Spitze Feder

Neiddebatte?

neid

Das zdf dürfte vermutlich über den Verdacht eines übertriebenen Faibles für sozialen Kitsch erhaben sein. Die Trutzburg auf dem Mainzer Lerchenberg ist ja schließlich kein Tafelladen, oder?

Das Zweite, mit dem man angeblich besser sieht, bedient zwar seine Klientel immer wieder mal über Formate wie „Frontal“, „Monitor“, „Panorama“, etc. pp, mit Unbotmäßigkeiten seitens der Regierung und der Verwaltungen, dies dürfte jedoch dem Umstand geschuldet sein, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer dummerweise nun mal eine ziemlich heterogene Gruppe sind, und dass man auch die unteren Einkommensschichten bei Laune halten muss. Um die Rundfunkabgabe (vulgo: GEZ) legitimieren zu können und in Sachen Ausgewogenheit des Programms, oder so in der Art, muss man den Reichen und Schönen zuweilen auch mal ans Schienbein treten. Oder, um es im Jargon des freien, demokratischen Vulgärliberalismus auszudrücken: Den Leistungsträgerinnen und Leistungsträgern.

Es gibt im besten Deutschland aller Zeiten zudem eine stetig wachsende Anzahl an Menschen mit mutmaßlich zerebrovaskulärer Insuffizienz, die seit Langem mit Nachdruck fordert, besagte Rundfunkabgabe zu streichen, respektive den öffentlich-rechtlichen Sendern den Garaus zu machen. Micheline und Michel sollten ihre Informationen zum Weltgeschehen zukünftig nur noch von den sogenannten Privaten beziehen, dafür aber für lau. Man muss sich das ungefähr so vorstellen: Die Nachrichten über den Krieg in der Ukraine und in Israel, gibt es in den Werbepausen zwischen „Bauer sucht Frau“, den „Geissens“, oder dem „Dschungelcamp“, um dem Fernziel, einer voll umfänglichen Verblödung der Gesellschaft, über eine vollumfängliche Amerikanisierung der Medien, den Weg zu bereiten. Denn einzig jene vollumfängliche Verblödung der Gesellschaft, würde gewährleisten, dass in deren Mindset die obszön grotesken Vermögen einiger weniger, mit der zunehmenden Verelendung eines Großteils der Bevölkerung, in quasi friedlicher Koexistenz…oder so ähnlich.

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Micheline und Michel könnten schließlich stolz darauf sein, dass es hierzulande immer mehr Superreiche gibt und es somit bewiesen sei, dass es im besten Deutschland aller Zeiten jeder schaffen kann, wenn man sich nur genügend anstrengt, wie unsere ehemalige Überkanzlerin und vormalige „hervorgehobene FDJ-Funktionärin für Agitation und Propaganda in der Akademie der Wissenschaften in der DDR“, Dr. Angela Dorothea Merkel, geborene Kasner, immer so keck und gespielt naiv zu sagen pflegte.

Dass dies alleine schon aus dem lästigen Umstand der Endlichkeit aller Ressourcen und Mittel, völliger Humbug ist, können nur die Privaten zwischen „Bauer sucht Frau“, den „Geissens“, oder dem „Dschungelcamp“ glaubhaft mit ihrer medialen Diarrhoe zukleistern. Eine derart gänzlich hirnbefreite Übung können die Öffentlich-Rechtlichen schon von Haus aus nicht wuppen. Denn im ZDF-Fernsehrat frönen traditionell Polit-Mumien und ehemalige Amts- und/oder Würdenträger, wie Gerda Hasselfeldt, in teuren Ledersesseln und entsprechendem Salär, ihrer geistigen Altersruhe, und pflegen dabei hin und wieder ein paar Sticheleien gegen aktuell Regierende auszuteilen. Insofern kann man den Öffentlich-Rechtlichen sogar durchaus eine Art gesellschaftlicher Hygienefunktion zu Gute heißen, die man bei den Privaten und ihrem Output an niveaulosem Dung definitiv ausschließen kann.

Nun werden sich einige Leserinnen und Leser vermutlich fragen, was dieses ellenlange Lamento denn Bitteschön mit dem Headliner gemein haben mag, und wann ich gedenke, endlich mal medias res zu gehen. Voilà:

Gestern meldete meine zdf-heute-App nämlich exklusiv (!), dass Deutschlands Milliardäre irgendwie mindestens 500 Milliarden € mehr besäßen, als bisher angenommen. Huch? Schon komisch, dass das bisher niemandem aufgefallen ist, oder? Wie dem auch sei: Das ginge jedenfalls aus Daten des Netzwerks Steuergerechtigkeit hervor, die dem ZDF vorlägen. Ob diese wundersame Geldvermehrung noch aus Zeiten des Corona-Goldrausches stammt, in dem die Creme de la Creme der deutschen Konzerne Milliarden an Kurzarbeiterknete abgegriffen hatte, oder ob es sich schlicht und ergreifend um schnöden Steuerbetrug im großen Stil handelt, ist anscheinend nicht bekannt. Jedenfalls wollte ich aufgrund dieser Meldung sofort die Binsen-Optionsscheine aus meinem Wertpapierportfolio abstoßen. Leider waren sie jedoch mittlerweile keinen Pfifferling mehr wert. Insofern kann ich meinen Rehbraten zu Weihnachten wohl knicken, lochen und abheften.

