Der „Mannheimer Morgen“ berichtet am 7. April in seiner Rhein-Neckar-Lokalausgabe in einem kurzen Artikel „BdS-Führung will nicht mehr“ darüber, daß das BdS-Vorstandsduo Uwe Deitz und Dieter Weinle bei der demnächst anstehenden Jahreshauptversammlung nicht mehr kandidieren wollen. Zunächst erscheint das mal nur eine kleine Randnotiz aus dem lokalen Geschehen des Vereinslebens zu sein. Schließlich sind Deitz und Weinle keine national bekannten Funktionäre des Bundes der Selbständigen, sondern nur die Führungsriege eines Ortsvereins, der einen Stadtteil Mannheims, in diesem Falle Mannheim-Seckenheim, vertritt.
Warum ist mir das eine Meldung wert?
Weil diese örtlichen Funktionsträger das Herz und die Seele der Vereine sind und sie der Arbeit an der Basis erst das Leben einhauchen, das die Großkopferten auf Landes- und Bundesebene brauchen, um wirkungsvoll Lobbyarbeit betreiben zu können.
„Damit droht der BdS kopflos zu werden“, zitiert der MM einen Versammlungsteilnehmer und gibt damit die Stimmung an der Basis wieder. Das Schlimme: Dieses Erscheinungsbild der kopflosen BdS-Ortsvereine ist mittlerweile, zumindest mal hier in der Region, exemplarisch. Der MM weiter: „Denn auch schon in anderen Ortsvereinen der Region habe man keine Vorsitzenden mehr gefunden.“
Heddesheim: Jahrelanges Gerangel mit juristischen Drohungen. Friedrichsfeld: Immer wieder ein dauerndes Herumgeeiere. Edingen-Neckarhausen: Immer weniger Aktionen und dafür mehr Absagen.
Der BdS ist die Interessenvertretung der Gewerbetreibenden vor Ort und ein solcher Gewerbeverein kann Gold und bares Geld wert sein. Gemeinsame Werbeaktionen, Rabattkartensysteme und Kundenbindungsmaßnahmen sind neben Leistungsschauen und dem gemeinsamen Auftreten bei lokalen Veranstaltungen mal als Erstes zu nennen. Auf Landes- und Bundesebene tritt der BdS bei den Regierungen als Fürsprecher seiner Mitglieder ein und schafft es immer wieder durch geeignete Lobbyarbeit die Interessen der Selbständigen zu wahren.
Gräbt man nun unten der Basis das Wasser ab, ist letztlich auch der Erfolg „derer da oben“ gefährdet. Denn ein gut funktionierender Ortsverein wird prosperierend neue Mitglieder gewinnen und damit Beitragszahler, die „das da oben“ (und da nicht zu knapp!) finanzieren. Liegt ein Ortsverein brach, werden auch kaum neue Betriebe eine Mitgliedschaft anstreben und allmählich wird die finanzielle Basis wegbrechen.
Brachliegen kann ein BdS-Ortsverein durch nicht vorhandene Funktionsträger oder durch generationsübergreifende Erbprinzen, die Neuerungen und Ideen keine Luft lassen.
„Wir finden keinen der das machen will“, sagen die einen und „Das haben wir noch nie gemacht, das fangen wir erst gar nicht an“, sagen die anderen.
Wir schwer das Amt eines BdS-Vorsitzenden sein kann, das habe ich am eigenen Leib erfahren dürfen. Ich will nicht klagen, es war für mich eine schöne Zeit, aber sie war auch gekennzeichnet durch ständige Neidereien, ein überzogenes Anspruchsdenken und die Erkenntnis, daß man sich von morgens bis abends den Hintern aufreissen kann, es wird den Nörglern nie genug sein. Wenn dann noch welche darunter sind, denen die Weitsicht für kommende Entwicklungen fehlt, dann wird man dringend notwendige Entwicklungen und Neuerungen nicht durchbringen. Kommt dann noch hinzu, daß manche eifersüchtig die Querverbindungen zu anderen Vereinen ins Spiel bringen und das wahre gemeinsame Ziel darüber aus dem Auge verlieren, dann wird das schärfste Werkzeug schnell stumpf und die Lokomotive die das Ganze zieht, wird irgendwann den unter Druck stehenden Kessel abblasen und nur noch auf Sparflamme weiterfahren.
Oft kann man an der Nachfolge eines entmutigten BdS-Vorstandes sehen, wer da die Betreiber seines Niederganges waren, nur leider fegen neue Besen nicht immer gut, denn so mancher neue Besen ist im Grunde schon ein alter Handfeger. Da hilft es auch nichts, wenn man 08/15-Arbeiten und ein langjährig eingefahrenes Veranstaltungspogramm jedes Jahr aufs Neue als Ei des Kolumbus verkauft. Wirklich neue Ideen sieht man weit und breit nicht.
