Notiz für mich selbst

Warum leuchten Uhren nicht mehr so wie früher?

Leuchtziffern einer Uhr leuchten grün auf

Viele schöne Uhren haben Leuchtziffern. So kann man im Dunkeln gut erkennen, wie spät es ist.

Ich frage mich gerade, wo denn diese schönen Leuchtziffern bzw. Striche auf den Uhren geblieben sind. Früher war mehr Lametta! Will sagen: Früher haben die intensiver geleuchtet. Auch heute sind viele Uhrenziffernblätter immer noch als „nachtleuchtend“ usw. ausgestattet. Aber das ist doch nichts Gescheites mehr. Du kannst sie ins Sonnenlicht halten oder mit der Taschenlampe anleuchten, dann lädt sich dieses Leuchtmaterial auf, leuchtet für einen Moment nach und das war’s dann.

In der Wohnung meiner Eltern gab es Lichtschalter mit nachleuchtenden Knipsern. Die Dinger haben so stark geleuchtet, dass man nachts sogar das Umfeld im Raum beleuchtet hatte. Eine Tante, die mal im Wohnzimmer auf der Couch geschlafen hat, hatte sogar ein Pflaster über den Schalter geklebt, weil der zu hell für ihren empfindlichen Nachtschlaf war.

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Irgendwas muss da früher anders gewesen sein.

War es auch!

Radioaktive Stoffe in Uhren: Geschichte, Technologie und Sicherheitsaspekte

Meine Faszination für Uhren reicht weit über ihre rein zeitmessende Funktion hinaus. Ich mag Uhren einfach, und da geht es mir, wie vielen anderen Männern auch. Uhren, das ist so ein Männerding.
Ein besonderes Merkmal von Uhren ist die Möglichkeit, die Zeit auch bei Dunkelheit ablesen zu können. Dies wird durch den Einsatz von lumineszierenden Farben erreicht, die von radioaktiven Substanzen zum Leuchten angeregt werden.
In diesem Fachartikel gehe ich auf die historische Entwicklung, die Technologie hinter radioaktiven Leuchtfarben, die damit verbundenen gesundheitlichen Aspekte und die aktuellen rechtlichen Voraussetzungen für die Verwendung radioaktiver Stoffe in Uhren ein. Vielleicht ist das ja auch für Dich interessant. Ich habe es für mich recherchiert, weil es mich so interessiert hat. Was also war früher anders und wie ist es jetzt?

Die Ära der Radium- und Promethium-haltigen Leuchtfarben (bis 1960er Jahre)

Bis in die 1960er Jahre wurden Leuchtzifferblätter von Armbanduhren und Weckern mit radium(Ra-226)- und promethium(Pm-147)-haltigen Leuchtfarben hergestellt. Die Strahlenbelastung für Trägerinnen und Träger war damals nicht primär im Fokus, sondern vielmehr das radiologische Risiko für die mit der Herstellung der Uhren beschäftigten Personen. Aufgrund der gesundheitlichen Gefahren wurden derartige Uhren später nicht mehr produziert.

Radioaktive Leuchtfarben

Eine radioaktive Leuchtfarbe besteht stets aus einer radioaktiven Substanz, früher meist Radiumsalz, später bis vor einigen Jahren entweder eine Tritiumverbindung oder Promethiumsalz, und einer fluoreszierenden Substanz, wie zum Beispiel Zinksulfid. Die ionisierende Strahlung regt hierbei die fluoreszierende Substanz an (Lumineszenz).

Die verwendeten fluoreszierenden Substanzen oder andere zusätzliche Stoffe sind oft auch zur Phosphoreszenz in der Lage. Daher ist – abgesehen von Dauerleuchten – nach Lichteinwirkung zunächst ein starkes, innerhalb von Sekunden abnehmendes Nachleuchten zu beobachten.

