Hier im Ländle ist es üblich, daß die regelmäßig anfallenden Reinigungsarbeiten rund ums und im Haus strenger gehandhabt werden, als die Einlaßkontrolle in einem Kernkraftwerk.
Jedes Jahr bastelt Frau Häberle vom 1. Stock links einen großen Wandkalender auf dem akribisch aufgeteilt und eingetragen ist, welche Familie wann und wo den Besen zu schwingen hat. Dieser Kalender wird dann unten im Treppenhaus aufgehängt und eine Abordnung der vorwiegend älteren Hausbewohner (nur diese haben Schreibrechte!) hakt wöchentlich ab, ob die Reinigung in der vorgeschriebenen Art und Weise erfolgt ist.
Zu reinigen ist 14tägig die Trepp‘, ebenfalls 14tägig der „Kella“ und in 3wöchigen Abständen auch noch Hof und Außentrepp‘. Damit nun bei keiner Familie Langeweile aufkommt, ist es niemals so, daß man in einer Woche mit Trepp‘, Kella und Hof dran ist, sondern jede Woche muß man irgendetwas fegen, putzen oder wischen. Wäre das nicht so, hätten die Rentner ja Langeweile.
Zeit, um seiner Reinigungsverpflichtung nachzukommen, hat man von Montag bis Sonntag. Für uns bedeutet das, daß wir irgendwann sonntags gegen Abend, kurz vor Ablauf der Frist, alles eben husch-husch erledigen. Meistens finden wir einen Grund, aus dem unsere Kinder das als Strafe machen müssen. Als wir einmal vor anderthalb Jahren unseren Nachbarsjungen dabei erwischt haben, wie er unsere Wohnung durchstöberte, als wir mal eben auf dem Dachboden waren und die Wohnungstür nur angelehnt hatten, habe ich ihn feierlich zu einer einjährigen Übernahme unserer Reinigungspflichten verurteilt. Diesem Urteil schloß sich dann sein Vater auch noch an, der sich damit selbst seinen regelmäßigen Kehrwoch-Frohndiensten entheben konnte. Leider ist dieses Jahr schon herum und wir müssen wieder selbst frohndiensten.
Heute klopft es gegen 20 Uhr an der Tür. Draußen steht ein schnell zusammengerufenes Plenum unserer Rentner. Frau Ruckdäschl, Frau Häberle und Herr Ofenloch. Schon wie Frau Ruckdäschl ihre Hände in die Hüften gestützt hat und Frau Häberle ihre Nasenflügel bläht, verheißt nichts Gutes. Von Herrn Ofenloch, der es gewöhnt ist, nur zu sprechen, wenn seine Frau es ihm erlaubt, ist nichts Besonders zu erwarten, den schaue ich für gewöhnlich nur mit hochgezogenen Augenbrauen an und er fängt an zu weinen. Aber diese zwei Weiber, von denen ist Ungemach zu erwarten, soviel ist klar.
„Ei“, hebt Frau Ruckdäschl an und fährt fort: „Sie hebbe Kehrwoch!“
„Ach“, sage ich mit fragendem Unterton.
„Hajo! Sie misse drunne noch alles kehre!“
In diesem Moment fällt es mir wie Schuppen von den Augen und ich danke meinem Englischlehrer, Herrn Jörg Herrmanns aus Essen, für seine Engelsgeduld, als er mir die Sprache Shakespears beigebracht hat. Ich hole tief Luft und sage im Brustton der Überzeugung:
„I don’t kehr!“
Tür zu und Ruh‘ ist.
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