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Satire

Mir tun die Wägen im Mägen weh!

duden buch

Toilettenwägen, Bollerwägen, Einkaufswägen und Gebrauchtwägen, der Umlaut Ä macht sich inflationär in Wörtern breit, in die er nicht hinein gehört.
Zumindest nach meinem Sprachgefühl. Mich stören ja schon die Feinstäube und oft genug die Gelder.
Gerade in Nachrichtensendungen stößt es mir immer wieder sauer auf, wenn der Plural in etwas kranker Form gebildet wird.

Oft ist es vom Sinn her einfach falsch. Für die Unterbringung der Flüchtlinge wird viel Geld benötigt. In den Nachrichten wird aber gesagt: „Für die Unterbringung werden viele Gelder benötigt.“
Ohne weitere Spezifizierung, daß etwa Geld aus verschiedenen Quellen kommt, ist die Pluralform Gelder hier eher unangebracht.

Und unsere Umwelt wird von Feinstaub belastet.
Nur Fachleute, die diesen Staub in verschiedene Unterklassen/-sorten unterteilen, können dann eventuell von Feinstäuben sprechen.

Bei den Wägen ist es ein wenig anders.

Hier wäre, und das wissen auch die meisten, die den Plural da mit Ä verderben, das A richtiger: der Wagen, die Wagen.

Ich stamme aus dem Ruhrgebiet, also einer Gegend die durchaus nicht dialekt- und slangfrei ist, deren Sprache aber hier in meiner nunmehr süddeutschen Heimat als Hochdeutsch bzw. „nach der Schrift geschwätzt“ empfunden wird.
Da klingt der Plural mit Ä in meinen Ohren sehr fremd und falsch.

Aber Sprache ist lebendig und nicht der Duden bestimmt, was richtig ist, sondern die Sprecher des Deutschen bestimmen letztendlich was Eingang in den Duden findet. Dieser bildet also ab, was landläufig in Verwendung ist und schlägt es dann als richtig bzw. als Richtschnur vor.

Dazu habe ich hier einige interessante Einlassungen gefunden:

Darf man das Wort Wägen schreiben?
„Na ja, wenn man aber in Süddeutschland Wägen sagt, dann wird man doch wohl auch Wägen schreiben dürfen.“

Liebe Frau Laut: „Schreiben kann man so. Aber sprachllich richtig ist es nicht. Die deutsche Sprache orientiert sich an der Standardlautung, auch Hochdeutsch oder Theaterdeutsch genannt. So spricht zwar keiner in Deutschland, Österreich oder der Schweiz, sondern nur die Sprecher(innen) der Tagesschau oder und die Schauspieler(innen) im Theater. Aber seit der Rechtschreibreform von 1901 gilt diese Standardlautung als Grundlage für die Schreibung.

Kurz: Ein Wagen bleibt ein Wagen und viele Wagen auch.“

Darauf antwortete aber jemand:

So einfach ist die Sache nicht: Das Wort „Wagen“ erfährt eine regionale Zuordnung – wie der Duden sie auch in der 25. Ausgabe vorgibt: Plural: süddt. auch Wägen.
Übrigens hat sich Konrad Duden auch schon 1880 dafür entschieden, diese Pluralform einzutragen. Er hatte auch allen Grund dazu: Diese Pluralform ist im Gebrauch und genau das wird angezeigt. Im Link
http://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/germanistik/sprachwissenschaft/ada/runde_3/f02a-b/
findet ihr eine Übersicht zur geografischen Verteilung der von Wagen und Wägen. Das ist sehr spannend. In diesem Artikel wird auch gleich noch ein Grund mitgeliefert, warum dieser Plural überhaupt existiert: Im Gegensatz zu „der Wagen – die Wagen“ wird der Numerusunterschied mit „der Wagen – die Wägen“ deutlicher gekennzeichnet.
Wiktionary arbeitet hier mit den Begriffen Plural 1 und Plural 2.

Damit ist es klar: Vor allem in Süddeutschland dürfen die Sprecher ohne weiteres auch das Ä benutzen, um den Plural der vielen Wagen zu vergewaltigen. Der Duden erkennt das an, weil es eben so gemacht wird.
Er bildet ab, was sich im Maul der Menschen entwickelt.

Jedoch: Im geschriebenen Deutsch verwendet man eine Sprache, die eher allgemeingültiger ist und dem Hoch- bzw. Theaterdeutsch angenähert ist. In Schreiben also, sollte man Wagen und nicht Wägen schreiben.

Bildquellen

  • duden.eigenesfoto: Peter Wilhelm

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Satire

Satire ist eine Kunstform, mit der Personen, Ereignisse oder Zustände kritisiert, verspottet oder angeprangert werden. Typische Stilmittel der Satire sind die Übertreibung als Überhöhung oder die Untertreibung als bewusste Bagatellisierung bis ins Lächerliche oder Absurde.

Üblicherweise ist Satire eine Kritik von unten (Bürgerempfinden) gegen oben (Repräsentanz der Macht), vorzugsweise in den Feldern Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 3. Februar 2020 | Peter Wilhelm 3. Februar 2020

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