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Spitze Feder

Der Punkt ist, ich bin hier weg

Ein Mann liegt auf einer Hängematte, die zwischen zwei Bäumen aufgespannt ist

Matthias ist ein langjähriger lesender und kommentierender Begleiter meines Bestatterweblogs. Über einen meiner Artikel hat er sich geärgert und das in einem Kommentar kundgetan.

Daraufhin ergab sich eine wunderbare Diskussion zwischen ihm und mir. Diese fand ihren Höhepunkt, als Matthias den längsten jemals im Bestatterweblog abgegebenen Kommentar verfasste.
Mit seiner Genehmigung gebe ich diesen Kommentar hier im Dreibeinblog als eigenständigen Artikel wieder.

Entzündet hatte sich die Diskussion u.a., weil ich über Elon Musk sagte, er habe sich kindisch verhalten, und weil ich mich von den „AfDlern“ auf Twitter/X genervt fühlte. Wer mag, kann die gesamte Diskussion hier im Einzelnen verfolgen:

https://bestatterweblog.de/facebook-co/


Hallo Peter, ja, wir kennen uns schon eine ganze Weile, so virtuell. Leider hat es für mich nie zu einem Treffen oder einer Lesung gepasst. Deswegen habe ich den Kommentar auch erst geschrieben, weil mich das bei dir „juckt“. Andere dieser Art lese ich täglich viele und ignoriere sie. Ich mag ja deine spitze Feder und dass du auch mal klug austeilen kannst, hier hat mir die Klugheit gefehlt und ich habe mich auch angesprochen gefühlt.

Social Media funktioniert ja über Algorithmen und Vorschläge, und man bekommt immer das vorgeschlagen, mit was man interagiert. Du bekommst „Rechte“ in die Timeline gespült, ich hingegen viele Linksradikale. Es läuft entweder über Bestätigung, dass man die Leute vorgeschlagen bekommt, die ähnlich sind zu denen, denen man eh schon folgt. Oder über Interaktion, Leute, bei denen man kommentiert. Das ist mir passiert, ich rege mich über „Tweets“ auf, kommentiere, bekomme diese Leute und ähnliche daher umso mehr zu Gesicht. Der Algorithmus liebt das, und eigentlich täte es uns auch ganz gut, vermehrt mit anderen Meinungen konfrontiert zu werden. Ein gewisser Teil der Bevölkerung liebt aber das Blocken, definiert alle abweichenden Meinungen als „Verbrechen“ und ruhig sich auf jede Menge Selbstgefälligkeit aus.

Dieser Teil kübelt auch jede Menge Mist über Elon Musk auf seiner nun eigenen Plattform aus. Und mein Gott bin ich es satt, ihn in Schutz zu nehmen, er hat es ja auch nicht nötig. Er ist Exzentriker, gibt seinem Kind einen bescheuerten Namen, der sicherlich zu Mobbing führen würde, wenn es auf eine normale Schule ginge und nicht zufällig das Kind des reichsten Menschen der Welt wäre – alles kritikwürdig. Aber diese Klientel, von der ich sprach, nennen wir sie linke Bubble, ergötzt sich in den immer gleichen Kreiswichstweets die alle nur aus den gleichen Bausteinen bestehen. Wir = gut und klug. AfD, Querdullies, Elon = dumm und faschistisch, Twitter seit Musk unbenutzbar, blabla. Komischerweise leben diese Menschen von Patreon-Spenden, anstatt als reichste Menschen der Welt unser Verständnis von Raumfahrt zu revolutionieren, obwohl sie ja so viel klüger sind. Mehr kommt da auch nicht. Argumente austauschen gibt es in dieser Welt nicht. Da wird geblockt, der andere als dumm bezeichnet und schon ist die Welt für diese Leute in Ordnung. Man muss sich nicht mit etwas auseinandersetzen, was von AfDquerdeppennazis kommt. Und wenn eine Nachricht in der Bild erscheint, ist sie sowieso erstunken und erlogen. Und wenn dieselbe Nachricht dann vielleicht irgendwo anders aufgegriffen wird, ist sie doch gar nicht so schlimm oder spielt nur den Falschen in die Hände. Ein super Beispiel ist die Kommentarkette zu dem Angriff der Afghanen auf den Bestatter, die hier wenige Tage später kam.

