„Ach, ja“ – der Leser möge sich dieses „Ach, ja“ geseufzt vorstellen. Nicht unbedingt schmerzhaft, eher etwas wehmütig, nach dem Motto: „früher war alles besser“. Und mit früher meine ich jene güldnen Zeiten, in denen im Vatikan noch der richtig barocke Pomp zu bewundern war; in denen man die Schuhe des Fischers noch aus feinstem, von zarten Kinderhänden gegerbtem Ziegenleder zu fertigten pflegte. Immerhin war der Papst damals der uneingeschränkte Herrscher über die gesamte Welt. Nicht etwa wie heute, wo man ihn höchstens als CEO einer spirituellen Freak-Show pädophiler Kuttenträgern betiteln kann.
Früher war eben alles besser. In seiner unantastbaren Glorie als Gottes Stellvertreter auf Erden gewährte der Pontifex den Seefahrernationen mit jovialer Geste globale Beutezüge, selbstredend gegen einen adäquaten Anteil für die apostolische Schatulle. Und hurtig stachen sie in See, wie man so sagt. Die Portugiesen, die Holländer, die Belgier, die Spanier…kurzum, alle, die es drauf hatten, einigermaßen seetüchtige Pötte zusammenzunageln, machten sich Stande Pede auf die Socken und rafften alles zusammen, was sie greifen konnten. Und da sie eh schon mal vor Ort waren, rotteten sie, gründlich wie die Europäischen Seefahrer nun mal sind, solch unnützes Gesockse wie die Majas gleich mal aus. Die Belgier machte es sich im Kongo gemütlich, beuteten die dortigen Gummivorkommen aus und wurden steinreich. OK, dass sie dabei 20 Millionen Neger massakrierten, ist aus heutiger Sicht eher undufte, aber es waren ja, wie gesagt, andere, bessere, Zeiten.
Überall, wo es auf dem Planeten etwas zu holen gab, tauchten früher oder später an den Küsten die Segelschiffe auf, und sofort war Schluß mit Lustig – also für die dortigen Ureinwohner. Die Seefahrer, respektive deren Könige und last but not least seine Scheinheiligkeit zu Rom hatten natürlich ihren Spaß. Man könnte dieses goldene Zeitalter als die Geburtsstunde der Globalisierung bezeichnen.
Heutzutage, mit der UNO und den Menschenrechten, mit dem WWF und Greenpeace, ist das etwas schwieriger geworden. Da kann man leider nicht mehr so einfach mal wohin schippern, ein paar Eingeborene killen, deren Frauen nebst Gold und sonstigem Gedöns abschleppen. Man muss da schon etwas mit der Zeit gehen. Heute geht man eleganter über Leichen, sprich: mit Verträgen und nennt das „Handelsabkommen“.
Denn seit eine Welle von solchen Unabhängigkeits-Dingsbums-Bestrebungen über die Kolonien gerollt ist, vorab sogar recht erfolgreich, hat der Belgier im Kongo nichts mehr zu melden. Deshalb kann man nicht mehr mal eben so dahin fahren und das Gummi abgreifen, oder in den Zentralafrikanischen Regelwald brettern, um dort Coltan für unsere Handys zu schürfen. OK, es geht schon, aber eben mit Handelsabkommen. Man man richtet hierzu einem korrupten Ober-Muffti ein Nummernkonto in der Schweiz mit einem satten Millionen-Guthaben ein und darf, vertraglich geregelt, überall die Sau rauslassen. Also Wälder abholzen, Böden mit Zyanid auslaugen, um Edles wie eben Gold und Coltan zu gewinnen. Und wenn dann der WWF auftauchen sollte, um besorgt die Umweltkeule zu schwingen, bohrt man für die Eingeborenen eben einen Brunnen, installiert auf dem Dorfplatz einen kostenlosen W-LAN Hot-Spot, sponsert eine NGO gegen die Umweltbarbarei und versorgt gleichzeitig ein paar Deppen mit ausgedienten Sturmgewehren. Mit diesem Tohuwabohu sind die weltweiten Netzwerke erst einmal beschäftigt, und die Minen und die Gummibäume liefern derweil fette Beute.
