Seit Jahren bereitet sich Mannheim auf die Bundesgartenschau vor. Dieses Großereignis ist für das Jahr 2023 geplant. Überall sieht man schon Baufortschritte. In der für die Mannheimer Hofberichterstattung bekannten Tageszeitung „Mannheimer Morgen“ wird man in beinahe täglichen Abständen über das Voranschreiten der Arbeiten für die große Blumen-, Park- und Gartenausstellung informiert.
Die Besucherzahlen sind in den letzten Jahren stark zurückgegangen. 11 Millionen Besucher in München war der absolute Spitzenwert, allerdings war das auch eine IGA, eine internationale Schau. Ansonsten schwanken die Zahlen von 1951 bis 1995 so um die 4 bis 5 Millionen. Die bislang besucherstärkste BUGA war 1975 mit ansehnlichen 8.1 Millionen Besuchern in Mannheim. Eine wahrlich stattliche Zahl. Aber seit 1995 dümpeln die Zahlen der BUGA-Besucher so um die 2.5 Millionen herum, mit einem Ausreißer (Koblenz, 2011, 3.5 Mio.).1
Mit Millionenaufwand will die Stadt Mannheim sich nun der Aufgabe stellen, Millionen Besucher anzulocken. Man hofft insgeheim auf ähnlich hohe Besucherzahlen, wie vor 48 Jahren.
Die typischen Besucher einer solchen Ausstellung sind vor allem Senioren, Familien mit Kindern und Schulklassen sowie Reisegruppen. Jugendliche zählen eher nicht zu den Interessenten.
Vor dem Hintergrund der tödlichen Polizeimaßnahmen der letzten Tage hier in Mannheim, muss man aber fragen dürfen, ob das die richtige Form ist, um vor allem ältere Besucher*innen anzulocken.
Als älterer und vielleicht auch noch kranker Mensch würde ich es mir dreimal überlegen, ob ich jetzt die Stadt Mannheim besuche.
An der Tankstelle wurde ich heute Morgen Zeuge eines Gesprächs. Eine ältere Dame sagt zu einem älteren Herrn: „Du brauchst ja bloß ein bisserl dappisch (dümmlich, d. Red.) zu glotze, dann schieße die Dich weg.“
Zwei Menschen hat die Polizei Mannheim mutmaßlich in den letzten Tagen getötet; zumindest kamen zwei Männer im Zusammenhang mit polizeilichen Maßnahmen ums Leben.
In beiden Fällen handelte es sich um psychisch kranke Menschen. Wer psychisch krank ist, kann möglicherweise und je nach Krankheitsbild von einer Sekunde zu anderen in eine Gemütsverfassung geraten, die ihn nicht mehr vernünftig ansprechbar macht.
Im Fall vom 2. Mai 2022 war es ein Mann, der die Einnahme eines Medikamentes verweigert hatte und von seinem Arzt weggelaufen war. Dieser bat die Polizei um Hilfe, weil sein Patient unter Umständen Hilfe benötigen könne.
Hilfe? Was könnte denn die Hilfe in diesem Fall sein?
Nun, das ist ganz einfach zu beantworten: Man versucht den Mann im Gewirr der vielen Menschen in der Mannheimer Innenstadt zu finden. Hat man ihn entdeckt, kann eine Polizeistreife versuchen, den Mann anzusprechen. Lässt sich dieser nicht auf ein Gespräch ein und versucht wegzugehen, kann die Streife Verstärkung rufen und dem Mann so lange folgen, bis genügend Beamte da sind, um den Mann dann zu umstellen und ihn ohne Gewalt sicherzustellen. Sicherstellen! Bitte schön, der Mann war kein Verbrecher. Der Mann hat niemanden bedroht oder gefährdet. Er brauchte Hilfe. Und statt ihm diese zu gewähren, sprühen die Polizisten ihm Pfefferspray ins Gesicht, bringen ihn zu Boden und knien sich auf ihn.
Ist die Tötung von George Floyd2 in Mannheim nicht zur Kenntnis genommen worden? Das ist noch nicht einmal (aber fast) zwei Jahre her. Damals kniete ein Polizist auf dem Halsbereich des Afroamerikaners. In Mannheim kniete der Polizist auf dem Rücken eines jammernden, übergewichtigen Mannes.
Leute, ich bin es nicht gerne, aber ich bin auch übergewichtig. Ich bekomme schon keine Luft mehr, wenn ich nur auf dem Bauch liegen muss. Würde noch jemand auf mir knien, würde mein Kreislauf in kürzester Zeit kollabieren.
Aber damit nicht genug. Die Polizeiburschen wussten, nach allem, was derzeit bekannt ist, dass der Mann in einer hilflosen Lage war. Sie behandelten ihn aber wie einen Verbrecher. Und um den Wehrlosen schließlich ganz stillzustellen, schlägt ihm ein Polizist mit zwei Faustschlägen ins Gesicht. Man nennt so etwas Schockschläge. Kurze, mit großer Kraft geführte Fausthiebe, die zum Ziel haben, den Gegenüber auszuknocken. Die Beamten trugen, was an sich nichts Besonderes ist, Handschuhe. Aber mit behandschuhten Händen kann man noch einmal fester zuschlagen, als mit bloßen Fäusten, denn der Schlag tut dem Schläger selbst dann einfach nicht so weh.
Nebenbei bemerkt, zu überprüfen wäre noch, ob es sich um normale glatte Handschuhe gehandelt hat, oder um sogenannte Tactical-Handschuhe mit aufgesetzten Prallkörpern aus Kunststoff. Beliebt ist beispielsweise der Hardtime Glove mit extra hartem Knöchelschutz.3
Auch der zweite verstorbene Mann war in einer psychischen Ausnahmesituation. Er hatte lautstarken Streit mit seiner Mutter und drohte, sich mit einem Messer etwas anzutun. Angeblich habe er sich das Messer selbst an den Hals gehalten. Auch hier soll wieder Pfefferspray zum Einsatz gekommen sein. Dann wurde dem Mann ins Bein geschossen, später verstarb er.
Also, es ist keine gute Zeit für Menschen, die sich in einer Ausnahmesituation befinden in Mannheim. Schon wenn man betrunken ist und nicht wie gewünscht reagiert, könnte es doch passieren, dass man zu Boden geworfen und mit Schockschlägen getötet wird.
Oder sie schießen einem ins Bein. Das ist bei den großkalibrigen Waffen heutzutage auch keine harmlose Sache mehr.
Bis zur Bundesgartenschau dürfte die Stadt Mannheim noch einiges zu tun haben, um ihr bundesweit angekratztes Image wieder aufzupolieren. Zu allererst sollte bei der Polizei mal feucht durchgewischt werden.
Wir sind die Bürger, denen die Polizei Schutz und Beistand leisten soll, nicht die Gegner, die zur Strecke zu bringen sind.
1 https://de.statista.com/…besucher-der-gartenschau
2 https://www.wikiwand.com/de/George_Floyd
3 https://www.polizeibedarf/…/5.11-hardtime-glove-schwarz
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