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Spitze Feder

Trump – Lieber mal an die eigene Nase fassen!

Jetzt mal ehrlich…

Leute, jetzt macht mal halblang mit dem Gezeter über Donald Trump. Ihr könnt Euch auf den Kopf stellen und mit den Füßen wackeln – nutzt nix.
Ob es unseren zarten, aufgeklärten Seelen nun passen mag, oder nicht: Donald Trump ist der demokratische gewählte Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.
Und seit dieser Berufsstand erfunden wurde vermutlich der erste Politiker der westlichen Hemisphäre, der exakt das tut, was er im Wahlkampf versprochen hat.

Uns erschreckt am meisten, daß Trump hält, was er versprochen hat.

Vielleicht ist es ja gerade das, was uns hierzulande am meisten erschreckt.
Da sagt einer, dass er eine Mauer zum Mexiko bauen will, dass er keine Muslime mehr ins Land lassen will, dass er die Krankenversicherung seines Vorgängers abschaffen will, und zieht das im Schweins-Galopp auch noch tatsächlich durch!

Wenn ich da an unsere Knallchargen in Berlin denke… „mit der CDU, CSU, SPD, FDP, den Grünen wird es keine Steuererhöhungen geben, keine Autobahngebühr, werden die Banker zur Rechenschaft gezogen… bla, bla, bla“. Deckel zu, runter spülen.

Natürlich ist Trumps Message ungehobelt, chauvinistisch, dumm und bar jeglicher politischen Korrektheit. Aber mal ehrlich: kann diesem überkonstruierten Gewese denn noch irgend jemand etwas abgewinnen? Man traut sich ja kaum noch einen Text zu verfassen, weil es im Office-Paket noch keine automatische Überprüfung des soeben Geschriebenen auf korrektes Gendering gibt. Da kannst du recherchieren bis zum geht-nicht-mehr, da kannst du Fakten ohne Ende zusammentragen und das Ganze noch mit einer Flut von Zahlen belegen; wenn Du nur aber ein einziges Mal vergisst, „Bürgerinnen und Bürger“ zu schreiben, oder wenn du es absichtlich weglässt, weil Dir dieses dümmliche Getue auf den Sack geht, hast Du die ganz große Arschkarte gezogen. Dein schöner Text, mit jeder Menge Herzblut zusammengetragen, landet auf dem Index, ein Shitstorm ergießt sich in der Community, und du wirst von Claudia Roth zur persona non grata erklärt.

Natürlich ist Trumps Message ungehobelt, chauvinistisch, dumm und bar jeglicher politischen Korrektheit.

Um es gleich vorweg zu sagen: ich mag Donald Trump auch nicht. Er ist ein Prolet par excellence, ein ungehobelter ordinärer Parvenü, der sein primitives Weltbild direkt aus der Steinzeit importiert zu haben scheint, und in dessen Umfeld hündisch devote Speichellecker und grotesk optimierte Silikon-Blondinen die tragenden Rollen spielen – erstere neben, letztere unter ihm.

Aber offensichtlich verkörpert Trump all das, wovon 50%+ der Amerikaner insgeheim seit Jahren träumen.
Von ehrlicher Hausmannskost, statt philosophischem Grünschnitt auf vorgewärmten Tellern.
Sie wollen ihre Quarter-Pound-Burger mit French Fries und Coke Classic, statt Sushi oder Frühlingsrolle. Sie wollen wieder zurück zu ihrem deftigen, einfach strukturierten Wesen.
Sie wollen wieder öffentlich „Nigger“ und „Bitch“ sagen dürfen und wollen, dass man darin keine Schimpfworte mehr sieht, sondern Ausdruck eines uramerikanischen Lebensgefühls.
Trump hat diesen Nerv getroffen – zu einhundert Prozent. Und er wird alles, womit er sich beschäftigt, daran ausrichten.
Es geht ihm meilenweit am Arsch vorbei, was eine Frau Merkel, ein Herr Holland oder ein Herr Xi Jinping davon halten, und dafür lieben ihn die Hillbillys mit ihren V8-Pickups und ihren Ku-Klux-Klan-Käppis über alles.

Die Amis wollen Burger statt Sushi und wieder Nigger und Bitch sagen dürfen.