Es gibt jedoch einen einschneidenden Unterschied zwischen den goldenen Zeiten der Kolonien und der Globalisierung unserer Tage. Früher wurde die Beute noch zwischen dem Apostolischen Sitzmöbel und den Königshäusern verteilt. In den Heimatländern der Blaublütler prosperierte die Wirtschaft durch die spottbilligen Rohstoffe, Fabriken schossen wie die Pilze aus dem Boden und die ehemals bettelarmen Tagelöhner auf den Feldern der feisten Großgrundbesitzer wurden zu bettelarmen Lohnarbeitern der Fabrikanten. Ach, ja, das war eben die gute alte Zeit, alles hatte seinen Platz.
Dann kam die erste Spaßbremse: ein langhaariger, unrasierter Misanthrop aus Trier namens Karl Marx, der die Schnapsidee vertrat, den bettelarmen Lohnarbeitern der Fabrikanten stünde doch eine Teilhabe an deren Gewinnen zu. Bis heute wurde nie geklärt, welche zerebralen Ausfälle ihn auf dieses schmale Brett brachten, der Rest ist jedoch sattsam bekannt: Gewerkschaften, 35-Stunden Woche, VW-Käfer, später dann Wüstenroth und Reiheneckhaus, Frauenquote und Carport mit getrennten Mülltonnen.
Heute sind die Akteure der Globalisierung keine Operetten-Blaublütler oder Industrie-Barone mehr, sondern aberwitzig reiche, rücksichtslose Psychopaten in Maßanzügen, die in Glaspalästen an der Wall-Street ihre Anonymität pflegen, die sich einen Dreck um den Pöbel im eigenen Umland scheren, um Gewerkschaften, Mitbestimmung und all den unlustigen Kram.
Multinationale Konzerne, die weltweit Bäume und Regierungen fällen und selbst die eigenen Landsleute als Masse sehen, die es gilt, auszunehmen, wie den fetten Turkey zu Thanksgiving. Ich sage nur: Detroit. Das war DIE Hochburg der Automobil-Industrie in den USA. Aus den Werkshallen von Ford, Chrysler & Co rollten im Minutentakt die mächtigen V8-Boliden und Hank stand am Wochenende im Vorgarten und grillte, was das Zeug hielt.
Dann hatten die Mächtigen der Wall-Street keinen Bock mehr auf Chrom, Schrauben und all den archaischen Kram. Sie machten ihre Milliarden-Gewinne jetzt lieber über klinisch saubere, völlig abstruse Finanzwetten. Dass die ganze Knete irgendwo her kommen musste, wurde Hank erst klar, als es schon zu spät war; als die Bank seine aberwitzige Hypothek kündigte und ihm das Haus, den V8 und seinen riesigen Grill unterm Arsch wegpfändete. Heute sind die Macher der Wall-Street einige Hundert Milliarden Dollar reicher, Detroit ist bankrott, und Hank und seine Freunde schuften, wenn überhaupt, für einen Teller Fast-Food.
Man könnte sagen: alles ist wieder gut, wie früher, Protz und Elend sind wieder im Lot. Und jetzt kommt wieder eine Spaßbremse. Allerdings keine unrasierte mit wallendem Haar. Eher ein glattrasierter Irrläufer mit einer Frisur, die bereits in jedem Proseminar der Dermatologen zum Standard-Thema gehört. Klar, ich rede von Donald Trump, der Nr. 45 im Oral Office. Er hat zwar Null Plan, aber eine Botschaft für Hank und seine Freunde: „America First“. Und um diesen Null-Plan mit alternativen Wahrheiten zu füllen, deliriert Trump via Twitter von seinem amerikanischen Traum, von Hank am Fließband, und dass die amerikanischen Konzerne mit amerikanischen Arbeitern auf amerikanischem Boden gefälligst amerikanische Produkte für den amerikanischen Markt herzustellen haben. Das ist doch krank, oder? Sollen die Wall-Street-Jungs etwa wieder in Chrom und Schrauben machen? Geht´s noch? Ich sag nur: miserable Margen, deutlich unter den 35%, die ein gut gemanagter Hedge-Fond oder der IWF so abwerfen.
Aber wie einst die Könige und der Papst, werden sich die Manager den Spaß nicht verderben lassen. Denen ist bisher immer etwas eigefallen, wenn von Zeit zu Zeit eine Spaßbremse auf der Matte steht. Keine Bange, alles wird gut!
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