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Spitze Feder

In Klausur

Eine Klausur ist der abgeschlossene Bereich eines Klosters, in den sich der Klerus zurückziehen und seiner zölibatären Frömmigkeit frönen kann,

…ohne dabei von zarten Knabenhintern bei der Exegese abgelenkt zu werden. Wenn man diesen Bereich betritt, befindet man sich in Klausur. So weit, so profan. Wenn sich nun mehrere Personen in eine solche Klausur begeben und dies über einen längeren Zeitraum beibehalten, wird aus einer Klausur, eine Klausurtagung, und das nicht zwingend im spirituellen Sinne.

Selbst bei den Christ-Sozialen nicht, obwohl man es von ihrer, stets mit barockem Pomp vorgetragenen, christlichen Nächstenliebe eigentlich erwarten sollte. Wenn man allerdings bedenkt, wie viele Karrieren bei deren Klausurtagungen en passant schon abgefackelt wurden, fühl man sich zuweilen an Bernard Gui und die seligen Zeiten der heiligen Inquisition erinnert. Deshalb kann man wohlwollend konstatieren, dass die CSU einiges an alttestamentarischen Gepflogenheiten in die Neuzeit retten konnte. Insofern…

Bis anno 2017 trafen sich die Mit- und ohne Glieder jener bajuwarischen Splitterpartei zur besagten, alljährlichen Klausurtagung im beschaulichen Wildbad Kreuth. Flankiert von einer Armada aus embedded Journalistinnen und Journalisten, nebst Ü-Wagen und allem verfügbaren technischen Schnickschnack, um Micheline und Michel auch noch so kleine Details dieses staatstragenden Events, wie Nahaufnahmen des Krustenbratens und die Textur des Obatzter, in Echtzeit präsentieren zu können.

Nachdem die hochwohlgeborene Herzogin Helene von Bayern nun danach trachtete, der Hanns-Seidel-Stiftung für die Location, statt der üblichen 84.000 €, urplötzlich 360.000 € per Annum in Rechnung zu stellen, beschlossen die Mit- und ohne Glieder, ihren Krustenbraten und ihren Obatzter fürderhin im pittoresken ehemaligen Benediktiner-Kloster Seeon einzunehmen. Zumal es dort auch warme Duschen gibt, wie die CSU-Landesgruppenchefin, Gerda Hasselfeldt, der DPA hocherfreut mitteilte. Ob die embedded Journalistinnen und Journalisten der Axel Springer SE auch in den Genuß einer solchen, klösterlichen, römisch-katholischen Morgentoilette kommen, war bei Redaktionsschluss dieses Beitrages leider noch nicht durchgestochen worden.

Nach den Erfahrungen mit den bisherigen CSU-Klausurtagungen, bleibt jedoch die Erkenntnis, dass die sprichwörtliche Verschwiegenheit solcher Gipfeltreffen, unter der Rubrik „Nostalgie“ und/oder „Komödienstadl“ auf der Strecke geblieben ist und durch das Recht von Micheline und Michel auf Informationsfreiheit gemäß Art. 5. GG, ohnehin modifiziert werden musste. Einzig die Gastbeiträge von Mit- und ohne Gliedern der bundesweit agierenden Schwesterpartei, mit der sich die erzreaktionären Dirndl und Lederhosen in abgrundtiefer Hassliebe verbunden fühlen, bleiben als nostalgisches Element erhalten.

Im Gegensatz zur Zusammensetzung jener informellen Gruppen, die sich in Klausur begeben, um Verantwortung zu übernehmen, um das Land mutig voran zu bringen und um es gut aufzustellen, um Vertrauen zurückzugewinnen, um die Menschen abzuholen und sie mitzunehmen, um die Arbeitsplätze und das Wirtschaftswachstum mit der Umwelt…, um vielleicht doch noch Kampfjets, oder eher doch wieder Helme und Iso-Matten…, oder grauen, oder vielleicht doch grünen Wasserstoff…, oder neue Autobahnen mit E-Fuel-Tankstellen für Porschefahrerinnen und Porschefahrer… Hier sind alle Mit- und ohne Glieder aufgefordert, mit der geballten Expertise ihrer profunden Ahnungslosigkeit dazu beizutragen, das Land für die Zukunft gut aufzustellen. Aber das sagte ich ja bereits.

Der heißeste Scheiß in Sachen diskrete Unverschämtheit, war übrigens gerade bei der Klausurtagung des Bundeskabinetts zu beobachten; und man fragt sich allen Ernstes, ob besagte profunde Ahnungslosigkeit, gepaart mit einem Höchstmaß an krimineller Energie, vielleicht doch zu viel des Guten für das Land sein könnten:

Ich meine die Teilnahme der bis in die plastinierten Haarspitzen korrupten Adligen auf dem zweiten Bildungsweg, Ursula Gertrud von der Leyen, geborene Albrecht, die sich mit ihrem gleichermaßen verkommenen Antipoden, Benjamin Netanjahu, derzeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefert, wer sich dem Zugriff der Strafgerichte, durch die parlamentarische Immunabwehr, oder wie das heißt, länger entziehen kann. Was die unchristlich undemokratische Ikone hemmungsloser Vorteilsnahme im Amt, wohl bei einer Klausurtagung von SPD, FDP und den Grünen verloren hat? Selbst die, in der Regel bestens informierten, Volksverhetzer der Axel Springer SE, stehen hier vor einem Rätsel.

Leute, wenn ihr mich fragt, ist das alles ganz einfach: Damit soll Micheline und Michel signalisiert werden, dass die strikte Trennung von Hirn und Mandat beibehalten wird, auch und gerade über alle Parteigrenzen hinweg – nachhaltig, basta!

Bildquellen

  • klausur: pixabay

Spitze Feder – Spitze Zunge

Diese Kolumne schreibt vorwiegend Peter Grohmüller seine Gedanken zur Welt und dem Geschehen unserer Zeit auf.
Seine fein geschliffenen „Ergüsse“ – wie er selbst sie nennt – erfreuen sich großer Beliebtheit.

Hin und wieder erscheinen in dieser Kolumne auch Beiträge anderer Autoren, die dann jeweils entsprechend genannt werden.

Die Texte sind Satire, Kommentare und Kolumnen. Es handelt sich um persönliche, freie Meinungsäußerung.

Für die Texte ist der jeweilige Autor verantwortlich.

Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: | Peter Grohmüller 31. März 2023

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