Da klingelt doch heute Morgen so ein Mann an meiner Tür. Er käme vom Blindenwerk und ob ich ihm nicht eine seiner famosen Bürsten abkaufen wolle.
Ich bin ja nicht doof und weiß genau, daß das nur so ein Drücker ist und daß die Bürsten der Blinden gar nicht von Tür zu Tür verkauft werden. Aber gerade als ich den Typ die Treppe runterschmeißen will, kommt mir eine Idee. Deshalb kaufe ich dem Mann einen wunderschönen neuen Stubenbesen mitsamt Stiel ab.
Später kommt Anke nach Hause und findet mich zeitungslesend in meinem Lieblingssessel vor.
„Sag mal, wolltest du nicht die Fußböden kehren?“, fragt sie mich mit einem vorwurfsvollen Unterton.
„Von ‚wollen‘ kann ja gar keine Rede sein, oder“, maule ich etwas genervt zurück.
„Du hättest es aber machen sollen“, korrigiert sich meine Allerliebste und schaut sich prüfend um.
Jetzt ist es an der Zeit, meine Idee in die Tat umzusetzen.
„Paß auf“, sage ich und hole den neuen Besen.
„Das ist ein Besen aus den Blindenwerken“, erkläre ich meiner Frau udn fahre fort: „der wurde von schwerst sehbehinderten Menschen in mühevoller Kleinarbeit angefertigt.“
„Ja und?“
„Ja und genau deshalb fände ich es einen Frevel, wenn wir dieses wertvolle Einzelstück jetzt so schnell abnutzen würden.“
Der Triumpf ist mir sicher. Diesem genialen, männlichen Schachzug hat meine Frau nichts entgegenzusetzen. Sie dreht sich einfach um und verläßt das Wohnzimmer. Ich stelle den Besen in die Ecke und wende mich wieder meiner Zeitung und meinem Lieblingssessel zu.
Wenig später kommt die Allerliebste wieder ins Zimmer, nimmt wortlos den Besen und hält ihn mir hin.
„Ja?“, sage ich fragend, ohne von der Zeitung aufzublicken.
„Du solltest vielleicht doch das Zimmer kehren“, meint Anke.
„Ja aber, hast du schon vergessen, was ich über die armen Blinden sagte?“, erkundige ich mich.
„Nein, das habe ich nicht vergessen. Aber vielleicht solltest du mal daran denken, daß diese armen Menschen sich ihr tägliches Brot mit der Anfertigung von Besen verdienen. Wenn also niemand diese Besen abnutzt, entzieht man diesen Leuten ihre Lebensgrundlage!“
Sprach’s und drückt mir den Besen in die Hand. Kurz bevor sie das Zimmer verläßt, dreht sie sich nochmals um und sagt:
„Und wenn der Besenmann das nächste Mal klingelt, werde ich gleich noch ein paar Bürsten und Schwämme kaufen, damit du dich künftig ganz besonders für die armen Behinderten einsetzen kannst, gelle?“
Dieses ‚gelle‘ ist nicht nur von einem höhnischen Ton in ihrer Stimme begleitet.
Während ich ganz besonders gründlich in den Zimmerecken fege, weiß ich eines ganz genau! Wenn der Bürstenmann das nächste Mal klingelt, fliegt er gleich die Treppe runter.
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