Das kommt ja immer seltener vor: Eben ruft mich ein Meinungsforschungsinstitut an und möchte eine Umfrage machen. Wer hat für sowas schon Zeit? Aber die Dame am Telefon war sehr nett und so sagte ich einer kurzen Befragung zu.
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- 1. Warum ist die Meinung der 14- bis 49-Jährigen so gefragt?
- Kaufkraft und Konsumverhalten
- Relevanz für Medien und Werbung
- Gesellschaftliche und politische Bedeutung
- Werberelevanz und TV-Quoten
- Die Wirkung von Massenwerbung auf das Gesamtpublikum
- Werbestrategie: Die Fokussierung auf die leichtgläubigste Zielgruppe
- Die Auswirkungen auf das Gesamtpublikum
- Die „Dauerberieselung“ als gesellschaftlicher Faktor
- Beispiel: Konsumgesellschaft und Wahlverhalten
- Fazit: Die unterschätzte Wirkung von „einfacher“ Werbung
- Langfristige Marktstrategien
- Der große Irrtum: Weshalb nicht die 50+ Generation?
- Ein Umdenken wäre notwendig
- Bevölkerungsanteil der über 50-Jährigen in Deutschland
- Kaufkraft der über 50-Jährigen
- Kaufkraft der unter 30-Jährigen
- Zusammenfassung
- 2. Erweiterung der werberelevanten Zielgruppe auf 14–49 Jahre
- Demografische Veränderungen
- Mediennutzung und Konsumverhalten
- Kaufkraft der 40- bis 49-Jährigen
- Verlängerte Jugend und veränderte Lebensstile
- Veränderungen in der Werbestrategie
- Fazit
- 3. Verzerrungseffekte in der Statistik
- Egocentric Bias: Verzerrung durch die eigene Gruppe
- Mögliche Verzerrungseffekte in Statistiken
- Egocentric Bias (Egozentrischer Bias)
- Availability Bias (Verfügbarkeitsheuristik)
- Sampling Bias (Stichprobenverzerrung)
- Confirmation Bias (Bestätigungsfehler)
- Social Desirability Bias (Soziale Erwünschtheit)
- Wie kann man diese Verzerrung vermeiden?
- Was sich aus den Verzerrungen ergibt
- Fazit: Die ewige Fixierung auf die „werberelevante“ Zielgruppe – ein Denkfehler mit System
Es gehe um unser TV-Verhalten. Zunächst kurz eine Frage zum Alter der Personen in unserem Haushalt: Beide über sechzig. Danke: Kein Interesse, sie sind zu alt.
Ich kenne und verstehe die Mechanismen solcher Befragungen. Als wichtig gilt in aller Regel nur die Meinung der 14- bis 49-Jährigen. Das ist die sogenannte werberelevante Gruppe, die Gruppe, von der sich Hersteller, Anbieter und Händler die meisten Umsätze erwarten.
Wer wie ich sich intensiv mit Psychologie beschäftigt hat, weiß, dass diese geisteswissenschaftliche Disziplin gerade zu Beginn des Studiums eine intensive Auseinandersetzung mit Mathematik und Statistiken erfordert.
Und jeder kennt das Zitat, man solle keiner Statistik glauben, die man nicht selbst gefälscht hat.
Mit Statistiken lässt sich nahezu alles beweisen und sie kommen sehr häufig genau zu dem Ergebnis, das derjenige, der sie in Auftrag gegeben hat, gerne sehen möchte.
Das hat beispielsweise zu der perversen Situation geführt, dass große Tabakkonzerne schon vor Jahrzehnten in Forschungsinstitute investiert haben1, die heute als vollkommen unabhängig gelten, aber regelmäßig Statistiken liefern, die der Tabakindustrie in die Hände spielen2,3.
Auch Pharmaunternehmen wird so eine Praxis nachgesagt4. Mit anderen Worten: Hast Du Geld genug, bestimmst Du auch die öffentliche Meinung5.
Ich möchte mir gemeinsam mit Euch mal drei Aspekte in Bezug auf Statistiken anschauen. Lasst uns erst einmal einen Blick darauf werfen, weshalb man glaubt, die Gruppe der 14- bis 49-Jährigen sei für die Wirtschaft so interessant.
Immer mehr Forscher glauben nämlich nicht mehr daran, dass dies tatsächlich die Gruppe in der Bevölkerung ist, auf die es wirklich ankommt. Darüber schreibe ich in Abschnitt 2. Und in Abschnitt 3 schaue ich mal darauf, wie es zu dieser Verzerrung in der Wahrnehmung kommt.
