Die ersten Sonnenstrahlen des noch jungen Jahres locken auch mich aus der Höhle des Schriftstellerns und Winterschlafens an das, was man frische Luft nennt und ich freue mich über die klimaerwärmte Milde und sauge das CO2 vermischt mit dem ersten Ozon des Jahres kräftig ein, mir tut das gut.
Im neuen Kaffeehaus am Theater nehme ich Platz, lese das hinter der Financial Times verborgene Micky Maus Heft und bestelle beim arrogant wirkenden Kellner eine Tasse Kaffee.
Er leiert das gesamte Sortiment, angefangen bei Espresso, über Cappucchino und Arabica, bis hin zu Kopi Luwak Kaffee herunter und steht dann mit gezücktem Kellnerblock da und möchte, dass ich mich entscheide.
Ich sage wieder: „Ich hätte nur gerne eine Tasse Kaffee.“
„Ja, aber welchen?“
„Schwarzen.“
„Wir haben viele Sorten.“
„Ganz normalen, so wie man ihn auch sonst überall bekommt.“
„Haben wir nicht, wir haben über 28 Kaffeespezialitäten aus allen Ländern.“
„Auch aus Deutschland?“
„Selbstverständlich.“
„Dann bringen Sie mir den.“
„Gerne.“
Der Kellner bringt mir wenig später mit etwas übertrieben galanten Bewegungen eine Tasse Kaffee und dann sitze ich da und schaue zwei dicken Frauen zu, die sich den Luxus von Kopi Luwak gönnen. Sie sind ganz aufgeregt, als sie endlich die ziemlich kleinen Tassen bekommen und schlürfen dann vorsichtig die ersten Schlucke.
„Na siehste, Hannelore, schmeckt wie Kaffee!“ jubelt die eine und die andere sagt: „Nee, Trude, noch besser, also der normale ist besser.“
Kopi Luwak ist Kaffee aus Katzenscheiße.
Katzen fressen die Kaffeekirschen, verdauen den Krempel und scheißen die Kaffeebohnen unverdaut oder anverdaut wieder aus, was ihnen einen unvergleichlichen Geschmack verleihen soll. Es gibt, wie man sieht, tatsächlich Leute, die so etwas trinken.
Mich würde ja viel mehr interessieren, wie die Katzen schmecken.
Man kennt doch auch Maishühnchen, die werden immer nur mit Mais gefüttert und sollen viel besser schmecken, als normale Hühnchen.
Wie muss dann erst Katze schmecken, die immer nur Kaffee gefressen hat?
Der Kaffee, den ich bekommen habe, ist lauwarm. Er ist dünn, ich kann den Boden der Tasse sehen und er schmeckt fürchterlich.
Als der Kellner wieder in der Nähe ist, winke ich ihn herbei, ich mag es nicht, wenn man Reklamationen publikumswirksam zum Besten gibt.
Ja, da könne er doch nichts dafür, ich hätte doch einen ganz normalen Kaffee bestellt. Wenn der mir nun nicht schmecke, dann hätte ich vielleicht doch besser den berühmten Schöpfli-Kaffee bestellen sollen, man habe schließlich 28 Kaffeespezialitäten…
Er bringt mir einen Schöpfli-Kaffee, der gehe aufs Haus.
In der Tasse befindet sich nur Schaum. Also, wenn ich Altbier zu ruckartig einschenke, sieht das so aus. Ich versuche, mit dem Löffel unterm Schaum Kaffee zu entdecken, finde aber keinen.
Neben mir jubeln Hannelore und Trude, die vom Kopi Luwak ganz begeistert sind. Er schmecke zwar komisch, aber trotzdem toll. Irgendwie so anders, so nach Karamell oder Schokolade.
Ich weiß, wonach er schmecken wird, denn wer jemals in einer Schokoladenfabrik war, der weiß, wonach Schokolade in der Fabrik riecht, und das ist nicht lecker.
Niemals im Leben würde ich so etwas trinken!
Der Kellner steht neben mir, zieht die Augenbrauen hoch, was wohl der Frage nach meinem gastlichen Wohlbefinden gleichkommen soll.
