Die Luft laut, der Himmel blaut, ein einzeln Wölklein zieht. Es ist Frühjahr, die Knospen zwitschern und die Vöglein springen auf.
Der milde Sonnenschein der ozonlochverstärkten Frühjahrssonne treibt mich nach draußen und es gelüstet mir nach einer frischen Tasse Kaffee. Ein Kaffeehaus am Wegesrand drängt sich durch quer auf den Gehweh gestellte Reklametafeln unaufdringlich in meine Aufmerksamkeit. „1 Pott Kaffee und 1 Stück Kuchen 1 Euro“
Ich nehme Platz und die Speisenkarten. Es ist in Wirklichkeit nur eine Speisenkarten, aber für Speisenkarten gilt die gleiche grammatikalische Regel wie für Karl Valentins „Semmelnknödeln“.
„Was woll’n wer denn?“ will eine dicke Endvierzigerin wissen und hält einen kleinen Schreibblock und einen Bleistift bereit.
„Guten Morgen!“
„Mor’n, und?“
„Ich hätte gerne einen Kaffee und ein Stück Kuchen.“
„Einma‘ Pott Kaffee und einma‘ Kuchen.“
„Draußen nehme ich nur Kännchen.“
„Watt?“
„Draußen nehme ich nur Kännchen?“
„Datt hab ich schon verstanden.“
„Dann bringen Sie mir doch bitte ein Kännchen Kaffee und ein Stück Kuchen.“
„Hammwer nich.“
„Sie haben keinen Kuchen, gut, dann nehme ich einen Brezel.“
„Nee, Kuchen hammwer.“
„Dann bringen Sie mir doch bitte welchen; und ein Kännchen Kaffee bitte.“
„Ich mein, wir ham‘ keine Kännchen, nur Pötte und Tassen.“
„Ach, letztes Jahr wollte ich nur eine Tasse und da sagte man mir hier, daß es draußen nur Kännchen gibt.“
„Das hammwer nicht mehr, jetzt gibbet nur noch Pötte und Tassen.“
„Ist denn in einem Pott etwa genau soviel drin, wie in einem Kännchen?“
„Weiß ich nich, keine Ahnung, is ja auch nur ne große Tasse.“
„Ein Pott ist also nur eine Tasse?“
„Nee, im Pott is mehr drin.“
„Dann bringen Sie mir doch bitte so eine Pott-Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen.“
„Wie jetzt? Doch kein Brezel?“
„Nein, da sie ja Kuchen haben, möchte ich lieber Kuchen. Den Verzehr eines Brezels zog ich nur vorübergehend in Erwägung, als ich annahm, Sie hätten keinen Kuchen.“
„Watt?“
„Kuchen!“
„Warum sagen Sie datt denn nich gleich?“
„Sag ich doch.“
„Nee, Sie haben Brezel gesagt und Kännchen.“
„Das haben Sie ja nicht.“
„Doch, Brezel hammwer.“
„Kännchen, meine ich.“
„Kännchen hammwer nich.“
„Na also, dann bringen Sie mir weil sie keine Kännchen haben, doch bitte den Kaffee in einem Pott und weil Sie doch Kuchen haben, bringen Sie mir bitte auch Kuchen.“
„Also einma‘ Pott Kaffee und einma‘ Kuchen?“
„Genau.“
„Kein Brezel?“
„Nein und kein Kännchen.“
„Hammwer doch nich.“
„Ist ja auch nicht schlimm, ich will ja auch weder das eine noch das andere.“
„Wie, jetzt doch kein Kuchen und kein Kaffee?“
„Doch, aber keine Brezel und kein Kännchen.“
„Wissen ’se watt? Früher war datt doch einfacher, wo es draußen nur Kännchen gab.“
„Für Sie vielleicht.“
„Also wollen se jetzt Kuchen?“
„Ja, bitte.“
„Gut, dann bring ich den jetzt.“
„Ja und Kaffee.“
„Aber nur im Pott odda inne Tasse.“
„In einer Pott-Tasse bitte.“
„Wattenu? Pott oder Tasse?“
„Sie sagten doch selbst, daß der Pott nur eine große Tasse sei, also ist doch Tassenpott oder Potttasse eine völlig korrekte Bezeichnung?“
„Sagen Sie mal, wollen Sie mich verarschen?“
„Nein, warum sollte ich.“
„Weil Sie immer Kännchen wollen.“
„Immer? Das stimmt doch gar nicht! Vierzig Jahre lang habe ich niemals ein Kännchen gewollt, aber man hat mich überall gezwungen, eins zu kaufen, zum doppelten Preis einer Tasse Kaffee obwohl nur anderthalb Tassen drin sind. Jetzt will ich mal ein Kännchen, dann haben Sie keins. Finden Sie das in Ordnung?“
„Muß ich mit meinem Chef besprechen. ich bring jetzt einen Pott Kaffee und ein Stück Kuchen.“
„Ja, bitte.“
„Aber Streuselkuchen!“
„Hammwer nich.“
„Was haben Sie denn für Kuchen?“
„Muss ich nachgucken gehen, vorhin hatten wir noch Kirsch und Marmor.“
„Dann nehm ich Marmorkuchen.“
„Gut.“
2 Minuten später.
„Marmor ist aus.“
„Ach, kommt der wieder?“
„Watt?“
„Wenn er aus ist, kommt der zurück oder bleibt der fort?“
„Wir haben noch Kirsch.“
„Gut, dann nehme ich doch lieber einen Brezel.“
Warum ist die Frau schreiend davongelaufen? Ich wollte doch nur mal draußen ein Kännchen Kaffee trinken.
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