Spitze Feder

Mutti hatte was gut bei mir

kotau

Über den Kotau der deutschen Kanzlerin, die bei Charlie Hebdo Kullertränen vergoss und nun einen Satiriker auf dem Scheiterhaufen der Anbiederung opfert

Ich gestehe: Mutti hatte was gut bei mir. Die Betonung liegt auf „hatte“. In den gefühlten einhundert Jahren ihres bisherigen Pontifikats habe ich mich immer wieder gefragt, ob die Frau weiß, was sie tut, und wenn ja, weshalb und in wessen Auftrag?

Ihr peinliches Pathos, mit dem sie die von ihr höchst selbst definierte Alternativlosigkeit ihres politischen Œuvre vor sich hertrug wie der Weihbischof eine Monstranz, ohne auch nur ansatzweise Alternativen, die es sehr wohl und immer gibt, in Betracht zu ziehen, hatte tendenziell schon stark autistische Züge.

Und dann ballerte Mutti, in Anlehnung an das berühmte Mantra des Drohnenkriegers aus Übersee, mal eben eine spontane Breitseite in die Mikros der völlig überraschten Journaille, dessen Widerhall um den Globus raste: „wir schaffen das“. Gemeint war, dass wir, will meinen die Steuerzahler hierzulande, für Kost und Logis der Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten irgendwie schon aufkommen würden.

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Da hatte Mutti was gut bei mir. Zum einen, weil sie sich, möglicherweise sogar unbewusst, an das Grundgesetz, Abteilung Asylrecht erinnerte, nachdem sie das Recht auf Privatsphäre bereits en passant an die NSA verhökert hatte; zum anderen, weil irgend jemand für die dreckigen Waffendeals via Bundessicherheitsrat, mit denen die Kriege auf dem Globus befeuert, was sage ich: ermöglicht werden, ja schließlich gerade stehen muss. Und dieser irgend jemand ist: richtig, ebenfalls der Steuerzahler. Nur dass ich mich mit dem Gedanken, Kriegsopfer zu unterstützen eher anfreunden kann, als wenn meine Kohle im Rachen der Investmentbanker verschwinden. OK, gähn, kennen wir schon, andere Baustelle.

Dass das mit den Flüchtlingsströmen mengenmäßig irgendwie dann etwas aus dem Ruder laufen könnte, hatte die Pastorentochter aus der Täterä irgendwie nicht auf dem Radar, als sie ihr „wir schaffen das“ flötete. Es wurde immer mehr, die ihrer Einladung folgten. Einige davon ließen am Kölner Bahnhof die Sau raus, wie übrigens alljährlich die Lederhosen-Snobs im Suff beim Oktoberfest, aber das sind ja keine Neger oder Araber, das ist ja beinahe schon Folklore.

Die faschistische Grundtendenz bei der CSU und in weiten Teilen der Bevölkerung spielte fortan mit den Muckis und bescherte der AfD Traumquoten. Ergo musste jemand Mutti unter die Arme greifen und die Tür schließen, sprich die Drecksarbeit erledigen. Das kann zur Not auch mal ein Faschist wie Recep Tayyip Erdoğan sein, da ist Mutti nicht so wählerisch, wenn sie sich an die üblen Zeiten der Bückware in der Ostzone erinnert und ihre Felle davon schwimmen sieht.

Dass sie aber nun mit ihrer „Ermächtigung“ der deutsche Justiz förmlich aufoktroyiert, im Namen jenes faschistischen Türstehers gegen einen Künstler vorzugehen, und sei seine Kunst auch noch so doof, dass also Mutti das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung abschafft, um ihren Arsch zu retten, müsste eigentlich den Verfassungsschutz auf den Plan rufen.

Und falls es einige von Euch vergessen haben sollten: das letzte Mal, als von einer Ermächtigung die Rede war, schrieben wir den 23. März 1933. Damals sollte die Regierung „die Ermächtigung erlangen, ohne Zustimmung von Reichstag und Reichsrat sowie ohne Gegenzeichnung des Reichspräsidenten Gesetze zu erlassen“. Kling ziemlich scheiße im Jahre des Herrn 2016, oder? Mutti HATTE was gut bei mir.

Bild Merkel: By Ralf Roletschek – Own work, CC BY-SA 3.0 at, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=18602629

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    Diese Kolumne schreibt vorwiegend Peter Grohmüller seine Gedanken zur Welt und dem Geschehen unserer Zeit auf.
    Seine fein geschliffenen „Ergüsse“ – wie er selbst sie nennt – erfreuen sich großer Beliebtheit.

    Hin und wieder erscheinen in dieser Kolumne auch Beiträge anderer Autoren, die dann jeweils entsprechend genannt werden.

    Die Texte sind Satire, Kommentare und Kolumnen. Es handelt sich um persönliche, freie Meinungsäußerung.

    Für die Texte ist der jeweilige Autor verantwortlich.

    Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Grohmüller: © 17. April 2016 | Revision: 3. Februar 2020

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