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Dummes TESLA-Bashing vom ADAC

Eine Frau sitzt an einem PC und textet

Ich bin seit Ewigkeiten ADAC-Mitglied und ich habe irgendwann sogar die goldene ADAC-Karte bekommen. Als ich mal einen Straßenwachtfahrer fragte, welche Vorteile die goldene Mitgliedskarte habe, sagte der: Die hat die schönere Farbe.“

Mitglied bin ich seit 1980, auf meiner Karte steht aber 1996, weil ich zwischendrin mal zwei Jahre raus war. Mein Versicherungsmann hatte mich überredet, so einen Schutzbrief über die Versicherung abzuschließen. Das hat aber nix getaugt, weshalb ich dann wieder in den ADAC eingetreten bin.
Ich kann das auch nur jedem empfehlen. Allein die Pannenhilfe und das kostenlose Abschleppen sind den Beitrag locker wert. Wer, wie ich, immer gebrauchte Autos fährt, hat ein erhöhtes Risiko, mal abgeschleppt werden zu müssen.
Außerdem empfand ich früher die Zeitschrift MOTORWELT als sehr gut. Auch wenn sie gefühlt zur Hälfte aus Treppenlift- und Seniorenmobil-Werbung besteht, brachte das Heft immer viele Informationen.
Heute lese ich die MOTORWELT nicht mehr, der ADAC hat den Vertrieb per Post eingestellt und man muss sich das Heft jetzt selbst irgendwo abholen, das finde ich scheiße. Onlinelesen finde ich auch irgendwie doof, muss ich mich noch dran gewöhnen.

Ich lese aber immer den ADAC Newsletter und da gab es gestern einen Artikel über die Türgriffe moderner Autos.

Der Inhalt dieses Artikels ist dieser:

Stabile, herkömmlich zu öffnende Türgriffe erleichtern es Rettungskräften, in das Fahrzeug vorzudringen, während versenkbare, nur elektrisch ausfahrbare Griffe das erschweren.

Punkt.

Man könnte diesen Satz noch um einen weiteren Satz ergänzen, der den Sachverhalt erklärt, beispielsweise:

An stabilen Türgriffen können die Retter zerren, um eine verklemmte Tür zu öffnen, wohingegen versenkte Türgriffe dafür nicht geeignet sind.

Mehr gibt es zu diesem Thema nicht zu sagen. Diese beiden Sätze sagen alles aus. Aber das ist natürlich kein Beitrag, also muss eine Journalistin oder eine des Schreibens kundige Mitarbeiterin hieraus einen Artikel machen. Und damit der Artikel auch entsprechend polarisiert, macht der ADAC eben mal schnell ein TESLA-Bashing daraus. Schießt man gegen Elon Musk, TESLA, Apple oder Bill Gates, sind einem im Land der Hämischen und Neider immer einige Leser und Daumenhochklicker sicher. Mit skandalös klingenden Überschriften lockt man Leser an, das nennt man Clickbaiting.

Das ist Clickbaiting

Clickbaiting (von englisch Click und bait, Köder) ist die Praxis, Netzinhalte anzupreisen, um mehr Seitenabrufe, Werbeeinnahmen, Abonnements oder eine größere Bekanntheit zu erzielen.
Ein Clickbait besteht meist aus einer Überschrift und einem Teaser, die eine sogenannte Neugierlücke (englisch curiosity gap) entstehen lassen.
Der Leser erhält nur Informationen, die ihn neugierig machen, aber nicht genug, um diese Neugier auch zu befriedigen, ähnlich einem Cliffhanger.
Ein Beispiel ist: „Rentner sind verblüfft. Noch heute Abend viel Geld…“ oder „Tod: Michael Schumachers Friseur spricht Klartext!
Ähnlich Boulevardüberschriften dienen die Clickbaitteaser nur zum Anlocken, die dahinterstehenden Artikel erfüllen die geweckten Erwartungen meist nicht. Die Artikel verfügen über Buttons zum Teilen in sozialen Netzwerken, was die Zugriffszahlen ebenso erhöht.

Tesla Neid und Häme

Solche versenkbaren Türgriffe haben etliche Vorteile. Sie sind in Bezug auf die Windschlüpfigkeit des Fahrzeugs von großem Vorteil. Außerdem bilden sie ein deutlich geringeres Verletzungsrisiko bei Zusammenstößen mit Fußgängern und Radfahrern. Auch gegen Gelegenheitsdiebe sollen die Griffe etwas helfen. In engen Parklücken zählt überdies jeder Zentimeter, wenn auch noch, wie bei Supermärkten, Leute zwischen den Fahrzeugen durchschlüpfen.
Versenkbare Türgriffe werden mittlerweile von immer mehr Automobilherstellern verbaut. Darunter befinden sich auch Marken wie BMW, Mercedes und eben auch TESLA.

