Sicherheit und Ordnung zu bieten, war schon immer eine Gratwanderung. Vor allem in einem Land in dem die Ordnung weit vor der Sicherheit rangiert und aufmerksame Meldeeifrige ihre Mitmenschen wegen übervoller Mülltonnen anschwärzen. Etwas Blockwart und Abschnittsbevollmächtigter scheint in vielen zu stecken. Mark Twain sagte einmal: „Jeder Deutsche ist ein kleiner Notar, jederzeit bemüht, dem anderen seine Fehler nachzuweisen.“
Man gebe einem Deutschen eine Uniform, oder noch gefährlicher: einen Stempel, und man darf auf ein braunes blaues Wunder gefaßt sein.
Vor diesem Hintergrund bemühen sich Humoristen, Satiriker, Kabarettisten und Karikaturisten, dem Volk den Spiegel vorzuhalten um sie dazu zu zwingen, lachend introspektiv zu werden.
Es sind Künstler Quatschmacher wie Mario Barth oder die Darsteller in der ach so umjubelten Heute-Show, die nur das Erwartete bestätigen, nur das Offensichtliche und Bekannte anprangern und immer auf einen satirisch schon längst abgefahrenen Zug der Bestätigungslustigkeit aufspringen und dadurch letztendlich dem Volk Sand in die Augen streuen. Mehr als mal eben unterhaltend sind diese Leute nicht, aber diese Anforderung soll ja auch jeder Werbespot erfüllen.
Den Finger in offene Wunden legen, das reicht nicht. Satire muß Wunden aufreißen, ohne verletzend, ja ohne verhetzend zu sein.
Sie darf weh tun, sie darf zum Kopfschütteln anregen, sie darf einem einen dicken Kloß im Hals erzeugen, doch sie muß immer anprangern, Aufmerksamkeit erzeugen und dazu darf sie sich fast aller Mittel bedienen.
Charlie Hebdo ist eine satirische Zeitschrift, wie wir sie in Deutschland nicht kennen. Sie erscheint in Frankreich, einem Land, dessen Bewohner weitestgehend nicht religiös sind, in dem Staat und Kirche, anders als bei uns, getrennt sind.
Auch anders als bei uns und völlig anders als der deutsche Michel sich das vorstellt, ist auch das Thema Sexualität in Frankreich viel mehr tabuisiert.
Und die Grande Nation hat ein völlig anderes Verhältnis zur Politik, zu Politikern und zu ihren europäischen Nachbarn als wir.
Da wundert es nicht, daß auch Charlie Hebdo völlig anders ist, als Satire es bei uns ist. Die meisten der Gags würden, selbst wenn sie auf Deutsch erschienen, wo vieles dann rein sprachlich gar keinen Sinn mehr hätte, gar nicht verstanden.
Die permanente Schere im Kopf, das in vorauseilendem Gehorsam erfolgende Politischkorrektsein(wollen), das ständige Darandenken, was die Leute wohl sagen, das alles bremst und lähmt Satire hierzulande.
Unter dem Deckmantel der politischen Korrektheit wird jeden Tag ein neuer Maulkorb erfunden, den sich kaum ein Volk der Welt so gerne selbst anzieht, wie unseres.
Politisch korrekt zu sein, das bedeutet in erster Linie, seine Sprache zu kasteien, seinen Wortschatz zu kastrieren und Prägnantes mit neuerfundenen Euphemismen zu verbrämen.
Sehr viel unserer Freiheit hat unser Vorfahrenvolk auf dem Altar des Nationalsozialismus geopfert, das gestehe ich zu.
Daß man über Juden nicht mehr scherzen darf, ohne daß einem der Zentralrat mit einer Blutgrätsche in den Nacken springt, haben wir den Gaskammern in Auschwitz zu verdanken.
Uns hat das um tausende brillanter jüdische Witze und Judenwitze gebracht, über die Alt- und Neuengländer und dort auch die Juden gerne und laut lachen.
Dennoch, die braune Zeit ist 70 Jahre her, na ja, vielleicht 60, oder sagen wir 50. Nun ja, gestehen wir uns ein, daß das Dritte Reich noch nachgewirkt hat, indem viele der Verbrecher und Menschenverächter nach ’45 gleich wieder in einflußreiche Ämter gekommen sind. Also mag die braune Zeit erst 40 oder gar nur 30 Jahre her sein, vielleicht auch erst 20 oder gar 10 Jahre – und vielleicht dauert sie sogar noch an, wenn man so recht überlegt…
Wahrscheinlich hatten wir in Deutschland schon immer eine braune Zeit und werden sie auch immer haben, wer weiß das schon?
Von den Amerikanern erzogen zur Pseudodemokratie, sprich Parteiendiktatur, geblendet von amerikanischem Konsumdenken, geprägt zu Leistungsdeutschen, geben wir international immer noch -und das durchaus bereitwillig- den Hunnen, den Teutonen, den Bösewicht.
Da hilft auch kein Permanentkotau vor dem jüdischen Volk, vor Israel und den jeweiligen Kriegstreibern dort.
