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Unpersönliche Scores – Schufa & Co.

Zeichnung: Eine Frau sitzt auf einem Schreibtisch und fotografiert die darauf liegenden Akten

Als Auskunftei-Kenner berichte ich hier in dieser Artikelserie über die Arbeit von Wirtschaftsauskunfteien und gewähre einen Blick hinter die Kulissen.

Vom Bericht zum Score – Rating

Wir haben in dieser tollen Artikelreihe bisher erfahren, dass Auskunfteien Informationen über Personen und Unternehmen sammeln, archivieren und auf Anfrage daraus Berichte erstellen, mit denen der Auftraggeber sich vor finanziellem Schaden schützen kann.

Wie das gemacht wird, habe ich in den vorherigen Teilen des Berichts schon ausführlich erklärt.
Im Mittelpunkt der Arbeit der Auskunfteien steht also der am Ende erstellte Bericht. Dieser enthält die Personalien der angefragten Person, oft in Kurzform auch persönliche Infos, wie Familienstand, Wohnbedingungen (Haus, Eigentum, Miete) und ansonsten alles, was es über Beruf, finanzielle Situation und vor allem die bisherige Zahlungsmoral zu berichten gibt.
Am Ende steht die Einschätzung der Auskunftei über das künftige Zahlungsverhalten und eine Empfehlung, ob ein Geschäft eingegangen werden soll oder nicht.

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Ein Kunde, für den wir besonders ausführliche Berichte anfertigten, sagte mir einmal: „Ich lese sowieso immer nur die letzten beiden Sätze, Ihre Einschätzung und die Empfehlung.“

Ihm kam es also nur auf unser Daumen hoch oder Daumen runter an.

Eine Erkenntnis, die vor allem amerikanische Auskunfteien wie Dun & Bradstreet und andere schon vor Jahrzehnten gewonnen hatten.

So kam es dazu, dass auf den langen Berichten gleich oben und prominent eine Bewertung abgegeben wurde. Das können Zahlen, ähnlich Schulnoten sein, oder Buchstaben, so wie Du es vom Energielabel auf Elektrogeräten kennst: AAA+++ für gut und GGG oder so für schlecht.
Auch ein Prozentsatz oder Score sind möglich, also eine Zahl, die umso besser ist, je höher sie ausfällt.

Diese Scores und Ratings machen es möglich, auf einen Blick die wichtigste Information zu bekommen. Außerdem werden Unternehmen dadurch vergleichbar.

Gerade weil heute alles mit EDV, so wie wir es nannten, oder eben IT verarbeitet wird, ist eine Verkürzung auf ein knappes Bewertungskürzel sehr wichtig geworden.
Erst neue KI-Systeme sind in der Lage, Berichte in menschlicher Schriftsprache zu verstehen.

Die Gefahr von Scores besonders in Bezug auf Privatpersonen

Du wirst durch dieses Vorgehen, das unter anderem von der Schufa praktiziert wird, zu einer wertenden Nummer. Du bist nicht mehr Jens Müller, sondern Score 97,2 (%).
Das ist zunächst mal gut, vor allem, wenn Dein Score ein schöner Score ist. Denn durch die elektronische Datenverarbeitung und die Verkürzung auf ein eindeutiges Merkmal wird es überhaupt erst möglich, dass Du im Handyladen ein wertvolles Smartphone mit Vertrag sofort mitnehmen kannst.
Ich war auch mal Abteilungsleiter in einer Computerabteilung eines Kaufhauses (ja, ich hab‘ schon vieles gemacht) und erinnere mich gut daran, wie das in der Anfangszeit der Mobiltelefone war.
Wir bekamen die Handys in großen Stückzahlen geliefert und bewarben diese in der Zeitung. Im Laufe des Tages kamen die Kunden und mussten 50 % (immerhin 500 DM) anzahlen. Ihr Personalausweis wurde eingescannt und sie mussten noch eine Selbstauskunft über Arbeitgeber, Verdienst und Miete ausfüllen.
Dann durften die Kunden nach Hause gehen. Danach wurden die Unterlagen an die Mobilfunkfirma gefaxt. Die Firma hat dann erst eine Auskunftei beauftragt, die innerhalb von 4-5 Stunden ein Ergebnis lieferte. Das entschied dann darüber, ob der jeweilige Kunde ein Handy mitsamt Vertrag bekam. Wir mussten dann die Kunden einzeln anrufen und wieder ins Kaufhaus bestellen, wo sie entweder ihr Handy mit SIM-Karte bekamen oder ihr Geld zurückerhielten, weil kein Geschäft mit ihnen gemacht wurde.

Aber diese Scores bergen auch ganz große Gefahren. Es ist nämlich überhaupt nicht transparent, wie dieser Score zustande kommt. Je nach Unternehmen fließen da völlig verschiedene Informationen ein. Beispielsweise kann es sein, dass Dein Wohnumfeld mit bewertet wird.
Wohnen in Deiner Straße viele Leute, die schlechte Zahler oder Massenbesteller sind, dann färbt das auch auf Dich ab. Es wird einfach angenommen, dass es sich um eine sozial schwache Gegend handelt und Du gehörst dann eben zu einem gewissen Maße auch zu den sozial Schwächeren.

Außerdem ist völlig unbekannt, wie die Auskunftei Dein Kredit- und Zahlungsverhalten bewertet. Mir ist berichtet worden, dass beispielsweise junge Ehepaare, die sich eine Eigentumswohnung kaufen wollten, bei mehreren Banken vorstellig wurden, um sich nach Krediten zu erkundigen.
Jede Bank hat die Kreditanfrage weitergemeldet und so kam es, dass die Leute am Ende gar keinen Kredit bekommen haben, weil sie nach Ansicht der Auskunftei unzuverlässige Vielkreditnehmer sein könnten.

Auch kann es sein, dass verschiedene Geschäfte, die Du eingehst, völlig im Rahmen Deiner finanziellen Möglichkeiten liegen, die Auskunftei aber nur die Menge der eingegangenen Verpflichtungen sieht und Dir deshalb für weitere Geschäfte ein No-Go erteilt.

Darüberhinaus speichern viele Dienste Daten in unzulässiger Weise wesentlich länger als erlaubt. Das wiederum bedeutet, dass Du selbst dann noch schlecht bewertet wirst, wenn Du eine finanzielle Krise (etwa Arbeitslosigkeit, Krankheit) längst überwunden hast.

Auch das finanzielle Verhalten von Familienangehörigen, die näher nichts mit Deinen Finanzen zu tun haben, kann eine Auswirkung auf Deine Bewertung haben.

In erster Linie liegt das eben daran, dass hier keine Menschen mit Einfühlungsvermögen Deine Situation bewerten, sondern Maschinen einen intransparenten Wert ausrechnen.

Bildquellen:
  • spionierende-frau: Bild von Светлана auf Pixabay

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Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 29. Januar 2024 | Peter Wilhelm 29. Januar 2024

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