, tönt jetzt ein Rentner, der sich einfach dazugestellt hat und tippt mir mit dem Finger auf die Brust und sagt: „Gell, Sie sind doch der, der, äh….“
„Ich glaub‘ ja auch dassers is!“, meint die eine der beiden Rentnerinnen.
Eine weitere Rentnerin kommt dazu, fuchtelt mir mit ihrem Knirps unter der Nase herum und kräht: „Sind sie wer?“
„Sagen Sie nichts, sagen Sie bloß nichts, wir kommen gleich drauf!“
„War der nicht bei Günter Jauch?“
„Ja genau, der hat doch 125.000 Euro gewonnen.“
Erwartungsvoll schaut mich die mittlerweile 12köpfige Rentnerbande an und ich schüttele nur müde mit dem Kopf.
Enttäuschung macht sich breit.
Eine ruft: „Ich weiß es, das ist der Blumenonkel aus dem Mittagsbüffet!“ Und weil ich eben nicht dieser Blumenonkel aus dem Mittagsbüffet bin, sind sie wieder enttäuscht.
„Jetzt weiß ich’s, Sie sind vom Wetter, gell?“
Wieder kann ich nur mit dem Kopf schütteln und will den Alten gerade erklären, wer ich wirklich bin, da herrscht mich die eine an:
„Wehe, Sie sagen was!“
„Der singt!“
„Nö“, sage ich.
„Sport?“
Ich schüttele erneut den Kopf.
„Irgendwas mit Krimi oder so?“
„Auch nicht.“
So geht es vielleicht fünf Minuten hin und her, dann endlich hat der Mann ein Erbarmen und sagt: „Los, dann sagen Sie endlich, wer sie sind!“
Ich erkläre den mittlerweile ungefähr 20 Personen, wer ich bin, ein kleiner unbedeutender Schriftsteller und dass ich hier nur auf einen Bekannten warte.
Entrüstung macht sich breit und während die Renterbande grummelnd abzieht, ruft mir eine der ersten beiden Rentnerinnen zu: „Hochstapler!“
Mein Bekannter steigt aus der eben angekommenen Straßenbahn und fragt mich, was das denn für ein Menschenauflauf gewesen sei und warum mir die Leute voller Zorn mit den Fäusten drohen.
Ich hebe nur müde die Achseln und sage: „Ich bin irgendwer.“
„Ach so.“
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Keine Schlagwörter vorhanden