Daraus macht der ADAC die Überschrift:

Versenkbare Türgriffe: Warum sie unter anderem Tesla Ärger machen

Schon die Wörter „unter anderem“ zeigen dem aufmerksamen Leser, dass der folgende Artikel Quatsch ist. Weshalb man Tesla überhaupt erwähnt, wo diese Griffe doch von vielen Herstellern verwendet werden und in Zukunft sicher bei fast allen Autos zum Einsatz kommen werden, bleibt schleierhaft. Eine korrekte Überschrift hätte lauten können: „Versenkbare Türgriffe: Warum sie gefährlich sein können“.

Und der Einleitungstext macht genauso dämlich weiter:

Ärger für Tesla: Die versenkbaren, elektrischen Türgriffe könnten Ersthelfern und Rettungskräften bei Unfällen Probleme bereiten.

Nein, das ist dummes Zeug! Diese Griffe können gerne hinterfragt werden und es ist sicher auch Aufgabe eines Automobilistenverbandes, darüber zu sinnieren, aber diese Griffe machen Tesla keinen Ärger. Das ist Blödsinn, denn es handelt sich um eine grundsätzliche Betrachtung und hat mit Tesla nur am Rande etwas zu tun.

Und weil man in dem Beitrag immer schön mit dem Namen Tesla für Aufmerksamkeit sorgt und sich der gesamte Sachverhalt, wie oben gezeigt, in zwei Sätzen darstellen ließe und vor allem, weil es dem Thema an berichtenswerter Substanz fehlt, muss die Autorin im Artikel auch ständig zurückrudern.
Aussagen mit dem Fragezeichen in Frage zu stellen und immer schön den Konjunktiv zu verwenden, sind hier bekannte Journalistentricks. Die Aussage „Olaf Scholz ist ein hintertriebener Eichhörnchenquäler“ ist eben etwas anderes als „Quält Olaf Scholz Eichhörnchen?“.
Unter der FragezeichenÜberschrift kann ein Boulvard- oder Frauenblatt dann locker ausführen, dass Olaf Scholz ein Eishörnchen gegessen hat und der Eisverkäufer versehentlich Eichhörnchen verstanden hat. Haha.
Ihr merkt, worauf ich hinaus will.

So geht es dann im ADAC-Artikel auch fragend und kunjunktivierend weiter:

Elegant, aerodynamisch und trotzdem gefährlich?
… Türgriffe könnten … Schwierigkeiten bereiten.
… könnte das Problem … bei jedem Fahrzeug auftreten…
… Türgriffe können Rettung erschweren …
… Versenkbare Türgriffe … könnten aus Sicht des ADAC …
… könnte der Griff aber eingefahren bleiben …

Das sind dann tatsächlich viel zu viele „könnte“, denn „könnte“ bedeutet, dass es so sein kann, aber nicht so sein muss und es sich alles in allem nur um ein Vielleicht handelt. Das ist aber letztlich viel zu wenig, um als substanziell bezeichnet zu werden.

Ganz als Dummfug entlarvt sich der ADAC-Beitrag dann, als die Schreiberin auch noch textet:

In den Crashtests nach Euro NCAP – dem europäischen Konsortium zur Überprüfung von Fahrzeug-Sicherheitssystemen, dem auch der ADAC angehört – werden die Türöffnungskräfte geprüft und bewertet. Außerdem wird überprüft, ob das Fahrzeug die Türen nach dem Unfall selbsttätig entriegelt, damit diese von außen geöffnet werden können. Hier zeigten versenkbare Türgriffe bisher keine Auffälligkeiten. Laut Medienberichten kam es in der Vergangenheit bei anderen Unfallszenarien in der Realität allerdings zu Problemen.