„Nur Schaum, wo ist da der Kaffee?“ frage ich und er nimmt die Tasse wortlos mit, bringt mir kurz darauf eine andere Tasse mit einer anderen Sorte und sagt nur „Honz-Kaffee aus der Schweiz“, stellt die Tasse vor mir ab und wartet.
Der Schweizer Kaffee schmeckt scheiße. Entschuldigung, liebe Schweizer, ich habe schon oft Euren Kaffee getrunken und er war immer sehr gut. Aber in diesem Kaffeehaus schmeckt er scheiße.
Der Kellner sagt gar nichts, zumindest zu mir nicht. Während er weggeht, meine ich zu hören, wie er zu sich selbst sagt: „Verwöhnter Pinselaffe.“
Kurz darauf bringt er mir wieder eine neue Tasse und dieses Mal hat er den Gedschäftsführer im Schlepptau, einen sehr kräftig gebauten hauptberuflichen Barista, der -wie eine Karte auf dem Tisch erklärt- sein Handwerk in Kuba und Brasilien erlernt hat. Die beiden stehen da und schauen mich nicht gerade freundlich an. Vermutlich werden sie mich töten, wenn mir auch dieser Kaffee nicht schmeckt.
Ich mache insgeheim meine letzten Verfügungen und hoffe, daß meine Hunde in gute Hände kommen.
Dann trinke ich.
Und siehe da, es geht doch!
Dieser Kaffee schmeckt einzigartig gut, hat ein vollmundiges Aroma, so gut, wie ich es noch niemals zuvor bei einem Kaffee erlebt habe.
Wirklich toll!
„Und?“ sagt der Barista.
Ich nicke anerkennend und sage: „Geht doch!“
Der Kellner zieht die Nasenspitze etwas hoch und sagt nur zwei Worte: „Kopi Luwak!“
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Ich kenne vergleichbares, nur komme ich meist gar nicht zum Bestellen wegen der verwirrenden Reizüberflutung. Aber ich weiß, wohin ich IMMER gehen kann, weil die dort nur eine einzige Frage stellen: http://weblog.hundeiker.de/item-1032.html
Also so schwer kann das Kaffee bestellen nicht sein. Ehrlich gesagt finde ich es großartig, dass wir jetzt eine große Auswahl an Kaffees haben.
Der Gag mit der komplizierten Kaffeebestellung ist doch alt und völlig übertrieben. Man stelle sich mal vor man geht in einer Kneipe und bestellt nur ein Bier. Da ist promt die nächste Frage nach der Sorte, also völlig normal. Wieso sollte das bei Kaffee anders sein?
Wenn ich in Deutschland einen Kaffee bestelle, dann will ich einen Kaffee und keinen kleinen Mocca, keine aufgeschäumte Milchplörre, keinen Sud aus Katzenscheiße, nichts Ungewöhnliches, sondern einfach nur Kaffee.
Das haben schon Generationen vor uns gekonnt, verstanden und bewältigt.
Es ist doch ein Zeichen von schon fast großmannssüchtiger Affigkeit, wenn man auf die Frage nach einem Kaffee noch eine Rückfrage vom Kellner bekommt.
„Honz-Kaffee aus der Schweiz“, stellt die Tasse vor mir ab und wartet.
😀
Ich hau mich wech! 😆
Ich habe mehrere Monate bei einem Praktikum bei einen Schokoladenhersteller gearbeitet, war so sehr oft auf dem Werksgelände und in den Produktionshallen unterwegs. An Geruch habe ich immer nur diesen angenehmen schokoladigen – oder je nach aktueller Produktion bzw. Standort – kakaoigen leckerem Duft wahrgenommen.
Zugegeben sorgte der reichliche, natürlich fortbildungsbedingte Testkonsum zu einem Plus von etwa 2 Kilo (pro Monat) und bei den auf dem Heimweg häufigeren Besuchen in diversen (Quick Service) Restaurants hätte ich bei der Frage, ob ich noch ein Dessert möchte, recht sicher irgendwelche bloggenswerte Ereignisse produziert.