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VINE Produkttester – Amazon Rezensionen

Vine

Liest man die Rezensionen bei Amazon, stößt man über kurz oder lang auch auf Rezensionen von sogenannten VINE-Produkttestern, von Amazon VINE Voices genannt. Das VINE-Programm von Amazon sorgt dafür, dass von Amazon ausgewählte Rezensenten kostenlose Produkte erhalten, um dann darüber eine Produktbewertung abzugeben.

Was ist das VINE-Produkttester-Programm?

Sinn und Zweck des VINE-Programmes ist, dass Menschen, die durch häufige gute und sachliche Rezensionen aufgefallen sind, verlässliche Bewertungen abgeben. Die Zahl und die Qualität der Rezensionen will Amazon dadurch steigern.
VINE-Produkttester sollen ein Gegengewicht zu den vielen sinnlosen, von dummen Menschen abgegebenen, von durch Gutscheine geköderten Positivrezensionen und den vielen Fake-Bewertungen darstellen.
So gesehen ist das Vineprogramm eine grundsätzlich einmal gute Idee, gibt es doch Laien die Chance, ihre unverblümte und echte Meinung zu Produkten abzugeben.

Amazon sagt dazu:

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Amazon Vine ist ein Programm, das nur auf Einladung verfügbar ist und die aufschlussreichsten Rezensenten im Amazon-Shop als Vine Voices auswählt. Vine Voices haben die einzigartige Möglichkeit, Artikel kostenlos zu bestellen und ihre Produkterfahrungen mit Amazon-Kunden zu teilen, um ihnen zu helfen, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen.

Es gibt Kritik am VINE-Programm

Allerdings hat die ganze Sache einen Haken. Die VINE-Tester freuen sich natürlich über kostenlose Produkte. Wer bekommt nicht gerne etwas geschenkt?
Aber daraus erwächst auch ein grundsätzliches Problem. Viele dieser Tester scheinen zu glauben, sie müssten die geschenkten Produkte per se positiv bewerten, um nicht bei Amazon in Ungnade zu fallen, oder vielleicht keine Geschenke mehr zu bekommen.
Das ist natürlich nicht so, Amazon legt Wert darauf, dass fair und ehrlich bewertet wird und möchte ausdrücklich keine geschönten Produktbewertungen. Aber wir kennen das von vielen YouTube-Influencern, dass mit geschenkten Produkten oft auch in vorauseilendem Gehorsam eine gute Besprechung abgegeben wird.

Beispiel für „sehr schöne“ Bewertung

Dass sich das auch bei VINE-Testern zeigt, kann man allenthalben lesen. Nehmen wir hier mal beispielhaft eine Rezension über ein beliebiges elektronisches Gerät. Sie stammt von einem „VINE-PRODUKTTESTER“:

5,0 von 5 Sternen
Optischer Hingucker, der mit guter … und vielen Einstellmöglichkeiten aufwarten kann

besticht schon auf den Produktbildern
erstaunlich kompakt
kann einfach ausgerichtet werden
Gut an der Form ist
Die Qualität des Materials ist gut
die Hochglanz Oberfläche wirkt robust und hochwertig.
funktioniert zuverlässig
Ein gut funktionierender …
der mehr bietet als viele Konkurrenzprodukte
kann umfangreich angepasst werden
Es gibt … nichts zu meckern,
von daher 5 Sterne.

Ein Negativmerkmal wird „immer“ gefunden

Jubel und Superlative kennzeichnen diese Rezension, die nur stellvertretend für unendlich viele andere VINE-Rezensionen steht.
Der typische VINE-Produkttester jubelt aber niemals ausschließlich, sondern beschreibt auch immer irgendeinen Mangel oder etwas, was ihm nicht so gut gefällt. Dann wirkt das Schöngeschwurbel echter, meinen wohl viele.
So schreibt dieser Tester zu dem Produkt auch noch über ein Negativmerkmal:

„Nachteil der Konstruktion ist, dass die Standfläche relativ klein ist und man ihn besser durch Doppelseitiges Klebeband fixiert. Gut an der Form ist, dass er auch mittels Klebeband in Ecken montiert werden kann.“

Ich kenne und verwende dieses Produkt übrigens auch. Es wird auch ein doppelseitiges Klebepad mitgeliefert, denn zum einfachen Hinstellen ist es schlichtweg nicht gedacht. Aber genau das „bemängelt“ der VINEer, schreibt dann aber völlig konfus, dass er die Möglichkeit der Verwendung eines Klebebandes gut findet.