Nein, wir pflanzen uns brav die Schere in den Kopf und machen in jedem zweiten Satz betroffen „Boah“ und gewöhnen uns eine -auch aus dem sprachlich behinderten Amerika stammende- Geste an, bei den man mit zwei Fingern jeder Hand beim Sprechen zwei Gänsefüßchen in die Luft malt, um zu kennzeichnen: Ich sag das zwar, ich darf das aber nicht so meinen.
Politisch korrekt um jeden Preis!
Doch für mich bedeutet, politisch korrekt zu sein, nur mir selbst den Mund zu verbieten, wo man ihn besser aufmachen sollte.
Politische Korrektheit bedeutet, sich selbst sprachlos zu machen.
Political correctness bedeutet, Wörter für etwas zu erfinden, das vielen ein Problem macht, das vielen am Herzen liegt, statt an die Lösung des Problems zu gehen.
Ein Beispiel gefällig?
Polizisten nehmen es unverblümt in den Mund: Seitdem die Grenzen durchlässiger geworden sind und sich der sogenannte Schengenraum immer weiter erstreckt, bald bis an den Ural, kommen vermehrt osteuropäische Diebesbanden über die Autobahnen zu uns und brechen in Häuser ein und rauben deren Besitzer aus.
In Osteuropa, genauer in Südosteuropa, wohnen Millionen anständiger Menschen, die keinerlei kriminelle Gedanken hegen. Viele von ihnen zieht es auch zu uns und niemand käme auf die Idee, auch nur anzunehmen, daß jeder, der da kommt, mit kriminellen Gedanken zu uns kommt. So sollte es wenigstens sein, daß keiner das annimmt.
Doch wegen der politischen Korrektheit sprechen Journalisten in ihrer Berichterstattung nicht von osteuropäischen Einbrecherbanden, lassen Nationalität und Herkunft weg, verbrämen, verschleiern und trauen sich nicht an die Wahrheit.
Nur zwischen den Zeilen, geleitet durch euphemistische Ersatzvokabeln, erfährt der Leser, daß die Einbrecher keine Ostfriesen waren.
Aber genau dieses Ungenaue, dieses Nebulöse, dieses Verbrämte, das nicht klar Ausgesprochene, das ist es, was dazu führt, daß der Stammtischdeutsche fröhlich mutmaßen kann und bierselig ohne in die Luft gemalte Anführungszeichen herauskrakeelt, was sich anderswo niemand mehr zu sagen traut: Das sind alles Osteuropäer, die da einbrechen, und die die hier rüber kommen, das ist sowieso der kriminelle Bodensatz, weil die, die was taugen, die haben drüben Brot und Arbeit.
Und es regt sich kein Widerspruch, allgemeine Zustimmung macht sich breit, es steht keiner auf, es spricht niemand dagegen.
Keiner? Doch, ich! Ich tue es. Ich sage meine Meinung. Ich sage denen, daß sie nur deshalb anständige Deutsche sein dürfen und keine autoklauenden Polen, weil sie rein zufällig diesseits der Oder geboren wurden. Das ist weder ein Verdienst, noch etwas, auf das man stolz sein kann.
Ich erkläre denen, warum sich die ganzen Neger auf den Weg machen, um in Europa nicht nur ein besseres Leben führen zu können, sondern, um überhaupt leben zu können. Und ich nehme bewußt das Wort Neger in den Mund, weil ich es so gelernt habe und weil sie nur diese Sprache verstehen. Und dann machen sie betroffen „Oh“, weil ich Neger gesagt habe, denn da greift dann die politische Korrektheit, wie auch, wenn man den Führer ins Spiel bringt.
Und diese Leute fällen selbst ihr Urteil über Asylanten, Andersdenkende, Muslime und Schwule.
Es ist das Urteil von Unkritischen, die sich damit der BILD-gepflegten Massenmeinung beugen und sich zur Masse machen, das Urteil über eine andere Masse, die sie nur als Masse ver- und beurteilen können.
Pickte man irgendeinen einzelnen Flüchtling vom Lampedusa-Schiff und würde ihn dem eben noch alle nach Hause schicken wollenden Stammtischmichel anvertrauen, so würde er wahrscheinlich sofort mit eigenen Händen eine Kirche bauen, damit der arme Neger Kirchenasyl bekommen kann.
Ja, ich beobachte auch immer wieder, daß sich Einzelne bewußt die breiige Meinung der anderen zueigen machen, obwohl ich weiß, daß sie eigentlich ganz anders denken.
Ich überlege mir dann oft, was denn die wahre Meinung dieser Menschen ist. Die verstehende, empathische und kritische Meinung, die sie mir gegenüber geäußert haben, oder die platte, massentaugliche und dem Mainstream folgende Meinung, die sie am Stammtisch vertreten?
Ich neige dazu, daß diese Leute ihre wahre Meinung der Massentauglichkeit opfern, um dazu zu gehören, um dabei zu sein, um anerkannt zu werden.
Doch da mache ich nicht mit.
Ich lasse mir weder von Politischer Korrektheit, noch von der Masse meine Meinung und das was ich sage diktieren!
Ich mache mich nicht zum Gefallen von Stammtischdeutschen zum Idioten. Lieber mache ich mich zum Außenseiter, bleibe ein Kritischer und mache mein Maul auf.
Die politische Korrektheit, die kann mich mal!
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