Ich erinnere mich an eine spektakuläre Aktion vor etlichen Jahren, bei der unter meiner Regie Dutzende von Kaufleuten am Haupteinkaufstag, dem Samstag, ihre Geschäfte zu ließen oder wenigstens die Schaufenster mit Packpapier abklebten. „Aktion Schwarzer Samstag“ nannte ich die Aktion und war damit, gemeinsam mit den teilnehmenden Betrieben, Vorreiter für eine ganze Kette solcher Aktionen über viele Jahre in der ganzen Republik.
Den Kunden wurde mit dieser Aktion auf drastische Weise vor Augen geführt, wie ihre Einkaufsmeile in einigen Jahren aussehen könnte, wenn sie weiterhin bevorzugt auf der „grünen Wiese“ einkaufen. Motto: „Wer heute auf der grünen Wiese einkauft, wird morgen, wenn er alt ist, hier keinen funktionierenden Einzelhandel mehr vorfinden.“
Nicht bei allen Kaufleuten stieß die Aktion auf Begeisterung, aber die meisten machten doch mit und der Erfolg ist heute noch spürbar, ich werde immer noch bei öffentlichen Veranstaltungen darauf angesprochen. Statt nun aber auf dieser Schiene weiterzumachen, kocht man lieber auf Sparflamme und setzt nahezu allein auf Großveranstaltungen, die immer schön sind, aber stets nur einen Kurzzeiteffekt haben. Die Geschäfte schließen reihenweise und auch wenn man sich noch vor kurzem damit brüstet, und das in vielen Stadtteilen, es gäbe kaum Leerstand, so zeigt eine einfache Durchfahrt durch die Ortschaften doch ein anderes Bild.
Da reihen sich in ehemals gut eingeführten Einzelhandelsgeschäften nun Nachhilfeschulen, Matratzenlager und die allgegenwärtigen Pflegedienste aneinander. Aufgelockert wird das für den Einkauf wertlose Ambiente allenfalls durch Fahrschulen, Versicherungsagenturen, Immobilienmakler und allenfalls mal eine Schlecker-Filiale.
Noch gibt es dazwischen die Geschäfte, die die Dinge des täglichen Bedarfs anbieten und die wir alle dringend brauchen und auf die wir vor allem im Alter -wenn die Mobilität nachlässt- noch mehr angewiesen sein werden. Noch!
Doch jetzt muß gehandelt werden, jetzt müssen die Gewerbevereine zukunftsweisende Gewerbepolitik vor Ort machen und nicht ihre Kräfte in der Organisation von Weinfesten, Kirmesveranstaltungen und Leistungsschauen allein verpulvern.
Möglichkeiten gibt es viele! Zu erwähnen sei einmal der Sozialfond, den ein -diesmal nicht BdS-organisierter- Gewerbeverein eingerichtet hat. Die Mitglieder zahlen regelmäßig in diesen Topf ein und können im Falle eines wirtschaftlichen Engpasses problemlos und unbürokratisch eine kleine Summe daraus erhalten, um das Schlimmste zu verhüten. Aktionen zur Kundenbindung gibt es so viele, man muß nur ein wenig Energie darauf verwenden, sie zu installieren, dann bleiben die Leute auch bei der Stange und kaufen vor Ort ein, beauftragen örtliche Handwerker und schweifen nicht für jede Kleinigkeit auf die „grüne Wiese“ oder zu Internetanbietern ab.
Damit das aber funktionieren kann, brauchen die Gewerbevereine starke Vorsitzende und keine selbstbeweihräuchernden Erbprinzen und sie müssen durch die Kreis-, Bezirks- und Landesverbände entsprechend gestärkt und unterstützt werden. Das bemängeln nämlich alle, die das Handtuch geworfen haben: Es fehlt in letzter Konsequenz am notwendigen Rückhalt von „oben“. Vor Ort sieht man sich schnell einem klüngelnden Filz aus Vereinsinteressen und Lokalpantoffeleien ausgesetzt und manches hehre Ziel kann vor diesem Hintergrund nicht verwirklicht werden, weil dann, wenn es darauf ankommt, „die da oben“ ihre Hände in Unschuld waschen und nicht den Aktiven und Energiegeladenen stärken, sondern oftmals demjenigen die Hand reichen, der 08/15 abliefert und evtl. aufgrund mangelnden Anspruchsdenkens denen da oben etwas weniger Arbeit macht.
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