Gedanken zur Religionsfreiheit in der Bundesrepublik
Nach siebzehn barbarischen Morden in Frankreich, begangen von eiligst identifizierten Islamisten, wahlweise auch radikalislamischen Terroristen, Salafisten oder auch Dschihadisten – es herrscht bei der Suche nach einer EN-ISO-Vokabel leider noch kein Europäischer Konsens – ist hektische Betriebsamkeit in den bräsigen Berliner Politikbetrieb eingekehrt. Es gilt, die Gunst der Stunde zu nutzen. Daher ist leider keine Zeit, innezuhalten und das Unfassbare mit den bekannten Mustern der Szene zu vergleichen.
Die Protagonisten überschlagen sich mit Verständnis für die Gefühle der Opfer und der heiligen Pflicht, die Muslime nicht pauschal mit den Tätern gleichzusetzen. Die rechtsstaatlich gebotene Sorgfaltsplicht der Behörden bis zu einer abschließenden forensischen und juristischen Klärung des Vorfalls musste ob der medialen Chancen auf weltweite Aufmerksamkeit leider außer Kraft gesetzt werden. Wir bitten hierfür um Ihr Verständnis.
Untergehakt in einer imposanten Reihe der schieren Macht, demonstrierten die eilends eingeflogenen Staatsoberhäupter aus aller Damen und Herren Länder geschlossene Betroffenheit, drängten sich als höchst überflüssige Speerspitze eines Millionen zählenden Demonstrationszuges in der französischen Hauptstadt in den Vordergrund und ließen den schockstarren Franzosen nicht mal die Gelegenheit zur stillen Trauer ohne Medienterror.
Zu Hause angekommen verschwendet die emsig wuselnde Bundes-Raute keine Minute Sendezeit und wärmt eine sinnfreie Verbalsoße des peinlichsten aller bisherigen Bundespräsidenten wieder auf, demzufolge der Islam zu Deutschland gehöre. Übertönt vom empörten Veto des erzkonservativen CDU-Flügels nebst chronologisch verdrehtem Hinweis auf die christlich-jüdische Kultur des Abendlandes, graben die Law-an-Order-Vollpfosten händereibend wieder den ranzigen Balg der Vorratsdatenspeicherung aus den politischen Schlachtabfällen, kurzum: man kann mit einer deftigen Prise Zynismus feststellen, dass die Morde gerade zur rechten Zeit kamen. Man muss die Ängste in der Bevölkerung jetzt unbedingt am Köcheln halten – dann hören die Bürger nämlich nicht richtig zu, sondern ziehen es vor, zu beten. Flankiert von Horrormeldungen in der medialen Endlosschleife lassen sich die großen Sauereien wie CETA, TTIP und das unablässige Schleifen der Grundrechte eventuell noch en passant und diskret in trockene Tücher bringen.
Aber was bitteschön hat dies denn alles mit der Religionsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland zu tun? Mal abgesehen davon, dass ausschließlich von Christen, Juden und Muslimen die Rede ist – die kleineren Anbieter des Seelenheils wie Jehovas Zeugen, Pfingstgemeinden, Hindus, Buddhisten etc. werden aus unerfindlichen Gründen ausgeklammert – sind Religionen ein geradezu geniales Instrument zur Manipulation der Massen. Man kann sie je nach Bedarf gegeneinander ausspielen, aufeinander loshetzen, oder mit ihnen gemeinsame Sache machen.
Der US-amerikanische Physiker und Nobelpreisträger Steven Weinberg hat diesen Umstand kurz und prägnant zusammengefasst. „Religion ist eine Beleidigung der Menschenwürde. Mit oder ohne sie würden gute Menschen Gutes tun und böse Menschen Böses. Aber damit gute Menschen Böses tun, bedarf es der Religion“.
Deshalb haben wohl die Verfasser unseres Grundgesetzes den Religionen einen privilegierten Status eingeräumt: als sakrosanktes Instrument für alle nur erdenklichen Unverschämtheiten. Ob unbeabsichtigt oder in weiser Voraussicht, sei dahingestellt. Dieser befremdliche Sonderstatus, in einer ansonsten eher säkularen Verfassung, geht in letzter pekuniärer Konsequenz so weit, dass die beiden christlichen Kirchen jährlich mit zig Milliarden alimentiert werden, und z. B. die Bischöfe ihren satten Salär aus dem allgemeinen Staatshaushalt beziehen – finanziert also auch von Atheisten, die sich dagegen nicht wehren können.
Nun sollte es in einer pluralistischen Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit sein, dass jeder nach Gusto glauben kann, an wen oder was er auch immer will. Jedem sollte es zugestanden sein, seine Fragen, sein schlechtes Gewissen und/oder seine Bequemlichkeit an ein höheres Wesen zu delegieren, oder aber an die Illusion eines schönen Lebens nach dem Tode zu glauben, wahlweise mit plätschernden Bächlein oder willigen Jungfrauen.