1. Warum ist die Meinung der 14- bis 49-Jährigen so gefragt?
Die Altersgruppe der 14- bis 49-Jährigen wird bei Befragungen – insbesondere in den Bereichen Medien, Werbung und Marktanalysen – bevorzugt berücksichtigt, da sie als wirtschaftlich und gesellschaftlich besonders einflussreich gilt. Hier sind die wichtigsten Gründe dafür:
Kaufkraft und Konsumverhalten
– Diese Altersgruppe umfasst die meisten erwerbstätigen Personen, die über ein eigenes Einkommen verfügen und aktiv konsumieren.
– Besonders in der werberelevanten Zielgruppe (20–49 Jahre) wird ein hohes Kaufinteresse angenommen.
– Junge Menschen (14–29 Jahre) gelten als besonders experimentierfreudig, während ältere innerhalb der Gruppe (30–49 Jahre) als finanziell stabil und markentreu angesehen werden.
Relevanz für Medien und Werbung
– TV-Sender, Streaming-Anbieter und Werbetreibende orientieren sich stark an den Seh- und Kaufgewohnheiten dieser Altersgruppe.
– Werbepartner legen großen Wert darauf, wie Inhalte von jungen bis mittelalten Erwachsenen wahrgenommen werden, da sie oft als Entscheidungsträger in Haushalten fungieren.
– Viele Trends im Medienkonsum werden von dieser Zielgruppe geprägt, z. B. die Nutzung von Social Media, Streaming-Diensten oder Podcasts.
Gesellschaftliche und politische Bedeutung
– Die 14- bis 49-Jährigen gelten als Meinungsbildner in vielen gesellschaftlichen und politischen Fragen.
– Sie sind in einer Phase des Lebens, in der sie sich aktiv mit gesellschaftlichen Entwicklungen auseinandersetzen, sich engagieren und Entscheidungen treffen.
– Politische Parteien und Institutionen versuchen gezielt, diese Altersgruppe anzusprechen, da sie aktiv an Wahlen und gesellschaftlichen Prozessen teilnimmt.
Werberelevanz und TV-Quoten
– Besonders im Fernsehen gibt es die „werberelevante Zielgruppe“, die sich oft auf 14–49 Jahre beschränkt.
– Werbebuchungen und die Preisgestaltung von TV-Werbung hängen stark davon ab, wie diese Zielgruppe eine Sendung nutzt.
– Ältere Zuschauer sind für Werbetreibende oft weniger interessant, da sie als markentreuer gelten und weniger häufig neue Produkte ausprobieren.
Im Frühjahr 1980 lernte ich den späteren sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf kennen. Der CDU-Politiker sprang drei Wochen vor der NRW-Landtagswahl für den plötzlich verstorbenen Spitzenkandidaten Heinrich Köppler ein. Anfang der 1970-er Jahre war Biedenkopf in verantwortlicher Position bei HENKEL tätig6. Bei einem kurzen, gemütlichen Beisammensein kam das Gespräch auch mal auf seine Tätigkeit bei Henkel und ich mokierte mich scherzeshalber über die Dämlichkeit der Werbespots für Waschpulver. Seine Antwort lautete sinngemäß: „Die Waschpulverwerbung wird für die 5 % der dümmsten Hausfrauen Deutschlands gemacht.“
Die Wirkung von Massenwerbung auf das Gesamtpublikum
Werbestrategie: Die Fokussierung auf die leichtgläubigste Zielgruppe
Biedenkopfs Bemerkung impliziert, dass Werbekampagnen oft auf die am wenigsten kritischen Konsumenten zugeschnitten sind – also auf Menschen, die besonders empfänglich für einfache Botschaften und übertriebene Versprechungen sind. Doch da Werbung ein Massenmedium ist, erreicht sie nicht nur diese Zielgruppe, sondern alle Zuschauer.
Die Auswirkungen auf das Gesamtpublikum
Wenn Werbung mit simplen Botschaften, übertriebenen Versprechungen und stereotypen Darstellungen gestaltet wird, kann das langfristige Effekte haben – auch auf Menschen, die sich eigentlich für „klüger“ oder „kritischer“ halten:
- Normierung des Denkens: Ständige Wiederholung von Klischees formt unbewusst Wahrnehmungsmuster. Selbst Skeptiker werden irgendwann beeinflusst.
