Vor einigen Tagen fielen mir sehr hübsche Postkarten mit Hundemotiven in die Hände.
Wie ich recherchieren konnte, stammen sie von dem zu seiner Zeit recht bekannten Maler Paul-Egon Mahler.
Doch wer war dieser Paul-Egon Mahler?
Paul-Egon Mahler um 1908
Paul Egon Mahler war ein bekannter Maler von Tier- und Jagdszenen, Wetterkundler und Erfinder.
Zu seinen wohl bekanntesten Werken zählen seine für Jagdhefte zur Unterhaltung angefertigten Zeichnungen vom berühmten Salatdackel. (Siehe Titelbild und folgendes:)
Der Salatdackel – Paul Egon Mahler – um 1915 – gemeinfrei – in Privatbesitz
Am 18.02.1842 wurde er in Straßburg unter dem Namen Paul Eugene Mahler geboren. Seine Eltern waren der Rauchwarenhändler Maximilian Mahler und dessen Frau, die damals sehr bekannte Pilz- und Kräuterkundige Elfriede Mahler, geb. Lutzenbuch.
Paul Egon Mahler besuchte in Straßburg die Schule bis einschließlich der dortigen Mittelschule, wo sein Talent von einem väterlichen Kunstlehrer (Robert Clairegall) gefördert wurde.
Württemberger Bracke von Paul-Egon Mahler um 1900
Ebenso wie das Elsass während der Zeit seine Zugehörigkeit zu den Nationen wechselte, wurde Mahler auch ein Wanderer zwischen Deutschland und Frankreich. Zunächst begann er 1856 in Freiburg eine Lehre zum Xylographen, was seinen künstlerischen Neigungen sehr entgegenkam. Seine Ausbildung beendete er 1861/1862 in Paris bei einem anderen Meister als Gebrauchsxylograph.
Seelenloser Korkenzieher
In seiner Freizeit widmete sich der multibegabte Künstler seinen zahlreichen Erfindungen, zu denen um 1870 auch die Entwicklung des seelenlosen Korkenziehers1 zählt. Bis dahin wurden Korkenzieher zum Öffnen von verkorkten Weinflaschen aus angespitzten Drähten mühsam um einen Dorn gewickelt. Das in der Mitte dieser Wendel verbliebene Loch wird als Seele bezeichnet.
Links „Seelenloser Korkenzieher“ nach Paul Mahler. Rechts: Gewendelter Korkenzieher
Solche Korkenzieher konnten nur manuell gefertigt werden, was sie zu der damaligen Zeit recht teuer machte. Mahler revolutionierte die Korkenzieherherstellung, indem er den Korkenzieher auf eine Art Schraube mit Griff ohne die Seele reduzierte. Korkenzieher können seitdem wesentlich günstiger maschinell hergestellt werden. Dadurch wurde der Konsum von in verkorkten Flaschen gelieferte Weinen durch die ärmere Bevölkerung ermöglicht.
Martha-Luise Mahler
Rückkehr ins Elsass und Heirat
Ende 1882 kehrte er für einige Jahre ins Elsass zurück und lernte dort Martha-Luise Kuritzon (anderen Quellen zufolge Curizon) (1869-1936), die Tochter eines Oberpostbeamten, kennen. Die beiden heirateten 1888 und zogen gemeinsam nach Paris.
Hochzeit 1888
Dort machte Paul Mahler sich zunächst nebenberuflich, dann hauptberuflich als freier Künstler einen Namen als Landschaftsmaler. Leider sind nahezu sämtliche Werke aus der Pariser Zeit verschollen. Sein Schaffen in Frankreich wurde durch den heraufziehenden Ersten Weltkrieg unterbrochen, da er als Deutsch-Franzose beiden Parteien verdächtig war. Daneben befasste sich Mahler auch autodidaktisch mit der Wetterkunde. An allen seinen Wohnorten betrieb er, wie Zeitgenossen berichten, kleine Wetterhäuschen zur Erfassung der aktuellen Wetterdaten, die er akribisch in über 200 Wetterbüchlein notierte.
Aus der Pariser Zeit erhalten ist diese wunderschöne Postkarte anlässlich der Pariser Weltausstellung von 1889 – Paul Mahler2
Das Ehepaar Mahler emigrierte in der Folge 1914 nach Lausanne in die Schweiz, wo Mahler in seiner zweiten großen Schaffensperiode vor allem Jagdszenen und Hunde3 malte. Weiterhin arbeitete er noch bis 1919 immer wieder als Xylograph und schuf vor allem Illustrationen für Lexika, Kataloge und andere Druckschriften. In dieser Zeit schrieb Mahler auch wetterkundliche Aufsätze für örtliche Zeitungen. Er gilt als Schöpfer des Begriffs „heiter“ für regen- und wolkenfreie Wetterlagen.
Wohnhaus der Mahlers in Lausanne/Schweiz
Vor allem seine Landschaftsbilder, bei denen sehr oft Tiere im Vordergrund standen, weckten zeitlebens das Interesse diverser Verleger. Seine Werke wurden in zahlreichen Büchern über die Jagd als Illustrationen eingesetzt, wobei sein Name oft ungenannt blieb. Bekannt wurde er zu seiner Zeit, als immer mehr wohlhabende Industrielle an ihn herantraten, um die in Mode kommenden Jagdsalons auszuschmücken. Der Schwerpunkt waren, wie bei seinen Illustrationen, das einheimische europäische Jagdwild, aber auch das lebende Handwerkszeug des Jägers, die Hunde, aber auch Akteure der Beizjagd, angefangen von den Falken bis hin zum Steinadler.