Wenn also nach Artikel 4 des Grundgesetzes in der Bundesrepublik Religionsfreiheit gilt, dann bitteschön für alle, die diesem sedierenden Zeitvertreib frönen wollen. Es ist deshalb völliger Nonsens, explizit darauf hinzuweisen, dass der Islam zu Deutschland gehört. Der Islam gehört nicht zu Deutschland, er ist in Deutschland – ein kleiner feiner Unterschied, der sich den Amokschwaflern im Berliner Zirkus allerdings völlig entzieht. Die Muslime, wie auch alle anderen Religionen, genießen selbstverständlich das Recht, ihre Religion auszuüben, solange sie sich auf dem Boden eben jenes Grundgesetzes bewegen. Ich habe zwar eine abweichende Meinung wenn es z. B. um Agitation und aggressives Werben a la Pierre Vogel und Genossen geht, aber ich respektiere unsere Verfassung. Besser fände ich es allerdings, ein für alle Mal zu festzustellen, dass alle Religionen Privatangelegenheit sind, und das deren Anhänger ihren Glauben frei und vor allen Dingen auf eigene Kosten praktizieren dürfen, können, sollen, solange sie nicht versuchen, ihrem Umfeld das jeweilige Weltbild aufzuoktroyieren. Spätestens hier sollte nämlich die Religionsfreiheit enden, nachhaltig, alternativlos, basta.
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Warum müssen immer alle auf der staatlichen Finanzierung kirchlicher Stellen herumreiten? Das diese ein Resultat einer massiven Enteignung ist, weshalb der Kirche die Grundlage zur Eigenfinanzierung entzogen wurde, wird gerne ausgeblendet.
Das ist durchaus eine wichtige Anmerkung.
Allerdings ist es heute schwierig zu beziffern, ob das einstmals erlittene Unrecht nicht längst abgegolten ist.
Auf der anderen Seite sind und waren kirchliche, soziale und staatliche Aufgaben bei uns immer (noch) stark miteinander verwoben und oft gar nicht trennbar.
Deshalb sehe ich es durchaus so, daß der Kirche Geld zusteht.
Vielleicht sollte man einfach ein paar Jahrhunderte zurückgehen, um zu klären, wie die Kirche ihre Reichtümern überhaupt erst zusammengetragen hat, deren sie später enteignet wurde, und für die sie – bis zum Sankt Nimmerleinstag? – in der Bundesrepublik nun 17,2 Milliarden € jährliche Subventionen erhält.
Der Löwenanteil an Gold uns Kunstschätzen stammt aus Kriegsbeute (Kreuzzüge). Bei den Landschenkungen von Kaisern und Königen an den Vatikan kann man trefflich darüber streiten, mit welchem Recht ein Monarch Grund und Boden überhaupt „verschenken“ kann.
Bei den Enteignungen durch die Kichre im Rahmen der Inquisition ist die Sachlage schon klarer – das war eindeutig Raub. Diese blutigen Güter wurden annektiert, die vormaligen Eigentümer zumeist denunziert, abgeurteilt und danach thermisch entsorgt. Wer es genauer recherchieren möchte, dem das Buch „Schwarzbuch Kirche“ von Michael Hebeis empfohlen. Und wer gerne etwas über die kriminellen Machenschaften beim „Engagement“ der Kirche in der Finanzbranche (Stichwort IOR-Bank) erfahren möchte, findet Süffisantes bis Unglaubliches in dem Buch „Vatikan AG „ von Gianluigi Nuzzi.
Zur Klarstellung und nur für den Fall, dass ich den Eindruck erweckt haben sollte, ich würde nur auf der Kirche und ihre Subventionen herumreiten: ich erachte es als eine Selbstverständlichkeit, dass Dienstleistungen adäquat entlohnt werden. Seien sie nun von kirchlichen oder weltlichen Unternehmen erbracht. Das ist bei den konfessionellen Krankenhäusern, Kindergärten, Altenpflegeeinrichtungen etc. auch der Fall. Die 17,2 Milliarden € fließen ZUSÄTZLICH.
Das mit dem Gold ist ja schonmal ganz falsch. Das Gold befand sich in Händen Ungläubiger. Und wie mit denen zu verfahren ist, lehrt uns ja die Gegenwart.
Ach ja, bei uns ist das ja irgendwie so zwischen 500 und 1000 Jahre her.
Komisch, sind dann die fanatischen Muslime 500-1000 Jahre rückständig?
Und überhaupt: Wieviel Sport muß eine männliche Katze treiben, um ein Muskelkater zu werden?
Wenn man die Saudis fragt, gehören die Hände der Ungläubigen abgehackt. Jetzt haben aber gerade die Bayern nach dem Trainingslager in Katar bei den Saudis für ein Freundschaftsspiel einen Zwischenstop eingelegt. Und wenn die jetzt dem ungläubigen Rummenigge die Hand abhacken? Dann fällt ja die geschmuggelte Rolex in den Wüstensand. Auch scheiße, oder?
Worüber hatte ich ursprünglich nochmal geschrieben? Richtig, über Religionsfreiheit. Passt. Ich nehme nämlich schwer an, dass Rummenigge katholisch ist. Da trifft es sich, dass in Saudi Arabien letztes Jahr 46 Leute enthauptet wurden, und dass gerade ein Blogger mit 1.000 Peitschenhieben in 20 Etappen hingerichtet wird.