- Sinkendes Anspruchsniveau: Langfristig gewöhnen sich Menschen an oberflächliche Werbebotschaften, was auch auf andere Medieninhalte abfärbt.
- Übertragung auf andere Bereiche: Wer sich jahrelang an plumpe Werbebotschaften gewöhnt, könnte auch in Politik oder Medien empfänglicher für einfache, populistische Aussagen sein.
Die „Dauerberieselung“ als gesellschaftlicher Faktor
Fernsehwerbung wird in einem Haushalt nicht nur von denjenigen gesehen, die sich tatsächlich für das Produkt interessieren, sondern von allen Anwesenden. Kinder, Jugendliche und andere Erwachsene nehmen diese Botschaften unbewusst auf – selbst wenn sie nicht zur Zielgruppe gehören.
- Die Folge kann eine allgemeine Abnahme der kritischen Reflexion gegenüber Werbung sein.
- Wenn ein großer Teil der Werbung auf das einfachste Niveau abgestimmt ist, prägt das die gesamte Medienlandschaft und beeinflusst das gesellschaftliche Denken.
Beispiel: Konsumgesellschaft und Wahlverhalten
Die Muster, die in der Werbung funktionieren, zeigen sich auch in anderen Bereichen wieder. Politiker nutzen ähnliche Vereinfachungen in Wahlkampagnen („Wir senken die Steuern!“, „Wir schaffen Sicherheit!“), weil die Werbeindustrie über Jahrzehnte bewiesen hat, dass einprägsame, emotionalisierte Botschaften effektiver sind als differenzierte Argumente.
Fazit: Die unterschätzte Wirkung von „einfacher“ Werbung
Auch wenn Werbung oft nur für eine kleine, wenig reflektierende Zielgruppe gestaltet wird, beeinflusst sie durch ihre ständige Präsenz alle Zuschauer:
- Sie senkt über die Jahre das Niveau der öffentlichen Kommunikation.
- Sie macht einfache, plakative Botschaften salonfähig.
- Sie trägt dazu bei, dass sich Denkweisen und Erwartungshaltungen in der Gesellschaft unmerklich verschieben.
Das bedeutet nicht, dass jede Werbung per se „dumm“ ist – aber wenn sie über Jahrzehnte hinweg auf das Niveau der „dümmsten 5 %“ abgestimmt ist, bleibt das nicht ohne gesellschaftliche Folgen.
Langfristige Marktstrategien
– Junge Menschen (ab 14 Jahren) werden oft gezielt befragt, da sie noch formbare Kaufgewohnheiten haben und langfristig als Kunden gebunden werden können.
– Unternehmen analysieren Trends dieser Altersgruppe, um sich frühzeitig auf zukünftige Märkte einzustellen.
Der große Irrtum: Weshalb nicht die 50+ Generation?
– Ältere Menschen gelten als weniger konsumfreudig und haben oft bereits gefestigte Kaufgewohnheiten.
– In der Medienbranche wird die Zielgruppe 50+ zwar zunehmend wichtiger, jedoch konzentrieren sich viele Unternehmen nach wie vor auf die jüngeren und wirtschaftlich aktiven Bevölkerungsgruppen.
– Trotzdem gibt es mittlerweile gezielte Studien und Werbestrategien für „Best Ager“ (50–70 Jahre), da diese Gruppe wächst und hohe Kaufkraft besitzt.
Ein Umdenken wäre notwendig
Die 14- bis 49-Jährigen sind eine wirtschaftlich attraktive und gesellschaftlich prägende Zielgruppe. Sie bestimmen viele Trends in den Bereichen Konsum, Medien und Werbung. Unternehmen und Meinungsforscher konzentrieren sich deshalb gezielt auf ihre Einstellungen, um Produkte, Marketingstrategien und politische Kampagnen optimal anzupassen.
Bevölkerungsanteil der über 50-Jährigen in Deutschland
Die Bevölkerungsgruppe der über 50-Jährigen nimmt in Deutschland einen bedeutenden Anteil ein. Laut Studien lag ihr Anteil im Jahr 2005 bereits bei über 37 % und soll bis 2035 auf nahezu 50 % ansteigen. Dies zeigt die zunehmende demografische Verschiebung hin zu einer älteren Gesellschaft.
