Ich habe einen guten Freund, der vor vielen Jahren nach Amerika ausgewandert ist. Nebenbei bemerkt, ist er nicht nur einfach ausgewandert, sondern er hat eine amerikanische Soldatin, die hier in Deutschland stationiert war, geschwängert und geheiratet und durfte als Ehemann mit in die USA einwandern.
Zu seinem Leidwesen stellte sich später heraus, daß das Kind gar nicht von ihm war, und außerdem hatte sich innerhalb von zwölf Jahren seine einst zarte Mandy in ein Vierzentnerweib verwandelt, das den gemeinsam bewohnten Wohnanhänger nicht mehr verlassen konnte. Das allein hatte aber meinen Freund Thomas nicht dazu bewogen, sich von Mandy zu trennen, sondern ausschlaggebend für diese Entscheidung war eher die Tatsache, daß Mandy quasi als Berg der Beglückung,wenn Thomas auf der Arbeit war, sich von entsprechend motivierten und zahlungsbereiten jungen Männern erklimmen und besteigen ließ.
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Immerhin blieb ihm nach der Trennung das Bleiberecht in den USA.
Jahrelang schrieben Thomas und ich uns schöne Briefe. Ja, ich kann sagen, daß mein Freund sich durch diese Korrespondenz überhaupt erst die Kunst des Briefeschreibens angeeignet hat.
Im Laufe der Zeit wurden seine Briefe seltener und er begann bevorzugt über das Internet zu kommunizieren. Mal über Facebook, mal per Mail.
Dann zog er um, wechselte seinen Mailanbieter, zog abermals um und inzwischen weiß ich nicht mehr wie ich ihn erreichen kann.
Aber aus der Zeit, als wir noch in Kontakt standen, weiß ich noch folgendes zu berichten:
Mein Freund war schon sehr lange in den USA und sein Deutsch klang auch schon sehr amerikanisch. Viele deutsche Wörter fielen ihm auch nicht mehr spontan ein, sodaß er, wenn wir mal telefonierten, oft in einem Gemisch aus Deutsch und Englisch sprach.
Ich schickte ihm manchmal Pakete mit deutschem Kaffee, Haribo-Süßigkeiten und einer Bundesliga-Sportzeitung, also den Dingen, die so mancher Auslandsdeutscher in der Fremde entbehrt.
Eines Tages fragte er mich, was er mir denn als kleine Wiedergutmachung schicken dürfte. Mir fiel nichts Besonderes ein, die Frage kam auch überraschend.
Da er aber damals in Texas wohnte, kam ich darauf, nach einem Cowboyhut zu fragen. Hier bei uns gibt es einmal jährlich ein schönes Westernfest mit Musik und gutem Essen und da tragen manche Männer solche Hüte. Ich hätte also gut einen Cowboyhut dort aufsetzen können.
Oh, das sei ja kein Problem, Cowboy-Hats, gäbe es dort an jeder Ecke.
Einige Wochen später erhielt ich ein erstaunlich kleines Paket, in dem sich mein Cowboy-Hat befinden sollte.
Ich packte es aus und hielt dann eine Baseball-Kappe mit der Aufschrift „Dallas Cowboys“ in der Hand.
Man sieht, der moderne Texaner verbindet mit dem Ausdruck „The Cowboys“ eher die Sportmannschaft, als denn die Rinderhüter.
Wir lachten dann am Telefon sehr über dieses Mißverständnis. Einen Cowboyhut habe ich mir später dann irgendwann hier in Deutschland gekauft und frage mich seit Jahren, warum ich das getan habe. Es gibt erstaunlich wenige Anlässe, bei denen mich das Teil in irgendeiner Form angemessen kleiden würde.
Nun ließ mein Freund nicht locker. Irgendwas anderes soll ich mir wünschen, egal was. Ob ich mich vielleicht über ein echtes Bowie-Knife, ein Cowboy-Messer, freuen würde? Nun ja, manchmal muß ich irgendwo was abschneiden, warum also nicht?
So begab sich mein Freund also, in der Zeit nach dem 11. September 2001, mit einem 30 Zentimeter langen Dolch in einer adressierten Pappschachtel zum Hauptpostamt in Dallas.
An der Tür mußte man dort eine Röntgenschranke passieren und auf dem Bildschirm kam den Sicherheitsbeamten dann die durchleuchtete Erleuchtung und sie sahen, daß mein Bekannter eben dieses Messer unter seinem Arm trug.
Mit vier Mann überwältigten sie ihn, warfen ihn zu Boden und verdächtigten den semmelblonden Thomas, ein Taliban-Attentäter zu sein.
Schon nach einer Nacht in Polizeigewahrsam durfte er wieder gehen und unter Aufsicht dann sein Päckchen mit dem Messer an mich abschicken.
Hier in Deutschland angekommen, sorgte das Paket dann abermals für Furore.
Auch hier wurde es durchleuchtet und nach neuesten EU-Bestimmungen darf man irgendwie nur noch Messer transportieren und mit sich führen, die kaum länger sind als eine kurze Nagelfeile. Alles andere gilt als Waffe und ist außer Haus verboten.
Also wurde ich aufs Hauptzollamt einbestellt, wo man mir mitteilte, daß Polizei, EU-Marktaufsicht und Ordnungsamt mir beim Auspacken des Messers gerne zuschauen möchten. Unter den Blicken von acht Damen und Herren, öffnete ich dann das Paket, das Messer wurde sofort beschlagnahmt und ich solle erst von zu Hause einen abschließbaren Behälter holen, in dem ich das Messer nicht zugriffsbereit nur vom Zollamt nach Hause befördern dürfe.
Falls ich Kinder unter 18 Jahren zu Hause hätte, gab man mir zu verstehen, müsse ich es auch zu Hause verschlossen aufbewahren.
Ja, wie das denn sei, wenn es sich nicht um ein Cowboy-Messer aus Texas handele, sondern etwa um ein original amerikanisches Küchenmesser zum Zerschneiden von Steaks, fragte ich.
Ratlose Blicke, Schulterzucken, Denkpause, dann die Auskunft: Ja, wenn das so wäre, dann stünde dem Ganzen überhaupt nichts im Wege, Küchenmesser seien ja für gewöhnlich länger als acht Zentimeter und die seien davon ausgenommen.
Ich war froh, daß ich den Besuch auf dem Hauptzollamt nicht zum Anlass genommen habe, um meinen Cowboy-Hut dann doch mal zu tragen. Denn man glaubte mir, daß das Messer rein zu kulinarischen Zwecken eingeführt wurde und ließ mich mit dem Messer in der Pappschachtel meines Weges ziehen.
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