Spitze Feder

Zeus hat fertig

Satire

von Peter Grohmüller

Satire ist ja bekanntermaßen eine Spottdichtung. Sie umschreibt einen abscheulichen Sachverhalt, den man nicht ändern kann, in dem sie ihn ins Lächerliche zieht, ohne damit jedoch dessen Widerwärtigkeit automatische in Frage zu stellen. Ist dieser feine Spott somit eine Art intellektueller Notwehr? Ein Ausdruck schierer Verzweiflung? Oder gar der Resignation? Möglicherweise von jedem etwas? Seit Generationen reibt sich das politische Kabarett mit Leidenschaft an den Protagonisten der real existierenden Politik und an deren erbärmlichem Output.

Doch das Wahlvolk klatscht den vergeblich sich abmühenden tragischen Helden wie Dieter Hildebrandt, Volker Pispers, Henning Venske, Georg Schramm & Co jovial bis schenkelklopfend Beifall, und es ist sich dabei ganz sicher, trotz der über Jahrzehnte erwiesenen Sinnlosigkeit dieses Gedankens, dass nach der nächsten Wahl definitiv alles besser wird…mit dem gleichen Personal…was zum Geier muss man sich eigentlich reinziehen, um so unterwegs zu sein, um diese Knallchargen immer wieder zu wählen?

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Als Agnostiker hat man, zumindest spirituell betrachtet, einige Vorteile. Während sich sowohl Atheisten, als auch Theisten jedweder Couleur mit a priori nicht beweisbaren Thesen herum- und sich im äussersten Fall darüber die Köpfe einschlagen, lehnt sich der Agnostiker zurück und sagt: Kann schon sein…muss aber nicht, oder? Die Extremform des Agnostikers kommt übrigens aus dem Linksrheinischen, genauer gesagt: Aus Köln-Chorweiler, deren Vertreter zu dem ganzen Hick-Hack um Vishnu, Buddha, Gott, Allah, Jehova oder wie auch immer, einfach nur lakonisch anmerken: „Dat is mir allet scheißejaal“.

Um es rechtsrheinisch und etwas weniger derb auszudrücken: Ich glaube zwar weder an einen Gott, oder gar an mehrere, weil die Implikationen der göttlichen Schöpfung meines Erachtens völlig hanebüchen sind, wenn man die Realität betrachtet; aber ich schließe die Existenz „höherer Wesen“ nicht aus, weil man diese Annahme nun mal nicht widerlegen kann. Und natürlich respektiere ich alle, die an Götter und an deren Macht glauben; trotz der zahllosen Widersprüchen, die sämtlichen Religionen de jure innewohnen, solange man mich mit dem ganzen Zinnober in Ruhe lässt.

Betrachtet man beispielsweise den Vers 28 aus dem 1. Buch Mose, Kapitel 1, der da lautet: „Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan“. Abgesehen von der etwas hölzernen Formulierung, sollte man doch davon ausgehen, dass jeder gläubige Christenmensch hier sagen müsste: „Danke Chef, geiler Planet, werde ich tun“. OK, meinetwegen würde er dies in einer etwas gehobeneren Ausdrucksweise formulieren, aber sinngemäß doch schon, oder?

Statt dessen bringen sich die Vertreter des Homo Sapiens seit Jahrtausenden mit immer perfideren Methoden im Namen irgendwelcher Götter gegenseitig um die Ecke und machen sich die Erde zur Müllkippe, oft nur einen Steinwurf entfernt von ihren Tempeln. Das alles spricht meiner Meinung nach massiv gegen die fromme These eines göttlichen Plans und der Möglichkeit des Eingreifens „von ganz Oben“, oder?

Also wäre ich jener allwissende, allmächtige Schöpfer und Vermieter des Planeten in Personalunion, würde ich mir heutzutage noch ganz anderer Dinge einfallen lassen, wie zu Zeiten des ollen Moses. Die Heuschrecken, die Dürre, der Hagel, die Pestilenz und das ganze andere apokalyptische Gedöns, sie alle haben definitiv nicht gereicht, um die Schweinebrut dauerhaft zur Raison zu bringen.

Und weil nix passiert und die Sache immer mehr in Richtung Scheiße tendiert, habe ich gestern während eines Mittagsschläfchen einfach mal den ollen Zeus angerufen und ihn gefragt, ob er da nicht allmählich mal in die Gänge kommen wolle. Ich spreche zwar kein Altgriechisch und wollte deshalb als Dolmetscher den Herrn Karl-Friedrich von und zu vorschlagen, aber Zeus meinte, das ginge schon in Ordnung so, und dass er auf den gegelten Fatzke liebend gerne verzichten könne. War ziemlich dumm von mir, denn natürlich spricht und versteht man da oben ALLE Sprachen!

Zeus sagte, man säße just in diesem Moment beisammen und berate die Situation. Dabei läge von den Kollegen Ares und Mars sogar schon der Vorschlag auf dem Tisch, einfach wieder einen ordentlichen Kaventsmann ins Nördlinger Ries krachen zu lassen und das Thema Menschheit damit final zu beenden. Aber der Kollege Jupiter aus Rom, so ein langhaariger Typ namens Manitu aus Nordamerika, dann der mit den vielen Namen und die anderen 330 Millionen Götter aus Indien…alle bestünden auf einer gründlichen, dialektischen Erörterung der komplexen Problematik, an deren Ende eine demokratische Entscheidung unter Einbeziehung aller Gesichtspunkte, bla, bla, bla…

„Sorry, Erding“, sagte Zeus dann völlig abgenervt, „wie Du weißt, bin ich ja von Haus aus Grieche, nicht wahr? Und meine Leute haben die Demokratie damals ja erfunden. Aber ich fand die Idee von Anfang an ziemlich scheiße, und jetzt ist der ganze Olymp voller Korinthen-Kacke und wir haben den Salat. Ich sag Dir, das geht mir so was von auf den Lorbeerkranz, das glaubst Du garnicht“.

Dann meinte er noch, dass das göttliche Palaver schon noch einige Zeit dauern könne. Es gäbe da noch Wortmeldungen von einem gewissen Odin, den man bislang nicht einmal auf dem Schirm hatte. Also aus irdischer Sicht könne man frühestens so in etwa 100 Millionen Jahren mit einer Entscheidung rechnen. Er werde sich jetzt erst mal mit seiner drallen Hera zurückziehen und sich ein paar Liter Ambrosia zum gegrillten Feta reinschütten und danach vielleicht noch ein paar Halbgötter zeugen. Zum Abschluss des Gesprächs riet er mir, mich locker zu machen und für den Rest meines irdischen Daseins zu versuchen, mit dem Arsch an der Wand zu bleiben. Seine letzten Worte, bevor ich aufwachte, waren:

„Sag den anderen Erdlingen: Zeus hat fertig“.

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    Spitze Feder – Spitze Zunge

    Diese Kolumne schreibt vorwiegend Peter Grohmüller seine Gedanken zur Welt und dem Geschehen unserer Zeit auf.
    Seine fein geschliffenen „Ergüsse“ – wie er selbst sie nennt – erfreuen sich großer Beliebtheit.

    Hin und wieder erscheinen in dieser Kolumne auch Beiträge anderer Autoren, die dann jeweils entsprechend genannt werden.

    Die Texte sind Satire, Kommentare und Kolumnen. Es handelt sich um persönliche, freie Meinungsäußerung.

    Für die Texte ist der jeweilige Autor verantwortlich.

    Lesezeit ca.: 7 Minuten | Tippfehler melden | Peter Grohmüller: © 27. Februar 2018 | Revision: 16. Januar 2024

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