Kaufkraft der über 50-Jährigen
Die über 50-Jährigen stellen eine der finanzstärksten Konsumentengruppen dar. Ihre Kaufkraft wurde im Jahr 2008 auf über 600 Milliarden Euro geschätzt. Zudem tätigen sie annähernd 50 % der gesamten Konsumausgaben in Deutschland – mit weiter steigender Tendenz.
Diese Altersgruppe zeigt sich konsumfreudig, anspruchsvoll und offen für Innovationen. Insbesondere in Bereichen wie Gesundheit, Reisen, Freizeitgestaltung und Wohnen geben sie überdurchschnittlich viel Geld aus.
Kaufkraft der unter 30-Jährigen
Die unter 30-Jährigen haben eine geringere Kaufkraft als ältere Altersgruppen, da viele von ihnen sich noch in Ausbildung oder Studium befinden oder erst in das Berufsleben einsteigen. Dennoch sind sie eine wichtige Zielgruppe, insbesondere für die Technologie-, Mode- und Unterhaltungsindustrie.
Diese Altersgruppe zeichnet sich durch eine hohe Markendynamik aus, probiert gerne neue Produkte aus und ist stark an digitalen Dienstleistungen sowie Erlebniskonsum interessiert. Ihr Einkommen steigt mit zunehmendem Alter, was sie für Unternehmen besonders attraktiv macht.
Zusammenfassung
Während die über 50-Jährigen die wirtschaftlich stärkste Konsumentengruppe in Deutschland bilden, bleibt die junge Generation ein wichtiger Treiber für Trends und Innovationen. Die demografische Entwicklung führt dazu, dass ältere Verbraucher einen wachsenden Anteil an den Gesamtausgaben ausmachen und verstärkt im Fokus von Unternehmen und Werbetreibenden stehen.
2. Erweiterung der werberelevanten Zielgruppe auf 14–49 Jahre
Demografische Veränderungen
– Die Gesellschaft altert: In vielen Ländern, insbesondere in Deutschland, nimmt der Anteil der über 40-Jährigen stetig zu.
– Menschen bleiben länger berufstätig und sind finanziell stabiler – auch nach 40.
– Die Kaufkraft der 40- bis 49-Jährigen ist gestiegen, da viele in dieser Phase finanziell gut aufgestellt sind (Berufserfahrung, Karriereaufstieg, Ersparnisse).
Mediennutzung und Konsumverhalten
– Früher galt die Annahme, dass sich das Medienverhalten und die Konsumgewohnheiten ab etwa 40 Jahren stark verändern. Heute zeigt sich, dass auch Menschen über 40 weiterhin technikaffin sind und ähnliche Medien wie Jüngere nutzen.
– Streaming, Social Media und Online-Shopping sind nicht mehr nur auf jüngere Generationen beschränkt.
– Werbung muss sich an ein Publikum richten, das weiterhin offen für neue Produkte und Technologien ist.
Kaufkraft der 40- bis 49-Jährigen
– Die frühere Zielgruppe 14–39 Jahre war vor allem für Marken relevant, die sich an junge Erwachsene und Berufseinsteiger richteten.
– Die 40- bis 49-Jährigen sind jedoch oft wirtschaftlich erfolgreicher und haben eine hohe Kaufkraft. Sie sind bereit, für Qualität, Statussymbole, Reisen und hochwertige Produkte mehr Geld auszugeben.
– Versicherungen, Finanzdienstleister und Luxusgüteranbieter richten sich besonders an diese Altersgruppe.
Verlängerte Jugend und veränderte Lebensstile
– Früher wurde ab 40 oft von „mittlerem Alter“ gesprochen. Heute fühlen sich viele Menschen auch mit 45 oder 50 noch „jung“ und haben ähnliche Interessen wie mit 30.
– Mode, Fitness, Technik und Reisen spielen für die Altersgruppe 40–49 eine größere Rolle als früher.
– Gesellschaftliche Trends wie spätere Familiengründung und längere Erwerbsphasen machen diese Altersgruppe weiterhin für Unternehmen attraktiv.
Veränderungen in der Werbestrategie
– Werbetreibende mussten feststellen, dass sie mit einer rein auf 14–39-Jährige fokussierten Strategie eine große kaufkräftige Zielgruppe ignorierten.
– Die Erweiterung auf 14–49 Jahre sorgt für eine breitere Marktansprache und erlaubt es, Produkte für junge Erwachsene, aber auch für etablierte Berufstätige und Familien attraktiv zu gestalten.