Wo wir dann bei der AfD wären.
Was sind AfDler? Mitglieder der Partei? Ihre Wähler? Die aus Überzeugung oder die aus Protest? AfDler sind mittlerweile, je wie man das liest und definiert, 20%+ der Bevölkerung. Einige davon wechseln vermutlich zu Wagenknecht und Maaßen, sind also dann Geknechtete oder Gemaßregelte.

Jedenfalls fühle ich mich bei „AfDler“ angesprochen. Ich bin nicht Mitglied, aber Wähler, nicht so recht aus Überzeugung mittlerweile, denn die Partei hat sich in Teilen ziemlich radikalisiert und hat einige Unglanzgestalten dabei, aber auch viele Gute. Ich bin Wähler der ersten Stunde, damals noch unter Lucke, als die Partei als „Professorenpartei“ sarkastisch angegriffen wurde. Was wäre denn so schlimm an Professoren gewesen? Na ja, damals ging es um zu viel Bürokratie und Macht der EU, sinkende Kaufkraft wegen Euro und all das. Trotzdem war die Partei damals schon der Antichrist. Jetzt geht es um viel mehr, auch mir.

Ich erzähle dir mal was zu meiner Geschichte. Ich war nicht immer Matthias, ich hatte einen für deutsche Zungen recht konsonantenreichen Namen aus den östlichen Gebieten. Meine Eltern sind noch zu Zeiten des antifaschistischen Schutzwalls in den goldenen Westen gekommen, ich war ein Kind. Wir konnten alle kein Deutsch, aber haben es gelernt. Mir fiel es leichter als meinen Eltern, aber die haben sich auch gut bemüht und sich nicht lange mit Kursen aufgehalten, sondern sind gleich arbeiten gegangen, und sei es als Putzfrau. Die Sprache kam dann automatisch. Die Vornamen wurden gewechselt, um uns besser zu integrieren. Um mehr dazuzugehören. Mittlerweile bereuen wir es.

Ich bin in Berlin aufgewachsen, sehr bunt alles. Viele Nationalitäten auf der Schule und auf der Straße, alles sehr multikulti. Mein bester Freund war Syrer. Mit dem Erwachsenwerden gab es erste Belästigungen, Beleidigungen, sonstige Angriffe oder mulmige Gefühle von ganz bestimmten Bevölkerungsgruppen. Trotzdem bei der ersten Wahl grün gewählt, man will ja zu den Guten gehören.

Studiert, promoviert, angefangen zu arbeiten. Fast forward 20 Jahre. Wie hat sich das Land gewandelt?

Ich habe einen guten Job gehabt. Zuletzt in der Firma aufgestiegen und jemanden ersetzt, der in Rente gegangen ist. Altvertrag, Aktienpakete, er ist Millionär und hat sich zum Ruhestand ein riesiges Haus gekauft für sich und seine Frau. Ich: nicht schlecht verdient laut Zahl ganz oben auf dem Gehaltszettel, was ganz unten als Überweisungsbetrag steht, ist vergleichsweise traurig. Davon kommen noch Miete, Heizung und und und ab, in einer der teureren Gegenden von Deutschland. Da, wo in den Kleinanzeigen der Zeitungen Tausende Euro für die Vermittlung einer Wohnung versprochen wird. Ich werde mir nie ein Haus leisten können, nicht am Arbeitsort zumindest. Ich lebe „nicht schlecht“, aber wozu soll ich mir den Hintern bei einem doch recht stressigen Job aufreißen, wenn die Aussicht für den Rest des Lebens darauf besteht, über die Hälfte des Jahres für einen Staat zu arbeiten, der mein Geld verschleudert, den Leuten mit der Gnade der frühen Geburt ihren Ruhestand mit meiner Miete zu vergolden, während ich selber keinen Ausblick auf Haus und Grund habe, und dann trotz hoher Beiträge im Alter in Armut leben zu müssen?

Ich habe mich in eine Frau aus Fernost verliebt. Ging gut, bis „Corona kam“. Grenzen zu, beidseitig. Ich durfte nicht zu ihr, sie nicht zu mir. Nach einem halben Jahr schrecklichster Ungewissheit, wie es weitergehen soll, haben wir uns entschieden, zu heiraten. Es war die einzige Möglichkeit. Ein weiteres halbes Jahr lang, und das war noch schnell, haben wir zig Briefe und Dokumente per Express zwischen Deutschland und Asien hin und her geschickt, Hunderte Euro allein an UPS, Hunderte Euro an Übersetzer, an deutsche Verwaltungen auch, bis wir uns wiedersehen und heiraten konnten. Mit drei Gästen zu diesem Zeitpunkt. Und das war schon einer zu viel, wegen der heiligen Regeln. Ich musste Verpflichtungserklärungen unterschreiben, Wohnraum nachweisen, und für sie aufkommen.