Die direkte Strahlung der heute für Leuchtfarben verwendeten radioaktiven Substanzen hat in Luft eine Reichweite von nur wenigen Zentimetern, da nur Alphastrahler und niederenergetische Betastrahler verwendet werden. Eine Abschirmung wird bereits durch eine durchsichtige Abdeckung erreicht. Allerdings kann von Leuchtfarben eine Strahlungsgefahr ausgehen, wenn diese abbröckelt, weil dann die radioaktive Substanz inkorporiert werden kann. Ältere Uhren-Leuchtzeiger, Zifferblätter und Skalen enthielten teilweise auch radioaktive Stoffe mit weitreichender Strahlung. Diese stellen insbesondere dann eine Gefahr dar, wenn die Gegenstände ständig am Körper getragen werden.

Früher waren vor allem die Arbeiterinnen gefährdet, die die Zifferblätter bemalten und dabei den Pinsel mit dem Mund anfeuchteten (Radium Girls). Unter diesen Arbeiterinnen war Zungen- und Unterkieferkrebs eine verbreitete Berufskrankheit, die schließlich dazu führte, dass man die Gefährlichkeit der Strahlung erkannte.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde radioaktive, radiumhaltige Leuchtfarbe in großem Stil beim Militär eingesetzt, um Schalter und Bedienelemente im Dunkeln erkennbar zu machen. Als Anfang der 2000er Jahre Gesundheitsschäden durch militärische Radaranlagen publik und untersucht wurden, gerieten im gleichen Zug auch potenzielle Krebserkrankungen durch Leuchtfarben bei der deutschen Bundeswehr in die Diskussion. Quelle: Wikipedia

Tritium als Ersatz für radium-haltige Leuchtstoffe (bis Mitte der 1990er Jahre)

In einem Schwenk weg von radium-haltigen Leuchtfarben setzte die Uhrenindustrie bis Mitte der 1990er Jahre auf Zinksulfid-haltige Farben, angereichert mit Tritium (H-3), einem radioaktiven Isotop des Wasserstoffs. Tritium, ein Betastrahler mit geringer Energie und Halbwertszeit von 12,3 Jahren, regte die Farben durch Betastrahlung zum Leuchten an. Diese Uhren wiesen im Mittel eine Aktivität von 0,2 – 0,3 Gigabecquerel (GBq) auf, was zu einer effektiven Dosis von weniger als 20 Mikrosievert (µSv) pro Jahr führte.

Tritium-Gaslichtquellen: Innovation und Sicherheitsverbesserungen

In den letzten Jahren hat sich die Technologie weiterentwickelt, und Tritium-Gaslichtquellen sind zum Standard geworden. Diese kleinen Glasröhrchen, auch als „Gaseous Tritium Light Sources“ (GTLS) bekannt, sind mit Tritiumgas gefüllt und mit einer speziellen phosphoreszierenden Farbe beschichtet. Die Betastrahlung des Tritiums regt die Farbe zum ständigen Leuchten an. Durch das metallische Uhrgehäuse und Uhrglas wird die Betastrahlung abgeschirmt, wodurch die individuelle effektive Dosis in der Regel deutlich unter 0,1 µSv pro Jahr liegt.

Rechtliche Voraussetzungen für Konsumgüter mit radioaktiven Stoffen

Die Herstellung von Konsumgütern, einschließlich Uhren mit radioaktiven Stoffen, unterliegt in Deutschland dem Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) und der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV). Eine Genehmigung gemäß § 40 StrlSchG ist erforderlich, wobei die Aktivität der Stoffe die Freigrenze gemäß StrlSchV nicht überschreiten darf. Die Uhren müssen gemäß § 41 StrlSchG mit Informationen über den radioaktiven Zusatz, den bestimmungsgemäßen Gebrauch und einer Angabe zur kostenlosen Rückführung versehen sein.

Umgang mit Vintage-Uhren und potenziell radioaktiven Radium-Uhren

Radium, bis etwa 1970 in Uhren verwendet, hat eine Halbwertszeit von 1600 Jahren. Die Alphastrahlung wird vom Uhrengehäuse absorbiert, aber das gasförmige Radon-222 kann entweichen. Eine geringe Strahlenbelastung beim Tragen einer Radiumuhr ist abhängig von Aktivität und Tragedauer. Empfehlungen zur Entsorgung betonen die Abgabe an Landessammelstellen für radioaktive Stoffe.