Aber ist das wirklich solch ein Affront? Dürfen wir uns, in unserem vermeintlichen Gral von Demokratie und Menschenrechten, darüber ernsthaft so heftig echauffieren, wie beispielsweise Sigmar Gabriel, der Trump einen Hassprediger nannte?

Mal ehrlich: Wir müssten mit den ganzen Söders, Seehofers und de Maizières den Ball doch eigentlich ganz flach halten, oder?
Sie treiben hier in aller Öffentlichkeit ihr Unwesen, spulen ihr demagogisches Programm ab und hetzten die Bevölkerung gezielt gegen Minderheiten auf.
Was haben diese Quadratschwätzer in den letzten Monaten die Sau rausgelassen. „Wer betrügt“, fliegt und das ganze Obergrenzen-Geschwafel.

Der rechte Pöbel hat stehen Beifall gebrüllt, die BILD-Zeitung dem Ganzen medial assistiert, und eine Asylunterkunft nach der anderen ging in Flammen auf. Und wir Gutmenschen wagen es, mit dem Finger auf Trump zu zeigen? Hallo? Geht´ s noch?

Wir wagen es mit dem Finger auf Trump zu zeigen und dulden Leute wie Söder und Seehofer.

Natürlich ist ein Psychopath, wie Donald Trump im Oval Office nicht so prickelnd, wie ein smarter dynamischer Beau.
Aber wie war das mit dem von der ganzen westlichen Welt als Heilsbringer mit Vorschusslorbeeren überhäuften Friedensnobelpreisträger Obama?
Während seiner achtjährigen Amtszeit hat er all die blutigen Kriege weitergeführt, mit denen die USA die ganze Welt überziehen; und als Schmankerl mal eben einige Hunderte „Terrorverdächtige“ ohne Anklage, ohne Verteidigung mit seinen Drohnen liquidiert, von einem Vielfachen an humanen Kollateralschäden mal ganz abgesehen.
Früher verurteilte man so etwas zurecht und nannte es lynchen.

Na und?
Hat sich über Obamas John-Wayne-Nummer irgend jemand sonderlich aufgeregt?
Wir?
Die Kanzlerin?
Die EU?
Fehlanzeige!

Aber jetzt den dicken Menschenrechtsknüppel gegen Trump schwingen. Oh Mann, ist das erbärmlich.

Ich möchte hier jetzt nicht der Ignoranz oder gar der Resignation das Wort reden, oder behaupten, dass man den blonden Psychopathen in Washington leider nun mal so hinnehmen muss.

Aber solange die Deutschen

  • am Wahlsonntag mehrheitlich immer wieder bei den rechten Hetzern wie Söder, Seehofer, de Maizière & Co ihr Kreuzchen machen,
  • solange die Radikalisierung der Bevölkerung fester Bestandteil der Berliner Politik ist,
  • solange der alltägliche Rassismus in der Bundesrepublik als salonfähig betrachtet wird,
  • solange linke Teenager mit PLO-Halstüchern wie Schwerverbrecher behandelt werden
  • und solang rechte Glatzen im Osten ungestraft arisch befreite Zonen proklamieren können,
  • solange wir uns einen Dreck darum scheren, wie die Hälfte der Weltbevölkerung unter unserem überbordenden Wohlstand und unserer Ignoranz leidet,

haben wir kein Recht, uns über die Entwicklung in den USA zu echauffieren, sondern genügend damit zu tun, den Dreck vor unserer eigenen Haustür wegzufegen.

Spitze Feder – Spitze Zunge

Diese Kolumne schreibt vorwiegend Peter Grohmüller seine Gedanken zur Welt und dem Geschehen unserer Zeit auf.
Seine fein geschliffenen „Ergüsse“ – wie er selbst sie nennt – erfreuen sich großer Beliebtheit.

Hin und wieder erscheinen in dieser Kolumne auch Beiträge anderer Autoren, die dann jeweils entsprechend genannt werden.

Die Texte sind Satire, Kommentare und Kolumnen. Es handelt sich um persönliche, freie Meinungsäußerung.

Für die Texte ist der jeweilige Autor verantwortlich.

Lesezeit ca.: 7 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 3. Februar 2020 | Peter Grohmüller 3. Februar 2020

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