von Peter Grohmüller
Im beschaulichen Herxheim in der lieblichen Pfalz gibt es, wie in vielen beschaulichen Gemeinden in der lieblichen Pfalz, eine Kirche. Und im Turm dieser Kirche hängt eine Glocke. Das wäre jetzt zugegebenermaßen kein wirklicher Aufreger, handelte es sich bei besagter Glocke nicht um ein veritables Politikum in Sachen Doppelzüngigkeit, über dessen Fügung möglicherweise dereinst der UN-Sicherheitsrat zu entscheiden hat. Es sei denn, man jagte allen Beteiligten schnellstmöglich eine 100 mg Dosis Valium in die Arschbacken, damit sie zur Besinnung kommen.
Die gemeine Glocke als solche ist ja nix anderes, als ein durchdacht designtes Gefäß aus gegossenem Metall, in der christlichen Sakralbaukunst zumeist aus Bronze hergestellt. Je nach Baugröße und Masse emittiert die Glocke Töne unterschiedlichster Höhe, wenn man auf ihren Rand mit einem Klöppel schlägt. Dabei gilt das erste Glockengesetz: Kleine Glocke = heller Klang, große Glocke = tiefer Klang. Ich gebe zu, dass ich zum Zwecke der Aufheiterung dieses Glockengesetz frei erfunden habe. Aber erstens hört es sich durchaus plausibel an, und zweitens ist das Verhältnis von Baugröße und Klangfarbe bei Glocken tatsächlich so.
Besagte Glocke im Herxheimer Kirchturm in der lieblichen Pfalz läutet nach diesem physikalischen Grundsatz seit anno 1934, also seit mittlerweile 84 Jahren, und ruft mit ihrem geräuschvollen Tun die Gläubigen zum sonntäglichen Gebet und natürlich zur Kollekte. Jetzt, nach über 80 Jahren, hat man vermutlich bei einer Ortsbegehung des Glockenturms aufgrund einer Population seltener Rotarsch-Hornkäfer oder Ähnlichem entdeckt, dass sich auf der Glocke ein Relief mit Hakenkreuz nebst völkisch gedichtetem Dreck aus anno-dunnemal befindet. Quasi himmlisch sphärische Klänge mit eingegossener brauner Scheiße, wie es nun mal im tausendjährigen Reich so Usus war, wenn Adolf Selig das Portemonnaie zückte, um seine Volksgenossen mit einer Glocke zu beglücken.
Ich war beruflich schon einige Male in Herxheim; dummerweise zu Zeiten, in denen diese Glocke nie läutete. Insofern kann ich mir über die Qualität des Glockenklangs, die hörbaren Obertöne, die Terzen, bla, bla, kein Urteil erlauben. Gleichwohl klingt mir seit einiger Zeit die verlogene Debatte um die „Hitler-Glocke“ enervierender im Ohr, als all die Glocken, die am Sonntagmorgen in aller Herrgottsfrühe einen Höllenlärm veranstalten, um mich aus dem Bett zur Toilette zu scheuchen und in den Kirchen die Bänke für die Kollekte zu füllen.
Um diesen unappetitlichen Zierat zu beseitigen und die Gemüter zu kühlen, hätte man einfach einen Hobbyschlosser nach Feierabend mit einem 230er Winkelschleifer auf den Herxheimer Glockenturmturm schicken können. Für einen schlanken Hunni bar auf die Kralle, nebst einer Portion Saumagen und ein bis drei gut eingeschenkte Riesling-Schorle hätte der Gute den ganzen Dreck weggeflext. Die Glocke würde ohne Hakenkreuz und Nazi-Lyrik vermutlich noch genauso klingen. Anschließend hätte der erzbischöfliche Dompfaff, oder wer auch immer von Amts wegen für Zweitsegnungen zuständig ist, eine Pulle Weihwasser drüber geschüttet, ein Vaterunser gemurmelt, und die Sache wäre gegessen, wie der Saumagen des netten Hobbyschlossers. Keine Sau verlöre über das Thema auch nur eine weitere Silbe.
