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Spitze Feder

General Reset

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Ich benutze ein Notebook mit einem Betriebssystem, das auf Milliarden von Rechnern weltweit läuft.

Ein guter Freund und Kenner der Materie, der sich vor vielen Jahren von besagtem Betriebssystem verabschiedet hat und nur noch mit Äpfeln arbeitet, hat mir mal erklärt, die Krux bei der Sache sei die, dass die Entwickler in Redmond, das Betriebssystem so programmieren müssen, das es auf allen Rechnern läuft. Da sie nie wissen können, aus welchen Komponenten sie zusammengedübelt werden, müssen sie das Betriebssystem eben für alle Eventualitäten bis zum Abwinken aufblähen, was zwangsläufig Rechenleistung verballert.

Meine Vermutung ist nun die, dass in der DNA jenes Betriebssystem, aufgrund dieser systemimmanenten Blähungen, eine Routine sein muss, die an ein Teenagerzimmer erinnert. Denn es hat die unangenehme Eigenschaft, über die Jahre zuzumüllen. Im Falle eines Rechners, nicht mit leeren Bierdosen und versifften Klamotten, sondern mit Dateileichen, oder Teilen davon. Das wäre mir im Prinzip ja egal. Denn die Preise für Speicherbausteine sind bekanntlich ins Bodenlose gesunken. Insofern…

Dummerweise haben diese Blähungen wohl die unangenehme Eigenschaft, die Kiste zunehmend zu verlangsamen, da besagte Daten-Kadaver von der CPU immer wieder verarbeitet werden. So, oder so ähnlich vermute ich es jedenfalls. Ich habe mich damit arrangiert, dass ich den Rechner einschalte und mir in den fünf Minuten, die er zum Booten benötigt, einen Kaffee koche, eine Zigarette rauche, oder beiden zusammen.

Ab und zu kommt es allerdings auch vor, dass die Kiste einfriert. Einfach so, und dass nix mehr geht. Dann bleibt nur noch die Berserker-Methode: Der General Reset. Den Netz-Taster so lange drücken, bis der Bildschirm schlagartig schwarz ist. Danach neu starten, eine Zigarette rauchen und einen Kaffee kochen. Auch nicht schlecht. J

Nun gibt es allerdings Systeme, die schon seit gefühlten Jahrzehnten eingefroren sind, bei denen jedoch dummerweise niemand da ist, um den notwendigen General Reset durchzuführen, oder weil ein solcher in diesen Systemen a priori nicht funktionieren kann. Bei einem Cluster ist es kein so großes Ding, wenn ein Rechner abkackt, denn ein solcher besteht ja aus zig Rechnern, die dann dessen Arbeit übernehmen.

Wenn man diese Analogie nun aber auf die Geopolitik überträgt, wird es ungemütlich. Denn der Kapitalismus, also unser globales ökonomisches Betriebssystem, bedingt genau das, was ich mit eingefroren meine. Da es sämtliche Staaten mit den gleichen Tools managt, unabhängig von deren Historie, deren Kulturen und Bedürfnissen, friert es über kurz, oder lang ein, wie es seit einigen Jahren der Fall ist. Erschwerend kommt noch hinzu, dass es in den letzten 2000 Jahren immer wieder Akteure gab, die mit militärischer Gewalt danach strebten, die Rolle der Welt-CPU einzunehmen. Aktuell scheren sich die USA, China und Russland einen Dreck um das Völkerrecht und gehen über Leichen, um dieses Monopol zu erreichen – wohlwissend, dass genau dies uns seit 2000 Jahren den ganzen Mist immer wieder eingebrockt hat.

Mein Fazit: Unser globales ökonomisches Betriebssystem hat keine Fehler, es ist der Fehler. Da nützt auch kein General Reset, sondern nur ein anderes Betriebssystem. Ein dezentrales, mit Respekt als BIOS!

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Spitze Feder – Spitze Zunge

Diese Kolumne schreibt vorwiegend Peter Grohmüller seine Gedanken zur Welt und dem Geschehen unserer Zeit auf.
Seine fein geschliffenen „Ergüsse“ – wie er selbst sie nennt – erfreuen sich großer Beliebtheit.

Hin und wieder erscheinen in dieser Kolumne auch Beiträge anderer Autoren, die dann jeweils entsprechend genannt werden.

Die Texte sind Satire, Kommentare und Kolumnen. Es handelt sich um persönliche, freie Meinungsäußerung.

Für die Texte ist der jeweilige Autor verantwortlich.

Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: | Peter Grohmüller 12. Februar 2023

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