Oft keine Ahnung von gar nichts

Zwar dürfen die VINE-Voices Produkte zum Testen bestellen, aber über die genaue Produktauswahl schweigt Amazon sich auf der Beschreibungsseite des VINE-Clubs aus. Es steht zu vermuten, dass die Tester natürlich nicht die freie Auswahl aus allen Produkten haben, sondern aus einem speziellen „VINE-Angebot“ auswählen dürfen.
Ganz offensichtlich bestellen oder bekommen die Produkttester*innen auch immer mal wieder Produkte zum Testen, die sie gar nicht gebrauchen können. Ja manchmal wollten sie die gar nicht haben und noch offensichtlicher verstehen die Tester vom zugesandten Produkt auch überhaupt nichts.
Da sind die pflichtschuldig für das Geschenk abgegebenen Bewertungen oft nur hingeschludert oder strotzen von Unkenntnis. Hier finden sich dann auch besonders viele Texte, die „die schöne und stabile Verpackung“, „den guten Geruch nach neuer Elektronik“ oder „die wie immer schnelle Lieferung“ beschreiben. Mit anderen Worten: Dummes Gewäsch.

Landen die Testmuster bei Ebay?

Nun, für die Tester ist es ein schöner Zusatzverdienst. Denn, auch wenn es wahrscheinlich nicht erwünscht ist, steht zu vermuten, dass die kostenlos überlassenen Produkte vielfach anschließend ihre Weg zu Ebay oder anderen Verkaufsbörsen finden

Fazit zum VINE Club von Amazon

Glauben wir an das Gute im Menschen? Oder bewirkt Habgier hier Schlechtes? Man weiß es nicht. Man kann aber ein gewisses Gefühl entwickeln, wenn man die Vine-Rezensionen liest.
Die Sache hat, das muss man ganz klar sagen, ein gewisses G’schmäckle, wie man im Ländle sagt.
Denn es handelt sich bei den ausgewählten Testern ja um Laien, die den ganz normalen Einflüssen und Beeinflussungen ausgesetzt sind. Inwieweit sich da echte, neutrale und faire Bewertungen ergeben, bleibt fraglich.
Es steht ja schließlich zu vermuten, dass es die Anbieter sind, die letztlich durch das Bereitstellen von Geschenk-Produkten die Bewertungen allein schon durch diese Bereitschaft steuern. Anbieter, die das nicht mitmachen, gehen bei den durch solche Maßnahmen erzielten Bewertungen, so kann man glauben, leer aus.

Gehen wir mal davon aus, dass eine Großzahl an VINE Voices sich tatsächlich Mühe gibt, ehrlich bewertet und Freude daran hat, anderen bei der Produktauswahl zu helfen. Die Vielzahl der extrem blöden und auch jubelnden Bewertungen, die ich schon gelesen habe, lässt aber auch etwas anderes erkennen.

Bildquellen:
  • vine: © Amazon


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In der „Servicewüste“ navigieren wir durch die oft trockenen Landschaften des Einzelhandels, der Behörden und des Online-Shoppings, wo Kunden sich vernachlässigt oder ungerecht behandelt fühlen. Diese Rubrik beleuchtet prägnante Beispiele solcher Erfahrungen. Doch es geht nicht nur um Kritik: Wir heben auch jene Oasen hervor, wo Unternehmen sich durch außergewöhnlich guten Service abheben und beweisen, dass eine „Servicewüste“ nicht die Norm sein muss.

Entdecken Sie mehr darüber, wie einige Marken es schaffen, in einer Welt voller Herausforderungen positiv aufzufallen.

Lesezeit ca.: 7 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 18. Dezember 2022

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