Währenddessen reisten insbesondere seit 2015 Millionen Menschen nach Deutschland ein, Pass i.d.R. weggeworfen, Zauberwort Asyl und bekommen Unterhalt, Wohnung, Geld. Es werden Neubauten für sie gebaut, während ich mich um Wohnungen fast „prügeln“ musste, Altersheime geräumt und Hotels gebucht, um sie zu völlig überteuerten Preisen irgendwo unterzubringen. Ein paar Gutmenschen unterschrieben Verpflichtungserklärungen für einige „Flüchtlinge“ und waren dann völlig überrascht, dass sie zahlen sollten. Das ging natürlich nicht, die Politik hat interveniert und die Kosten auch dafür übernommen. Völlig absurd, einfach irre! Und diese Leute, die sich im besten Fall einfach nur aushalten lassen und im schlimmsten Fall kriminell werden, werden uns als dringend benötigte Fachkräfte verkauft. Ich habe auf Sansibar Urlaub gemacht, mein erstes Mal „richtiges Afrika“, Urlaubsparadies, weißer Strand unter Palmen, chillige Leute, Party jeden Abend, da komme ich mit einem Lokal ins Gespräch und er erzählt, wie gern er mal nach Europa kommen würde. Er hätte sich auch schon überlegt „to go to Germany as a refugee“. Was bedeutet dieses Wort bitteschön noch, wenn das für einige Leute die Umschreibung für finanzierten Urlaub ist?

Wir stehen im Wettbewerb mit Belgien um die höchste Steuerlast der Welt, bekommen dafür marode Schulen, immer marodere Infrastruktur, Millionenzuwanderung in die Sozialsysteme, steigende Kriminalität, Wohnungsnot, hohe Energiepreise, lähmende Bürokratie und die Regierung und große Teile der Bevölkerung haben nichts Besseres zu tun, als sich an der Opposition abzuarbeiten. Wir haben einen Kanzler, der mit „We Remember“ Schild an den Holocaust erinnert und dabei die AfD im Blick hat, aber sich an keine Details des größten Steuerskandals (von dem wir wissen) erinnern kann, an dem er maßgeblich involviert war. 10 Milliarden Euro für CumEx. Wir haben eine SPD-Vorsitzende, die süffisant sagt, sie gebe beim Einkaufen ja auch Geld aus und zahle dabei Mehrwertsteuer, und würde daher die Kassiererin finanzieren. Eine Grünen-Vorsitzende, die im Leben nicht richtig gearbeitet hat, uns dem Land die Welt erklären will. Wir haben eine SPD-Innenministerin, die offen mit Linksradikalen arbeitet und ihre eigene Behörde gegen politische Gegner einsetzt. Einen Verfassungsschutz, der ihr und anderen Ministerien unterstellt ist und seinen ehemaligen Vorsitzenden beobachtet, weil er „rechtsradikal“ sein soll. Wir hatten eine Kanzlerin, die eine Wahl „rückgängig machen“ wollte, deren Ausgang ihr nicht gefallen hat. Wir haben eine Klima-Außenministerin, die die Flugbereitschaft mehr nutzt als alle anderen und deren Lebenslauf wie oft, 20-Mal überarbeitet werden musste, weil ständig Lügen auffielen? Wir hatten einen Verkehrsminister, der wegen schlechter Verträge den Steuerzahler einfach so mal eben 300 Millionen Euro gekostet hat. Wir hatten eine verwirrte Oma als Verteidigungsministerin, die mit ihrem Sohn Helikopterfliegen gespielt hat, weil niemand diesen Posten als wichtig empfunden hat, bevor die Ukraine angegriffen wurde. Davor war der Posten auch beliebt als Quotenfrauen-Parkplatz, unter anderem mit Flinten-Uschi, die jetzt ohne je vom „Souverän“ gewählt worden zu sein, EU-Kommissionspräsidentin ist. In dieser Position bestellt sie mindestens 8 Impfdosen für jeden Europäer per SMS und löscht diese. Wir haben eine Regierung, die keinen verfassungsmäßigen Haushalt hinbekommt, einen Gesundheitsminister, der gegen ungeimpfte Pflegekräfte hetzt („Sie haben keinen Beitrag geleistet!“), überhaupt einen halben Bundestag, der sich auf’s Übelste gegen Leute geäußert hat, die sich gegen die mRNA-Impfung entschieden haben, wir haben eine FDP-Spitzenkandidatin, die AfD als Scheißhaufen und die Wähler als Schmeißfliegen bezeichnet, ich glaube es war Olaf Scholz, der sie als Rattenfänger bezeichnet hat. Wir haben eine Regierung, die zur Demonstration gegen die Opposition aufruft, dort hinter Plakaten mitmarschiert, wo „AfDler töten!“ draufsteht, die größte Oppositionspartei verbieten möchte, und dafür unter anderem ein ominöses „Geheimtreffen“ heranzieht, an dem mehr CDU- als AfD-Mitglieder teilgenommen haben.