Dummerweise ist das ganze Nazi-Brimbamborium aber nun mal total angesagt und sorgt in den Medien für einen nie versiegenden Strom journalistischen Lebenselixiers namens Quote. Der öffentlich-rechtliche Dritte-Reich-Ober-Gelehrte Prof. Dr. Guido Knopp arbeitet sich an dem Thema ja bekanntermaßen seit 1984 ab. In dem Historiensender ZDF-Info präsentiert er in einer Endlosschleife beinharte Fakten aus dem Leben des Gröfaz und seiner Entourage auf dem Obersalzberg. Man munkelt, Knopp habe sich mit seinem Gesülze über Adolfs Vegetarismus und Eva Brauns Hang zu extravagantem Bade-Outfit eine goldene Nase verdient und ließe sich in seinem Domizil in der Toskana gerade den Aussenpool neu fliesen. In schwarz-weiß-Rot? Festzuhalten bleibt, dass alles, was mit Nazigedöns auch nur im Entferntesten zu tun hat, oder damit irgendwie in Zusammenhang gebracht werden kann, von den Medien geifernd zum Politikum hochgejazzt wird und die Hirne der Beteiligten auf die Größe einer Heino´schen schwarzbraunen Haselnuss schrumpfen lässt.
Es steht ausser Frage, dass das Hakenkreuz im öffentlichen Raum nichts zu suchen hat. Zumal die Nazis, nebenbei bemerkt, dieses hoheitliche Emblem dreist von den Hindus abgekupfert hatten, deren Pendant, die Swastika schon über 10.000 Jahre alt ist. Wie dem auch sei: Das Hakenkreuz steht, wie kein zweites Zeichen aus dem tausendjährigen Reich, als Synonym für die unfassbaren Verbrechen des Naziregimes und seiner Unterstützer aus den Reihen deutscher Banken und Großindustrieller…über die der arrivierte Groß-Historiker Knopp seltsamerweise kein Wort verliert.
Ich kann durchaus nachvollziehen, dass man im beschaulichen Herxheim in der lieblichen Pfalz gerne seine Ruhe zum Riesling hätte und die Nazi-Kunst auf der Glocke nicht als mediale Attraktion verstehen möchte. Vielleicht mit Ausnahme einiger der 14,8% AfD-Wähler, die man, im Gegensatz zu besagtem Klangkörper, ab und an in den Herxheimer Gassen sogar zu Gesicht bekommt. Man könnte jetzt natürlich sagen, die Herxheimer sollten doch die inkriminierte Glocke einfach einschmelzen und aus der Bronze-Suppe eine neue gießen lassen, ohne dämliche Inschrift. Die paartausend Euro könnten sie locker aus dem arisierten Vermögen bezahlen, mit denen die Kirchen im tausendjährigen Reich fetten Reibach eigefahren haben.
Aber wäre der ekelhafte Spuk damit beendet? In Herxheim vielleicht. Aber was würde aus der eingangs erwähnten Doppelzüngigkeit? Nach Recherchen des Berliner ARD Magazins „Kontraste“ wurde auf einer offiziellen Veranstaltung der Bundeswehr zum Volkstrauertag Liedgut der Waffen-SS vorgetragen. Ein deutscher Forschungspreis für Militärhistoriker ist nach einem ehemaligen SS-Mitglied benannt und zahlreiche Bundeswehrkasernen tragen heute noch die Namen ehemaliger Wehrmachtsoffiziere, die in die nationalsozialistische Rassen- und Eroberungspolitik verstrickt waren. Im Ehrenhain eines Ausbildungszentrums drapieren Bundeswehrsoldaten Kränze für Wehrmachtsdivisionen, darunter auch für berüchtigte Eliteeinheiten und, und, und.
Dr. Ursula Gertrud von der Leyen, zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl und schnell wie ein Windhund, als amtierende Bundesministerin der Verteidigung von Amts wegen gleichermaßen zuständig, wie verantwortlich für diese Geschmacklosigkeiten, trifft sich auf der Münchner Sicherheitskonferenz unter wohlwollenden Berichterstattung sämtlicher deutscher Leitmedien mit den übelsten Bellizisten des Planeten, faselst en Suite von ihrer widerlichen Herrenmenschenattitüde und fordert weitere Milliarden für die Bewaffnung der Bundeswehr und deren uneingeschränkten weltweiten Einsatz, als fände das Treffen nicht im mondänen Hotel Bayerischer Hof zu München sondern einen Kilometer Luftlinie entfernt in der Feldherrnhalle statt.
Ich denke, dass man von Ursula der Leyen und dem ganzen anderen widerlichen Pack wie Gauland, Höcke & Co einfach mal voll eins auf die Glocke hauen sollte. Denn unser freundlicher Herxheimer Freizeitschlosser mit seinem 230er Winkelschleifer ist angesichts einer solch überwältigenden Masse an Nazi-Gedankengut hoffnungslos überfordert.
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