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Ich sage jetzt gar nichts mehr – von den Erfahrungen mit dem Fernsehen

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fernsehen01Ich bin nun wahrlich alles andere als größenwahnsinnig und neige auch nicht zu Höhenflügen. Den Literaturnobelpreis werde ich für meine Erzählungen und Kurzgeschichten nie erhalten. Das ist einerseits etwas, was einem Humoristen, Satiriker und Erzähler sowieso verwehrt bleibt, man steht da eher auf Schwerverdauliches und außerdem bin ich weder politisch verfolgt, noch der einsame Mahner einer unterdrückten Minderheit.
Der Hauptgrund für meine These ist aber, daß ich der Auffassung bin, ein ganz passabler Erzähler und Unterhalter zu sein, nicht weniger aber auch nicht mehr.

Umso schöner finde ich es, daß meine letzten beiden Bücher auf eine so anerkennende Resonanz gestoßen sind und sich bis in die Bestsellerlisten vorgearbeitet haben. In der Folge wurde ich, gerade jetzt wieder im Zusammenhang mit „Darf ich meine Oma selbst verbrennen?“ über 50 mal fürs Radio und fast ein Dutzend mal fürs Fernsehen interviewt. Die Meldungen in Zeitungen und Magazinen zähle ich mal gar nicht mit.
Sehr schön war auch der Besuch beim „mdr“, zu dem ich zu einer Live-Sendung nach Leipzig fahren durfte. Ein kleines Honorar gibt es auch immer, auch wenn einen das nicht vom Hocker haut. Dafür bin ich dort aber sehr gut behandelt worden und durfte mir einen Nachmittag mal vorkommen wie ein richtiger Prominenter.
Das fand ich auch mal sehr schön.

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Aber da kommt man natürlich mit der öffentlich-rechtlichen Bürokratie in Berührung und sitzt dann erstaunt vor den gefühlt hundert Formularen und Diestreisekostenabrechnungen, die man da auszufüllen hat. Es gibt nämlich nicht einfach nur ein ausreichendes Honorar, von dem man seine Kosten bestreitet, sondern man muß jede Taxifahrt einzeln abrechnen. Und wenn einem dann 6,20 Euro für ’ne Gulaschsuppe (das Einzige was ich an diesem Tag zu essen bekommen habe!) abgezogen werden, weil das in den Reisekostendienstverordnungen irgendwie nicht vorgesehen ist, dann hinterlässt das einen bitteren Geschmack.
Den Zuschauern in Mitteldeutschland scheint die Sendung aber gut gefallen zu haben und man hat mich offenbar in guter Erinnerung behalten, denn seit dieser Zeit verzeichne ich sehr viele Mails und Anrufe, die auf diese Livesendung Bezug nehmen und in denen ich Fragen zu aktuellen Sterbefällen beantworten soll.

Auch andere Sender haben sich gemeldet, so der NDR, der mich in die NDR-Talkshow eingeladen hatte, und das ZDF, die mich in Markus Lanz‘ Talk-Show haben wollten.
Das sind natürlich noch einmal andere Kaliber als eine Nachmittagssendung im „mdr“, deren Hauptaufgabe es ist, die gute Hausfrau nicht beim Bügeln zu stören.

NDR-Talkshow, ZDF Makus Lanz, das ist was und so etwas macht einen eher unbedeutenden Autor aus Edingen-Neckarhausen schon im Vorfeld etwas nervös und aufgeregt.
Der Themenbereich wird vorher abgesteckt, es wird zig Male telefoniert und gemailt, ich darf ein Konzept erarbeiten, damit die Moderatoren auch wissen mit wem sie über was sprechen und in einem Fall kommt sogar der zuständige Redakteur extra von weiter geflogen, um mit mir ausführlich alles zu besprechen.
Der Tag steht fest, die Uhrzeit ist klar, es wurde alles besprochen, von der Bahnfahrt bzw. den Flügen bis hin zur Hotelunterbringungen und dann…

…dann hockst Du da zu Hause und hörst von denen gar nichts mehr.
Da macht man dich strubelig, man weckt Hoffnungen und macht dich nervös, Du hast tatsächlich wochenlang so etwas wie Lampenfieber, denn wann macht man sowas schon mal? Das ist ja für mich wirklich etwas Besonderes und Aufregendes, ein echtes Erlebnis und natürlich auch eine Ehre.
Man macht sich sehr viele Gedanken, spielt im Kopf die besten und pfiffigsten Antworten durch, überlegt sich klasse Beiträge, denn man möchte dem Publikum ja auch etwas bieten und den Vernatwortlichen zeigen, daß sie einen nicht umsonst eingeladen haben, sondern daß es sich gelohnt hat, mich zu nehmen.

Das ist für mich alles mit Nervenarbeit verbunden und ehrlich richtig anstrengend. Aber ich halte eisern die Klappe. Ich erzähle kaum jemandem, daß da eine Sendung geplant ist, denn schon einmal hatte man mich in einer Sendung zu Gast und ich habe ganz stolz allen Freunden und Bekannten den Sendetermin mitgeteilt. Und dann? Dann ist ausgerechnet das Stück, in dem ich an der Sendung mitgewirkt habe, nicht gezeigt worden, aus zeitlichen Gründen.
Das kann vorkommen, dafür habe ich Verständnis, aber gegenüber meinen Freunden und Bekannten war das schon ziemlich doof.

Ich will doch auch nicht angeberisch sein oder mich wichtig machen. Es gibt nur viele da draußen, so wie den bierzapfenden Zopfmann, die meinen Werdegang als Autor immer mit Wohlwollen und Freundlichkeit begleitet haben. Der Zopfmann beispielsweise, der kann sein wie er will, aber ich habe das ernsthafte Gefühl, daß das was meine Arbeit anbetrifft, von ihm wirklich geschätzt wird und er sich echt mit mir freut, wenn es wieder ein Stück voran geht.
Neider und Missgünstige gibt es da draußen sowieso genug, da freut es einen, wenn jemand einem auch mal anerkennend auf die Schulter klopft.

Aber natürlich ist es nur ein ganz schmaler Grat wenn man von seiner Arbeit spricht, bis Leute meinen, man würde damit angeben oder sich damit brüsten.
Ganz schnell geht das und sie behaupten, man wäre arrogant und abgehoben, ich weiß das nur zu gut.
Und genau darum wurmt es mich ganz besonders, wenn das Fernsehen so ein Theater macht und mich dann einfach verhungern lässt.
Da macht man sich Hoffnungen, erzählt davon und am Ende kommt nix dabei heraus.
Ich sag jetzt vorher gar nichts mehr, nie mehr.  


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Lesezeit ca.: 7 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 17. Februar 2012 | Revision: 26. November 2012

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