Ich könnte noch lange weitermachen, aber irgendwann muss ich mal zum Punkt kommen. Der Punkt ist, ich bin hier weg. Ich halte es hier nicht mehr aus. Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet in Deutschland der Faschismus Fuß fassen konnte. Millionen Menschen gehen mit der Regierung auf die Straße, um gegen eine Oppositionspartei zu marschieren, die noch nie an der Macht war, aber für alles verantwortlich sein soll. Es wird offen zu Gewalt, sogar zu Mord aufgerufen, aber weil es von der „guten Seite“ kommt, weitestgehend ignoriert. Ich habe den Geist des Faschismus die letzten Jahre selber erleben müssen, als ich mich nach reiflicher Überlegung gegen die Corona-Impfung entschieden habe. Ich wurde entmenschlicht, zum Sündenbock erklärt, im öffentlich-rechtlichen (!!!) Rundfunk als Ratte und Blinddarm beleidigt, durfte meine Frau ein Jahr lang nicht sehen, keine richtige Hochzeit feiern, monatelang nicht am öffentlichen Leben teilnehmen und mir ebenfalls monatelang jeden Morgen ein Stäbchen in die Nase rammen lassen, um arbeiten gehen zu dürfen. Währenddessen diskutierte die Politik, welche Rechte ich überhaupt noch haben dürfte, ob ich 5000 Euro Zwangsgeld zahlen oder vielleicht sogar in Beugehaft gesteckt werde, und am Ende zu der Injektion verpflichtet werden sollte. Meine Kollegen fragten mich aus, warum ich denn bitte nicht geimpft bin, und manche Freunde sagten auch ständig, dass ich mich endlich beugen soll.

Ich verstehe jetzt, wie das damals passieren konnte. Und ich habe keine Lust darauf. Ich habe meine Zelte in Deutschland weitestgehend abgebrochen und bin jetzt seit einigen Monaten im Heimatland meiner Frau. Wir kommen zurück nach Europa, aber gehen in mein Heimatland. Dort baue ich mir was Neues auf, vielleicht gehen wir auch ganz woanders hin, mal schauen. Auf jeden Fall bin ich aber fertig mit Deutschland. Macht ihr hier nur weiter den Buhmann von der AfD verantwortlich, während das Land zugrunde geht und sich die Mehrheit der Frauen nachts nicht mehr sicher fühlt. Es sind nicht meine Kinder, die in diesem Land werden leben müssen.

Bildquellen:
  • man-in-thailand: KI generiert Peter Wilhelm

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Spitze Feder – Spitze Zunge

Diese Kolumne schreibt vorwiegend Peter Grohmüller seine Gedanken zur Welt und dem Geschehen unserer Zeit auf.
Seine fein geschliffenen „Ergüsse“ – wie er selbst sie nennt – erfreuen sich großer Beliebtheit.

Hin und wieder erscheinen in dieser Kolumne auch Beiträge anderer Autoren, die dann jeweils entsprechend genannt werden.

Die Texte sind Satire, Kommentare und Kolumnen. Es handelt sich um persönliche, freie Meinungsäußerung.

Für die Texte ist der jeweilige Autor verantwortlich.

Lesezeit ca.: 15 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 1. Februar 2024 | Gast-Autor 1. Februar 2024

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