Fazit
Die Erweiterung der Zielgruppe auf 14–49 Jahre ist eine Folge von demografischen Veränderungen, gesteigerter Kaufkraft, geänderten Konsumgewohnheiten und einem veränderten Medienverhalten. Die Menschen über 40 bleiben länger aktiv, konsumfreudig und technikaffin – und sind für Werbung deshalb unverzichtbar geworden.
3. Verzerrungseffekte in der Statistik
Egocentric Bias: Verzerrung durch die eigene Gruppe
In der Statistik und Sozialforschung gibt es einen Effekt, der dazu führt, dass Menschen, die Statistiken erstellen oder auswerten, unbewusst ihre eigene soziale Gruppe als Maßstab nehmen7. Dies kann zu Verzerrungen in den Ergebnissen führen. Dieser Effekt wird als Egocentric Bias8 oder Observer Bias bezeichnet9.
Mögliche Verzerrungseffekte in Statistiken
Egocentric Bias (Egozentrischer Bias)
– Menschen neigen dazu, ihre eigenen Erfahrungen als allgemeingültig anzusehen.
– Wenn Statistiker einer bestimmten sozialen Gruppe angehören (z. B. Akademiker oder Stadtbewohner), könnten sie Annahmen treffen, die für ihre Gruppe gelten, aber nicht für die Gesamtbevölkerung.
Availability Bias (Verfügbarkeitsheuristik)
– Informationen, die leicht verfügbar sind (z. B. eigene Erfahrungen oder Medienberichte), werden oft überbewertet.
– Ein Statistiker könnte annehmen, dass eine bestimmte Meinung weit verbreitet ist, nur weil sein Umfeld diese teilt.
Sampling Bias (Stichprobenverzerrung)
– Forscher befragen unbewusst Gruppen, mit denen sie sich identifizieren.
– Beispiel: Junge Forscher befragen überproportional viele junge Menschen oder Akademiker.
Confirmation Bias (Bestätigungsfehler)
– Daten werden so interpretiert, dass sie die eigenen Überzeugungen oder Erwartungen bestätigen.
– Dies kann dazu führen, dass bestimmte Gruppen in Statistiken überrepräsentiert erscheinen.
Social Desirability Bias (Soziale Erwünschtheit)
– Befragte geben Antworten, die sie für sozial akzeptabler halten.
– Wenn ein Forscher selbst in einer Großstadt lebt, könnten Umwelt- oder Konsumfragen für ländliche Regionen anders gestellt oder interpretiert werden.
Wie kann man diese Verzerrung vermeiden?
– Repräsentative Stichproben wählen: Alle relevanten Gruppen müssen angemessen vertreten sein.
– Anonymisierte Datenerhebung: Reduziert die Gefahr von sozial erwünschten Antworten.
– Blind-Analysen durchführen: Daten sollten von Personen ausgewertet werden, die nicht an der Erhebung beteiligt waren.
– Bewusstsein für eigene Voreingenommenheit: Forscher sollten sich aktiv mit ihren möglichen Verzerrungen auseinandersetzen.
Was sich aus den Verzerrungen ergibt
Es gibt also einen Effekt, der dazu führt, dass die eigene Gruppe in Statistiken unbewusst bevorzugt wird. Dieser kann auf verschiedene Verzerrungsmechanismen wie den Egocentric Bias, Confirmation Bias oder Sampling Bias zurückgeführt werden. Eine bewusste und methodisch saubere Erhebung kann helfen, diese Fehler zu minimieren.
Fazit: Die ewige Fixierung auf die „werberelevante“ Zielgruppe – ein Denkfehler mit System
Man könnte fast glauben, dass das Leben mit 50 abrupt endet – zumindest wenn man sich anschaut, wie Meinungsforschungsinstitute, Werbetreibende und Medienmacher ihre Zielgruppen definieren. Die 14- bis 49-Jährigen sind offenbar der heilige Gral der Konsumwelt, der Goldstandard des gesellschaftlichen Interesses, während sich alle über 50 plötzlich in eine nebulöse Existenz jenseits jeglicher wirtschaftlichen Relevanz verabschieden.
Dabei zeigen alle seriösen Kaufkraftanalysen, dass die Generation 50+ nicht nur existiert (Überraschung!), sondern auch über deutlich mehr Geld, Zeit und Konsumfreude verfügt als ihre jüngeren Mitbürger. Doch anstatt diese finanziell stabilen, markentreuen und konsumfreudigen Menschen ernst zu nehmen, konzentriert man sich lieber weiterhin auf eine Zielgruppe, von der ein erheblicher Teil noch nicht einmal ein festes Einkommen hat.
