Vor rund 30 Jahren habe ich auch mal eine kurze Ausbildung zum Textilkaufmann absolviert. Über viele Wochen lernte ich in einer weltberühmten Bielefelder Meister-Leinenmanufaktur nahezu alles über Stoffe, Textilien, Weberei und Stickerei, was man so wissen muss, um sich mit den Produkten gut genug auszukennen, damit man sie kompetent gewinnbringend an Hotels, Adelige und auch Prominente vertreiben konnte.
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Damals standen in der Manufaktur noch riesige Webstühle und in einer modernen Abteilung schon computergestützte Stickmaschinen. Eine riesige Zahl von vorwiegend weiblichen Beschäftigten stellte dort so hochwertige Textilien her, dass sich die ersten Häuser auf der ganzen Welt geduldig in die Reihe derjenigen einreihten, die auf die kostbaren Produkte warteten. Zunehmend drängten aber zunächst sehr minderwertige, aber im Laufe der Zeit immer besser werdende Produkte aus Fernost, meist China und Indien, auf den Markt, die extrem günstig waren.
Dabei war und ist die Qualität der chinesischen Waren in keinster Weise mit der der deutschen Ware zu vergleichen. Dennoch aber war der Preisunterschied, vor allem aufgrund der enorm hohen deutschen Lohnkosten so groß, dass ich merkte, dass die Kundinnen und Kunden lieber Einbußen in der Qualität und vor allem in der Haltbarkeit hinnahmen, um das enorme Sparpotential ausschöpfen zu können. Ein Beispiel: Eine Garnitur hochwertigster Leinenbettwäsche für ein Ehebett konnte aus deutscher Fertigung bis zu 400 DM kosten.
Bei nahezu unbegrenzter Lebensdauer und über wenigstens 20 Jahre gleichbleibender, wenn nicht besser werdender Qualität, handelte es sich um eine klassische Aussteuerware, die man sich ein-, zweimal im Leben anschafft und quasi „immer was davon hat“.
Ähnlich aussehende Billigware aus dem Osten gab es aber schon für 10 % dieses Preises, also 39,99 DM. Gute Ware aus China, die gibt es nämlich durchaus auch, mit sagen wir 10 bis 12 Jahren Haltbarkeit, kostete rund 120 DM.
Nicht nur das Ungleichgewicht bei den Preisen, auch das sich ändernde Kaufverhalten der Menschen sorgte dafür, dass der Markt für kostbarste Tischwäsche, Bettwäsche und Badausstattungen sowie Gardinen und Bezüge mehr oder weniger den Bach runtergingen.
Ich erinnere mich durchaus an Kunden, vorwiegend eher Kundinnen, die es sich leisten konnten, alljährlich Bettwäsche und Handtücher, sowie Bademäntel und Tischwäsche für jeweils mehr als 44.000 DM neu anzuschaffen. Jedes Jahr aufs Neue!
Für den einen klingt das dekadent, aber wenn man Geld im Überfluss hat…
Dekadent fand ich den Besitzer eines Weltunternehmens hier an der Bergstraße, der jeden Morgen die fettige Antenne seines Autos abwischte. Da hatte er einen Fetisch, die musste immer glänzen. Und sein Chauffeur schmierte die automatische Antenne jeden Tag frisch mit Hirschtalgfett ein. Der Unternehmer verwendete zum Abwischen stets ein mit Monogrammstickerei versehenes neues Spitzentaschentuch für sage und schreibe 42 DM pro Stück, das seine Frau dann täglich entsorgte…
Auf der anderen Seite traf ich auf eine junge Frau, die ein Hotel im Schwarzwald von ihrem Vater geerbt hatte. Sie leistete sich 200 Garnituren Bettwäsche der höchsten Qualität, um auf lange Sicht wegen der großen Haltbarkeit zu sparen. Eine Investition, die sich für die Frau auszahlte. Statt immer neu zu kaufen, halten hochwertige Produkte einfach so lange, dass sich das rechnet (übrigens auch für diejenigen, die Hotelbettwäsche, Bademäntel und Handtücher klauen).
Genug davon. Im Zuge dieser Geschichte stieß ich auf auf Seersucker-Produkte.
Seersucker, so dachte ich, sei ein englischer Begriff, wobei mir die Übersetzung nicht ganz klar war. Ein „seer“ ist ein Seher und ein „sucker“ ist ein Sauger…
Aber es gibt ja viele englische Begriffe, die man sich trotz guter Sprachkenntnisse nicht so ohne weiteres herleiten kann.