Die Dose, die Leben rettete
Im Jahr 1892 war die Welt voller Fortschrittsglaube, aber auch voller kleiner, tödlicher Fehler. In den stillen Werkstuben der deutschen Provinz tüftelten Männer an Lösungen, die niemand verlangte – bis man sie plötzlich brauchte. Einer von ihnen war Paul-Egon Mahler. Ein Mann mit der Seele eines Alchimisten und der Präzision eines Uhrmachers. Doch statt nach Gold zu suchen, jagte er einem unsichtbaren Gegner hinterher: dem Blei.
Frühe Konservendosen wurden durch Verlöten mit Blei verschlossen. Das konnte zu einer Bleivergiftung nach dem Verzehr des Inhalts führen. Bekannt geworden ist die Arktisexpedition des Briten Sir John Franklin von 1845 bis 1848, deren Mitglieder nach drei Jahren Dosennahrung an schwerer Bleivergiftung litten. Bei der Tragödie im Svenskhuset auf Spitzbergen 1872/1873, ebenfalls in der Arktis, wurde auch Dosennahrung mit zu hoher Bleikonzentration als Todesursache von 17 norwegischen Robbenjägern festgestellt.
Quelle: Wikipedia
Mahler hatte in einer vergilbten Zeitungsnotiz von der Tragödie um die Franklin-Expedition gelesen. Mahler, der stille Tüftler mit dem Hang zur Besessenheit, sah in den Dosen die Ursache. Seine Lösung war verblüffend einfach und dennoch genial. Er füllte die leeren Dosen mit einem eigens entwickelten Lack, auf der Basis harzgetränkter Öle. Dann setzte er sie auf eine rotierende Achse, und der Lack verteilte sich gleichmäßig an den Innenwänden und wurde dann bei moderater Hitze eingebrannt – und bildete eine schützende, unsichtbare Haut.
© Adolphe Camuser
Das Verfahren war billig, schnell, zuverlässig – und es rettete Leben.
So war es Paul-Egon Mahler, der dem metallischen Tod Einhalt gebot. Seine Methode setzte sich durch, erst bei kleinen Metzgern, später bei großen Konservenwerken. Ohne es je zu ahnen, wurde er zum heimlichen Schutzpatron der Arktisreisenden, Soldaten und Fabrikarbeiter4. Heutzutage sind Kunststoffbeschichtungen von Konservendosen weltweiter Standard, doch kaum jemand weiß, dass Paul-Egon Mahler die Idee dazu hatte.
Knollenanker
Im Jahr 1909 entwickelte Paul-Egon Mahler eine industriell herstellbare Variante des Knollenankers.
Knollenanker sind aus dem Bestattungswesen nicht wegzudenken, denn sie verhindern Sargaufsteigungen bei ungünstigen Bodenverhältnissen.
Der Mahler-Hörstuhl
Zunehmend wandte sich Mahler seinen Erfindungen zu. Etwa um 1918 entwickelte er den Hörstuhl. Dieser frühe Versuch, eine Hörhilfe für schwerhörige Personen zu entwickeln, war technisch bahnbrechend, fand aber zu Lebzeiten Mahlers kaum Anerkennung.
Hörstuhl, um 1918, Paul-Egon Mahler, Deutsches Museum, München, fotografiert von Pedro Guilermo ©
Heute ist nur noch ein Exemplar5 des Hörstuhls im Deutschen Museum, München erhalten6.
Paul Mahler verstarb am 27.12.1924 kinderlos an den Folgen eines Lungenleidens. Man nimmt heute an, dass es sich um Tuberkulose handelte.
Ausschnitt aus der Patentschrift von Paul Egon Mahler: Seelenloser Korkenzieher
Sein Werk geriet noch vor dem Zweiten Weltkrieg nahezu gänzlich in Vergessenheit. Auch wenn Paul-Egon Mahler sicher keiner der ganz großen Künstler war, so erfreuen seine Bilder auch heute noch viele Liebhaber von Jagd- und Hundeszenen. Sie bestechen durch ihren Detailreichtum, ihre heitere Ruhe und die Leichtigkeit der Farben. Wenn heute in Wettervorhersagen von „Aufheiterung“ oder „heiterem Wetter“ die Rede ist, geht diese Formulierung auf Paul Mahler zurück und wird uns immer an ihn erinnern. Seinen Erfindungen war zu Lebzeiten des rührigen Erfinders kaum Erfolg gegönnt. Auch alle Weinliebhaber der Welt können sich dank Mahlers Erfindung des „seelenlosen Korkenziehers“ ihrer Genussvorliebe erfreuen.
Zeittafel: Paul-Egon Mahler (1842–1924)
Jahr Ereignis / Station
- mahler-hochzeit: Fotograf: unbekannt
- mahler-konservendose: Adolphe Camuser
- paul-egon-mahler-hoerstuhl: Pedro Guilermo
- jagdhund-paul-egon-mahler: Paul Egon Mahler
- paul-egon-mahler: unbekannt
- curizon: Fotograf unbekannt
- Salatdackel-Paul-Egon-Mahler-gemeinfrei: Paul Egon Mahler - Salatdackel, gemeinfrei - in Privatbesitz
- Paul-Egon-Mahler-Exposition_Universelle_de_Paris_1889_-_Universitaets-_und_Landesbibliothek_Darmstadt: Paul-Egon-Mahler, Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt, Gemeinfrei, wikimedia.org
- Paul-Egon-Mahler-Bracke: Pinakothek
Fußnoten:
- https://de.wikipedia.org/wiki/Korkenzieher (zurück)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Weltausstellung_Paris_1889 (zurück)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Bracke_(Hund) (zurück)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Konservendose (zurück)
- https://www.deutsches-museum.de/ (zurück)
- https://hoergeraete-info.net/die-entwicklung-der-hoergeraete-von-der-antike-zur-digitalen-intelligenz/ (zurück)
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