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Im Kreise

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Da fragt mich doch gestern Abend eine Leserin in einer der Buchlesungen folgenden Fragerunde was ich von der deutschen Blogosphäre halte…

Die deutsche Blogosphäre besteht aus einem Kreis sich wichtig nehmender Berichterstatter, die ständig kreißen aber nicht gebären.
Und wenn hinten schon nichts rauskommt, muß man wenigstens vorne viel füttern und da füttert man sich mit den immer gleichen Informationen. Einer tut sie in über 300 täglich gelesenen Feeds auf, häuft sie auf sein Häufchen, macht sein tägliches Kickeriki deswegen und alle anderen hecheln in Ergebenheit das Gekrähte nach. Da es aber chic ist, nicht immer auf den größten Haufen zu machen und man sich bekanntermaßen besonders schnell ein paar struppige Federchen verdienen kann, wenn man auch mal gegen den Wind scheißt, schwimmt man in der Hannewacker Einheitssuppe deutscher Bloggerei auch mal schnell nach oben, wenn man einen oder gleich mehrere andere Blogger häufiger oder am besten regelmäßig so richtig in den Dreck zieht. Besonders beliebt, besonders wirksam und besonders deutsch ist das Lauern auf und Nachweisen von vermeintlichen Fehlern. Ja und über die, das Entdecken der selben und wie es richtig hätte sein müssen, darüber blogt man dann selbst. Wobei es im Übrigen auch überhaupt nicht darauf ankommt, ob man überhaupt etwas von der Sache versteht oder wirklich einen Fehler entdeckt hat, nur schön frech muß man sein.
So blogt der eine über den anderen und immer die selben über immer die gleichen und immer das selbe. Ein Brei, der in sich selbst dreht, langsam kocht und ab und zu Blasen wirft.

Nahm man noch vor ein, zwei Jahren an aus der so genannten Blogosphäre könne sich eine dynamische und aktive Gegen- oder Ergänzungsbewegung zum klassischen Journalismus entwickeln, so ist heute davon kaum noch die Rede. Statt zu einer digitalen Elite zu werden, die ein Ohr am Puls der Zeit hat, etwas bewirken und bewegen kann, wie es manches amerikanische Weblog tut, erstarrt man in einer absurden Form der innerzirkulären Selbstbeweihräucherung.
Denn über was blogt der deutsche Blogger am Liebsten? Na klar, über sich selbst, über das was er glaubt zu wissen und von dem er sich einbildet, es würde auch Millionen andere interessieren. Dabei ist eines klar: Gehör findet ein Blogger so gut wie nie. Die Blogosphäre wird, so wichtig sie sich auch nehmen mag, da draußen gar nicht wahrgenommen. Wenn überhaupt, dann findet höchstens eine innere Wahrnehmung in der Blogosphäre statt und der durchschnittliche Blogger darf sich schon glücklich schätzen, wenn die vom äußeren Dunstkreis der Blogosphäre zu Alphatieren, sprich Alphabloggern, auserkorenen Vielschreiber und Vielgelesenen sie nebenbei erwähnen und etwas vom Duft des eigenen Dungs in Form eines müden Backlinks übrighaben.

Diese ständig mit sich selbst und ihrer vermeintlichen Wichtigkeit beschäftigten Alphatiere muß der gemeine Blogger aber ständig referenzieren, jeden Furz beklatschen, wie einst im Hofstaate barocker Könige der Morgenstuhl bejubelt wurde, immer in der Hoffnung, wahrgenommen zu werden. Wer es clever macht, der nennt es knapp beim Namen, was da im Stuhle geboren wurde, nennt es einfach Scheiße, schwimmt gegen den Mainstream, benimmt sich wie die Axt im Walde und hofft inständig, daß er wenigstens dadurch wahrgenommen wird, daß ihn ein Alphatier wie eine lästige Zecke abschüttelt.
Mit viel Glück wird er gar zur Sau der Woche, die in regelmäßigen Abständen durch Kleinbloggersdorf getrieben wird, jenem Kleinbloggersdorf, das das kleine Karo schon fast buchstäblich im Namen trägt und so treudeutsch, vereinsmeiernd, meldeeifrig, liebedienernd und deutschmichelnd daherkommt, daß man schon fast die Gartenzwerge schrebern hört, wenn nur das Wort Kleinbloggerdorf fällt.

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So wird der Name Kleinbloggersdorf nicht nur zum Synonym für die deutsche Blogosphäre sondern darf mit Fug und Recht nicht als Symtom, sondern als Diagnose hergenommen werden, denn daran krankt das ganze System.


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 25. April 2008 | Revision: 26. November 2012

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