Umgang mit Vintage-Uhren

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Radium wurde nur bis etwa 1970 verwendet. Es werden sowohl Alpha-, Beta- als auch Gammastrahlung abgegeben. Die Alphastrahlung wird durch das Uhrengehäuse vollständig abgeschirmt.
Allerdings kann das gasförmige Radon-222 (Rn-222) aus der Uhr entweichen und eingeatmet werden. Soweit keine Beschädigung vorliegt, ist die radiologische Gefährdung eher gering.
Da das Zifferblatt und die Zeiger im Gehäuse eingeschlossen sind, besteht keine Kontaminationsgefahr.
Radioaktive Stoffe in Uhren können andere Stoffe auch nicht radioaktiv machen.

Es liegt jedoch eine Strahlenbelastung beim Tragen einer Radiumuhr vor, die bei dauerndem Tragen eine zusätzliche lokale Hautdosis von 16 mSv mit sich bringt. Dies liegt zwar unter dem Grenzwert gemäß Strahlenschutzgesetz (50 mSv/Jahr), ist jedoch aus Sicht des Strahlenschutzes eine unnötige zusätzliche lokale Dosis, welche man vermeiden kann.

Auch wenn durch gelegentliches Tragen und/oder die Aufbewahrung intakter Radiumuhren in Form einer Sammlung z.B. in einer Vitrine keine unmittelbare gesundheitliche Gefährdung zu erwarten ist, ist es ratsam radiumhaltige Gegenstände aus dem eigenen Haushalt zu entfernen. Grundsätzlich sollen diese Gegenstände aber nicht in den Hausmüll entsorgt werden, sondern sind an eine Landessammelstelle abzugeben. Quelle: Bundesamt für Strahlenschutz

Selbsttest: Ist meine Uhr radioaktiv?

Um den Einsatz radioaktiver Stoffe in Uhren selbst auszuschließen, kann eine einfache Methode angewendet werden. Uhren werden für 2-3 Tage lichtdicht verschlossen und dann in absoluter Dunkelheit ausgepackt. Wenn das (Nach-)Leuchten verschwunden ist, sind radioaktive Stoffe unwahrscheinlich. Bei Verdacht auf deren Verwendung müsste/könnte man die zuständige Landesbehörde für eine fachgerechte Untersuchung kontaktieren.

Fazit

Die Geschichte der radioaktiven Stoffe in Uhren ist schon ganz schön interessant. Es ist also so, dass wir die „guten“ stark leuchtenden Stoffe einfach nicht mehr in der Leuchtfarbe haben, weil sie gesundheitsschädlich sind.
Dass wir das heute nicht mehr haben, spiegelt das zunehmende Bewusstsein für Sicherheitsaspekte wider. Tritium-Gaslichtquellen und nicht-radioaktive Alternativen markieren Fortschritte in der Uhrentechnologie. Rechtliche Vorschriften gewährleisten den verantwortungsbewussten Umgang mit radioaktiven Materialien. Verbraucherinnen und Verbraucher können durch Selbsttests und das Bewusstsein für historische Uhren mit Radium eine sichere Nutzung gewährleisten.

Vor ein paar Jahren habe ich mir mal eine russische Uhr mit Leuchtziffernblatt gekauft. Das allerdings leuchtet noch so wie früher. Sollten die Russen noch das „gute alte“ Stöffsche verwenden?

leuchtendes Ziffernbaltt

Etwas verwackelt, aber das Prinzip bei der russischen Uhr wird klar

Bildquellen:
  • bafs: BAFSS
  • uhr: Peter Wilhelm
  • leuchtzziffern: Von VSchagow, CC BY-SA 4.0, wikimedia.org


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In „Notiz an mich selbst“ habe ich Fragen, die ich selbst hatte und Fragen, die Leserinnen oder Leser an mich gestellt haben, lediglich grob nachrecherchiert und notiert.
Diese Texte enthalten Recherchen, Fakten, Pseudofakten und Informationen, die ich einfach für mich notiert habe.

Lesezeit ca.: 9 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 28. September 2024

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