Dieser Abschnitt besagt doch letztlich nichts anderes, als dass die anerkannten NCAP-Sicherheitstests ergeben haben, dass an dem ganzen Schwachsinn gar nichts dran ist. Fakt: In Crashtests zeigten die thematisierten Türgriffe keine Auffälligkeiten.
Schlimmer noch: Der ADAC gehört der NCAP an und vertraut seit Jahren auf deren Testergebnisse. Jetzt aber knickt die Autorin in ihrer Argumentation völlig ein, indem sie nicht diese Testergebnisse für bare Münze nimmt, sondern schwammig von „Medienberichten“ schwafelt.
Das heißt also, dass eine Mitarbeiterin des ADAC, die im Auftrag des ADAC für eine Publikation des ADAC schreibt, nicht die vom ADAC mit verantworteten Testergebnisse als Grundlage ihrer Berichterstattung nimmt, sondern irgendwelche, nichtmals näher bezeichneten „Medienberichte“.
So ein dummes Zeug, ehrlich jetzt!

Zum Abschluss ihres Textes will die Autorin noch retten, was zu retten ist, kommt aber wieder argumentativ ins Schleudern:

Chancenlos sind Ersthelfer immer dann, wenn die Verformung der Karosserie so stark ist, dass die Türen so verklemmt sind, dass sie sich auch mit einem gewaltsamen Zug am Türgriff nicht mehr öffnen lassen. Dennoch kann ein stabiler, ausgefahrener Griff helfen, die Türe auch bei Verformungen und großem Widerstand zu öffnen, z. B. wenn die Türe am Boden oder einem Hindernis schleift oder das Fahrzeug auf dem Dach liegt.

Feuerwehr am Unfallort

Ob es hier einen Unterschied macht, ob die Türgriffe versenkbar waren?

Da kannst Du Dich mit jedem Feuerwehrmann unterhalten, den Du finden kannst, das darf auch der Feuerwehrmann sein, den die anderen immer im Spritzenhaus lassen, weil er doof ist. Jeder wird Dir bestätigen, dass bei Autos, die so stark verformt sind, dass sich die Türen nicht mehr öffnen lassen, die Brechstange, das sogenannte Halligan-Tool oder Hydraulik-Werkzeuge zum Einsatz kommen.

Um dann doch nochmal den lockenden Namen Tesla ins Spiel zu bringen, titelt die Schreiberin über dem letzten Abschnitt: „Das gilt für Tesla-Fahrer und andere Betroffene„. Sie hätte auch einfach schreiben können: „Das gilt für Betroffene“, aber dann hätte sie das Keyword Tesla nicht nochmal unterbringen können. Das unsägliche Geschwafel endet dann mit einem Blödsinn, wie es nicht anders zu erwarten ist: „Ein Fenster-Notfallhammer kann im Zweifelsfall hilfreich sein. Eine garantierte Hilfe in der Not ist aber auch er nicht, denn gegen Verbundglasscheiben … tut er sich schwer.“
Was sagt dieser Satz? Nichts! Er sagt einmal, dass ein Hammer hilfreich sein kann und dann im gleichen Atemzug, dass er nix nutzt…

Also ehrlich, lieber ADAC, Ihr seid eine Institution und eine Messgröße, auch Euch verlässt man sich und von Euch erwartet man anständigen Journalismus, aber nicht so etwas.

Die wichtigsten Keywords in diesem Text sind: „ADAC“, „goldene ADAC-Karte“, „Pannenhilfe“, „Abschleppen“, „Schutzbrief“, „MOTORWELT“, „Türgriffe“, „Rettungskräfte“, „versenkbare Türgriffe“, „Tesla“, „Crashtests“, „Euro NCAP“, „Fahrzeug-Sicherheitssysteme“, „Notfallhammer“, „Verbundglasscheiben“. Diese Begriffe decken die zentralen Themen des Textes ab, wie die Mitgliedschaft und Dienstleistungen des ADAC, spezifische Produktmerkmale und Sicherheitsaspekte von Autos, insbesondere im Zusammenhang mit modernen Türgriffen und Tesla.

Bildquellen:
  • Tesla-neiddebatte: Peter Wilhelm ki
  • tesla-neid: Peter Wilhelm ki
  • Karrikatur-ADAC: Karrikatur Peter Wilhelm ki

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Straßenverkehr und Fahrmichdochum

Der Straßenverkehr ist ein Thema, zu dem jeder etwas sagen kann. Mir begegnet so viel Abenteuerliches, Verwunderliches und auch Schönes. Darüber schreibe ich hier.

Diese Rubrik ist auch der Platz, in dem die Geschichten um Deutschlands am häufigsten umgefahrenes Verkehrsschild, das Fahrmichdochum, erscheinen.

Auch alles rund um Auto und so, hat hier sein Zuhause.

Lesezeit ca.: 11 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 8. April 2024 | Peter Wilhelm 8. April 2024

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