In dieser exklusiven Meldung waren auch die Top-Ten der ultrareichen Familien aufgelistet. Diese besitzen sage und schreibe 288 Milliarden €. Das ist schon eine ganze Menge Holz. Allerdings nicht vor der Hütte, sondern auf sündhaft teuren Anwesen nebst hauseigener Security. Ich habe zwar null Ahnung, wie reich die Familien auf Platz 11 bis 20 jener Liste sind, aber ich gehe davon aus, dass man sich um sie ebenfalls keine Sorgen machen muss, zumindest nicht in finanzieller Hinsicht.

Weshalb das zdf jedoch solch einen merkwürdigen, investigativen Furor ausgerechnet in diesen Zeiten an den Tag legt, in denen im besten Deutschland aller Zeiten, 1 Million Kinder unterhalb der Armutsgrenze und knapp 15% der lohnabhängig Beschäftigen mit prekären Einkommen leben, in denen sich Rentnerinnen und Rentner von Almosen aus den Tafelläden über Wasser halten müssen, in denen die Mieten explodieren und in Schulen der Schimmel an Wänden die Tristesse einer fahrlässigen Unterfinanzierung mit etwas Farbe kaschieren muss, und, und, und. All das ist mir schleierhaft, wo es im besten Deutschland aller Zeiten doch jeder schaffen kann, wenn man sich nur genügend anstrengt.

Ich kann nur spekulieren, dass Gerda Hasselfeldt mit diesem gezielten Leak, mal ordentlich gegen die FDP im Allgemeinen und den hauptamtlichen BDI-Cheflobbyisten, Ehrenbürger von Sylt und nebenberuflichen Bundesfinanzminister, Christian Lindner, im Besonderen auskeilen wollte. Entweder, weil sie nicht mit dem Privatjet auf dessen rauschende Hochzeitsparty eigeflogen wurde, oder weil die Liberalen nicht mit ihrer CSU, sondern mit den linksradikalen Sozen und den Grünen Dinkeldeppen…oder so.

Und was eignet sich zum Auskeilen besser, als eine zünftige Neiddebatte?

Nachtrag: In einer weiteren Meldung berichtet das zdf über einen hochrangigen Kreis aus professionellen Schleuserbanden, die im verschwiegenen Königstein im Taunus ein diskretes Meeting abhalten. Allerdings nicht etwa solche Schleuserbanden, die mit dem unkontrollierten Zuzug von Flüchtlingen ihr dreckiges Geld verdienen, sondern mit dem kontrollierten Abzug von Vermögen. Hierbei handelt es sich nämlich um die linkischsten und hinterfotzigsten Winkeladvokaten, die man sich nur vorstellen kann: Vermögensberaterinnen und Vermögensberater, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Großkanzleien, deren einzige Aufgabe es ist, Steuervermeidungsstrategien zu entwickeln, um die Superreichen vor dem Zugriff der gierigen Steuerbehörden zu schützen. Mit in dieser illustren Runde: Gerda Hofmann, ihres Zeichens Ministerialrätin im Finanzministerium mit einem Jahreseinkommen zwischen 90.000 € und 130.000 €, an Staatsknete. Sie ist in Christian Lindners noblem Hause zuständig für den Bereich Vermögens- und Erbschaftssteuern. Nachtigall, ick hör dir Trapsen, aber so wat von!

Obacht, liebe Gerda! Also nicht Gerda Hofmann, sondern Gerda Hasselfeldt: Wenn Du nämlich diese bodenlose Unverschämtheit ebenfalls durchgestochen hast, bewegst Du Dich auf ganz dünnem Eis. Der Schuss kann so was von nach hinten, oder wie man sagt, das glaubst Du gar nicht. Diese Leute, mit denen Du Dich da anlegst, stehen nämlich über dem Gesetz, weil sie den Leuten um Marco Buschmann, ebenfalls FDP, den exakten Wortlaut bis zum letzten Semikolon in die Blöcke diktieren.


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Spitze Feder – Spitze Zunge

Diese Kolumne schreibt vorwiegend Peter Grohmüller seine Gedanken zur Welt und dem Geschehen unserer Zeit auf.
Seine fein geschliffenen „Ergüsse“ – wie er selbst sie nennt – erfreuen sich großer Beliebtheit.

Hin und wieder erscheinen in dieser Kolumne auch Beiträge anderer Autoren, die dann jeweils entsprechend genannt werden.

Die Texte sind Satire, Kommentare und Kolumnen. Es handelt sich um persönliche, freie Meinungsäußerung.

Für die Texte ist der jeweilige Autor verantwortlich.

Lesezeit ca.: 8 Minuten | Tippfehler melden | Peter Grohmüller: © 12. Dezember 2023

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