Seersucker: Ein faszinierender Stoff mit ungewöhnlicher Herkunft
Doch was ist Seersucker eigentlich?
Wo kommt der Begriff Seersucker her?
Was bedeutet Seersucker?
Viele Menschen sind davon überzeugt, dass das Wort Seersucker aus dem Englischen stammt. Schließlich klingt es typisch britisch, fast so, als würde es direkt aus der Garderobe eines eleganten englischen Gentleman kommen. Der Begriff erinnert an Sommermode, leichte Anzüge und luftige Kleidung, wie man sie oft in historischen Filmen sieht. Doch es ist erstaunlich, dass Seersucker nur lautmalerisch englisch klingt. Tatsächlich hat dieses Wort eine viel exotischere und spannendere Herkunft, die bis in die persische Sprache zurückreicht.
Der Ursprung von Seersucker
Der Begriff „Seersucker“ leitet sich ursprünglich von dem persischen Ausdruck „Shir o Shakar“ ab, was übersetzt so viel wie „Milch und Zucker“ bedeutet. Diese Bezeichnung beschreibt perfekt das besondere Aussehen und die Struktur des Stoffes. Die Oberfläche von Seersucker besteht aus glatten und gerafften Streifen, die optisch an die sanfte, fließende Glätte von Milch und die körnige Textur von Zucker erinnern. Diese originelle Eigenschaft verleiht dem Stoff nicht nur seinen Namen, sondern macht ihn auch besonders funktional und beliebt für warme Klimazonen.
Wie kam Seersucker nach Europa?
Seersucker gelangte nicht durch Zufall in die europäische Modewelt. Es waren europäische Händler und Kolonialmächte, die den Stoff während ihrer Handelsreisen nach Indien und Persien entdeckten. Die leichte, atmungsaktive Beschaffenheit machte ihn ideal für das tropische Klima in den Kolonien. Die Briten erkannten schnell, wie praktisch Seersucker war, und begannen, ihn als bevorzugten Stoff für Sommeranzüge, Hemden und leichte Kleidung zu verwenden. So fand der exotische Begriff seinen Weg in die englische Sprache – und schließlich in die internationale Mode.
Was macht Seersucker so besonders?
Der große Vorteil von Seersucker liegt in seiner speziellen Webtechnik. Der Stoff wird so gewebt, dass sich abwechselnd glatte und geraffte Streifen bilden. Diese Struktur sorgt dafür, dass Seersucker nicht vollständig auf der Haut aufliegt. Dadurch kann die Luft besser zirkulieren, und der Stoff wirkt kühlend – ein unschätzbarer Vorteil an heißen Tagen. Gleichzeitig ist Seersucker sehr pflegeleicht und knittert kaum. Das macht ihn perfekt für Sommerreisen und alltägliche Kleidung in warmen Regionen.
Seersucker in der heutigen Mode
Obwohl Seersucker schon seit Jahrhunderten bekannt ist, hat er nie an Beliebtheit verloren. Vor allem in den USA wurde er zu einem festen Bestandteil der Sommergarderobe – besonders in den Südstaaten, wo das Klima heiß und feucht ist. Seersucker-Anzüge sind dort regelrecht Kult und gelten als stilvoll, ohne übermäßig formell zu wirken. Auch heute greifen viele Modedesigner auf diesen vielseitigen Stoff zurück und verwenden ihn für Hemden, Kleider, Anzüge und sogar Bettwäsche.
Ein Stoff mit Geschichte und Charme
Die Geschichte von Seersucker zeigt, wie kultureller Austausch zur Bereicherung unseres Alltags beiträgt. Was einst in Persien als „Shir o Shakar“ bezeichnet wurde, hat seinen Weg um die Welt gemacht und dabei nicht nur seine Funktionalität bewahrt, sondern auch ein Stück Geschichte mitgebracht. Es ist faszinierend, wie ein Stoff, der seinen Namen durch den Vergleich mit Milch und Zucker erhielt, zu einem Symbol für Sommermode und Eleganz wurde.
Fazit
Seersucker ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie Worte und Traditionen aus anderen Kulturen ihren Weg in unseren Alltag finden. Auch wenn der Name englisch klingt, erinnert seine Herkunft aus dem Persischen an die lange Reise, die dieser Stoff hinter sich hat. Mit seiner luftigen Leichtigkeit und seiner historischen Bedeutung bleibt Seersucker nicht nur ein praktischer Begleiter für warme Tage, sondern auch ein Stück lebendiger Kulturgeschichte.
- hirschtalgfett: Peter Wilhelm KI
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