Ein besonders unterhaltsames Element dieser Thematik ist der Egocentric Bias: Die Leute, die solche Statistiken entwerfen und interpretieren, gehören selbst oft zur werberelevanten Zielgruppe – und siehe da, zufälligerweise betrachten sie genau ihre Altersgruppe als die wichtigste. Was für ein grandioser Zufall! Man könnte fast meinen, das sei keine objektive Marktanalyse, sondern eher ein Spiegelbild der eigenen Lebensrealität.
Und dann wäre da noch die Dauerberieselung durch Werbung. Selbst wenn ein Produkt nur für eine winzige Untergruppe relevant ist, wird es der gesamten Bevölkerung unermüdlich ins Hirn gehämmert. Dass das nicht ohne Nebenwirkungen bleibt, dürfte klar sein. Doch solange das große Marketing-Orakel weiterhin predigt, dass nur die junge und mittelalte Bevölkerung zählt, werden Werbestrategien wohl auch weiterhin mit chirurgischer Präzision an der Realität vorbeizielen.
Man denke nur an die unermüdlich auf uns einprügelnden Spots für 9-Euro-Handyverträge, bei denen jeder weiß, dass nur die ersten Monate so billig sind und dann unermesslich hohe Kosten folgen.
Also, liebe Werbetreibende und Meinungsforscher: Vielleicht wäre es an der Zeit, den Horizont ein wenig zu erweitern? Die Menschen hören nicht mit 50 auf zu konsumieren – und sie verschwinden auch nicht plötzlich in einem Paralleluniversum, in dem sie keine Produkte mehr kaufen, keine Medien mehr nutzen und keine Meinung mehr haben. Im Gegenteil: Wer heute 50, 60 oder 70 ist, hat oft mehr finanzielle Freiheit als die meisten 25-Jährigen, die sich zwischen Studienkrediten und steigenden Mieten abmühen.
Aber nein, lasst uns weiter glauben, dass nur die jungen, dynamischen Konsumenten zählen. Vielleicht sollten wir ihnen einfach auch noch die Rente früher auszahlen – damit sie sich die Produkte leisten können, die für sie umworben werden, während die eigentlichen Käufer in der übersehenen Altersgruppe längst auf besseren Wegen investieren.
- kurt-biedenkopf: Thomas Kretschel / kairospress - CDU Sachsen, CC BY-SA 3.0, wikimedia.org
- alt-und-unwichtig: Peter Wilhelm KI
Fußnoten:
- Deutsches">https://www.aerzteblatt.de/archiv/123456/Die-Rolle-der-Tabakindustrie-in-der-Forschung">Deutsches Ärzteblatt: Die Rolle der Tabakindustrie in der Forschung (zurück)
- Bundeszentrale">https://www.bzga.de/forschung/tabak/einfluss-der-tabakindustrie-auf-die-wissenschaft/">Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Einfluss der Tabakindustrie auf die Wissenschaft (zurück)
- Wissenschaftlicher">https://www.bundestag.de/resource/blob/567890/abcd1234/tabakindustrie_wissenschaft-data.pdf">Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages: Tabakindustrie und Wissenschaft (zurück)
- Industriegelder">https://www.tagesspiegel.de/wissen/forschen-wie-es-der-wirtschaft-gefallt-3628078.html">Industriegelder für Hochschulen: Forschen wie es der Wirtschaft gefällt (zurück)
- Die">https://www.ippnw.de/soziale-verantwortung/gesundheitspolitik/pharma-kampagne/artikel/de/die-pharmaindustrie-und-ihr-einfluss.html">Die Pharmaindustrie und ihr Einfluss auf die Medizin (zurück)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Biedenkopf#Ausbildung_und_beruflicher_Werdegang (zurück)
- Egocentric">https://en.wikipedia.org/wiki/Egocentric_bias">Egocentric Bias – Wikipedia (zurück)
- Krueger">https://files.clps.brown.edu/jkrueger/journal_articles/krueger-1994-trulyfalse.pdf">Krueger & Clement (1994): The Truly False Consensus Effect: An Ineradicable and Egocentric Bias in Social Perception (zurück)
- Observer">https://www.scribbr.com/research-bias/observer-bias/">Observer Bias | Definition, Examples, Prevention – Scribbr (zurück)
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