Nach einem Treffen mit Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften sagte Steinmeier vor versammelter Presse und mit Bundesflagge im Rücken:
„Wenn unsere Demokratie angegriffen wird, dann muss die demokratische Mitte, die große Mehrheit unserer Gesellschaft Position beziehen und deutlich machen: Wir stehen zu unserer Demokratie, wir verteidigen dieses Deutschland und wir lassen uns dieses Land nicht von extremistischen Rattenfängern kaputtmachen.“
Getroffene Hunde bellen, möchte man fast sagen, wenn man das Aufheulen auf der rechten Szene zuordenbaren Webseiten und diversen Twitter (X)-Accounts beobachtet. Steinmeier habe damit 10 Millionen AfD-Wähler als Ratten bezeichnet. Er meine die Mitglieder der AfD sagen andere.
Aber hat Frank-Walter Steinmeier denn wirklich irgendwen als Ratte bezeichnet?
Nein, hat er nicht.
Richtig, ein Rattenfänger hat den Job, Ratten zu fangen. Heute bezeichnet man Angehörige dieses Berufs als Schädlingsbekämpfer. Früher, so besagt es die Sage, zogen die Rattenfänger von Stadt zu Stadt und boten ihre Dienste an, um die lästigen Plagegeister zu fangen und bestenfalls zu töten. Von solchen Rattenfängern mag es ganz viele gegeben haben. Das darf man zumindest annehmen, wenn man sich die Verhältnisse im 13. Jahrhundert mal so vorstellt. In dieser Zeit spielt nämlich die Sage vom Rattenfänger. Ja, gemeint ist der Rattenfänger von Hameln. Die Geschichte ist hinlänglich bekannt.
Der reisende Rattenfänger befreit die Stadt Hameln von den lästigen Nagern, indem er sie durch Flötenspiel aus der Stadt lockt. Als ihm die versprochene Bezahlung verwehrt wird, flötet er zu Strafe die Kinder aus der Stadt und führt sie weg.
Nur dieser Rattenfänger ist berühmt geworden. Und dieser Rattenfänger ist nur für eine Tat bekannt, nämlich, dass ihm Menschen nachgelaufen sind. All die vielen Tausend anderen Rattenfänger, die bloß popelige Ratten beseitigt haben, kennt heute kein Schwein mehr (Huch, schon wieder ein Tierbezug!).
Gibt man bei Wikipedia das Wort Rattenfänger ein, wird man auf eine Begriffserklärungsseite geleitet. Dort findet man u.a. den Eintrag vom Rattenfänger von Hameln und einen Verweis auf die Seite „Volksverführer/Demagoge„.
Es wird also deutlich, dass es bei der Tätigkeit des sprichwörtlichen Rattenfängers, den Frank-Walter Steinmeier hier in seiner Rede anführte, überhaupt nicht um eine Tätigkeit handelt, die etwas mit Ratten zu tun hat. Vielmehr zielt die Nennung des Rattenfängers auf dessen besondere Fähigkeit ab, mittels schönen Flötenspiels Menschen zum Hinterherlaufen zu bewegen.
Und so kommt auch der von Wikipedia-Autoren eingetragene Bezug zum Demagogen zustande, wenngleich das Wort Rattenfänger im Demagogie-Artikel gar nicht vorkommt. Die vom Bundespräsidenten genannten Rattenfänger sind also Menschenverführer. Nur flöten die heute nicht mehr auf der Hamelner Piepe, sondern verführen die Menschen durch schöne Worte. Ein anerkanntes Synonym für diesen Rattenfänger ist das Wort Volksverführer, oder umgekehrt.
Ja, und vor Volksverführern und Menschen, die andere in die Irre führen, da sollte man nun wirklich einstehen. Denn allen Rattenfängern ist gemein, dass sie weder Ratten noch Menschen ins Heil, sondern in die Irre, wenn nicht gar ins Verderben führen.
Frank-Walter Steinmeier hat also vom Rattenfänger gesprochen, aber keinesfalls irgendwen als Ratte bezeichnet. Wenn, dann sind die Opfer der von Steinmeier gemeinten Rattenfänger eben Menschen, nicht mehr und nicht weniger.
Eine sehr gute Fotoseite ist übrigens FOTOWISSEN.EU, die nahe der holländischen Grenze von einem ganz lieben Menschen gepflegt wird.
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- steinmeier: Von Lauri Heikkinen - FinnishGovernment - Prime Minister Sanna Marin met with the German Federal President Frank-Walter Steinmeier in Helsinki 8.4.2022, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=118536826
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