Es gibt einen neuen, überraschenden Trend in den asozialen Netzwerken, der geneigt ist, meine Misanthropie in Sachen TikTok, Instagram & Co zumindest ein klein wenig zu besänftigen.
Er nennt sich De-Influencing und verspricht eine 180°-Wende!
Nun könnte man natürlich fragen: So what? Hätte dieser Must-Have-Trash nicht einen eher zweifelhaften Ruf, und entstammte er nicht aus noch zweifelhafterer Provenienz. Einwegmode, an der sich die strunzdämliche Community nach höchstens vier Wochen satt gesehen hat, und den Dreck in die Tonne kloppt, gefertigt von Kindersklaven in spärlich beleuchteten asiatischen Hinterhof-Kerkern, oder trendige Kosmetikprodukte mit garantiertem Tierquälerei-Siegel, oder, oder, oder.
Es gibt sogar eine „gemeinnützige Gesellschaft für akademische Weiterbildung mbH“, die einen Online-Zertifikatslehrgang „Influencer Marketing Managerin (IHK)“ anbietet, um diesem ignoranten Treiben auch noch einen anspruchsvollen Touch zu verleihen. Möglicherweise zu dem Zweck, damit die Tipple-A-Sellerinnen unter den Gaga-Werbe-Tussen, vielleicht sogar die Chance bekommen, von Markus Lanz in den medialen Adelsstand erhoben zu werden und ihren Tinnef, gekonnt, dumm und lasziv, einem Millionenpublikum andienen zu können.
Das ganze Internet ist versifft von solchen fragwürdigen Ischen. Das ganze Internet? Nein, denn seit Neustem regt sich Widerstand! An dieser Stelle fürchte ich, René Goscinny posthum um Vergebung bitten zu müssen, weil ich soeben seine legendäre Textpassage als Trigger genutzt, und sie zudem noch ein wenig modifiziert habe.
Diese Bewegung nennt sich De-Influencing, wie im Headliner dieses Beitrags schon erwähnt, und sie ist faktisch der Alptraum großen Mode- und Kosmetikkonzerne. Die Protagonisten posten nämlich ihre, mit der gleichen Professionalität hergestellten Clips ebenfalls auf TikTok, Instagram & Co. Der kleinen, aber feinen Unterschied ist der, dass sie darin explizit darauf hinweisen, welche alternativen Produkte es, wo gibt, allerdings für einen Bruchteil der Preises, die für das angesagte Lifestyle-Gedöns aufgerufenen werden. Noch geiler ist, dass sie propagieren, was man ihrer Meinung nach von dem ganzen Must-Have-Trash alles nicht benötigt!
An dieser Stelle muss ich eingestehen, dass ich seit Jahrzehnten immer die gleichen Klamotten trage und von Kosmetika null Ahnung habe. Ich benutze noch nicht einmal Rasierwasser, geschweige denn irgendwelche schweineteuren Fragrances for Men, die von sonnenbankgebräunten Waschbrettbauchträgern mit Drei-Tage-Bart, in den nervigen Werbepausen angepriesen werden. Insofern kann ich bei solchen Lifestyle-Produkten in Sachen De-Influencing auch nicht wirklich mitreden.
Aber ich hätte für die Macherinnen und Macher der De-Influencing-Community einige Vorschläge, die sie gerne mal aufgreifen können. Am besten unter einer Rubrik „das braucht nun wirklich keine Sau“:
- Millionäre und Milliardäre, die Steuersenkungen fordern·
- Arbeitgeberpräsidenten, die Lohnzurückhaltung anmahnen
- Finanzprodukte zum Aufbessern von Armutsrente
- Beifall für Pflegepersonal
- Hassprediger
- . Homöopathie
- Staatsoberhäupter in olivgrünen T-Shirts
- Umckaloabo
- Vollkorn-Spaghetti
- Heidi Klum
- Die AfD
Die Liste lässt sich vermutlich endlos fortsetzen. Wenn Euch etwas einfällt, das wirklich keine Sau benötigt, könnt Ihr ja Euren eigenen Mostrich in einem Kommentar beisteuern. Vielleicht kommen wir am Ende durch De-Influencing ja wieder auf einen grünen Zweig, in dieser verpeilten Konsum-Gesellschaft, wenn dadurch mehr und mehr Menschen auf den Trichter kommen, dass das, was „normal“ zu sein scheint, oft völliger Nonsens ist.
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