Gesundheit / Haushalt

Geschlecht und Gender im Gehirn von Kindern

Gender

Aktuelle Studien aus den USA zeigen, dass Geschlecht und Gender im kindlichen Gehirn durch unterschiedliche neuronale Netzwerke reflektiert werden. Diese Erkenntnisse stammen aus einer Bildgebungsstudie, die im Fachjournal *Science* veröffentlicht wurde (2024; DOI: 10.1126/sciadv.adn4202).

Unterschiedliche Netzwerke für Geschlecht und Gender

Laut der Studie sind somatomotorische, visuelle, Kontroll- und limbische Netzwerke im Gehirn bevorzugt mit dem biologischen Geschlecht verbunden. Dagegen sind die Netzwerkkorrelate des Genders stärker über den Kortex verteilt. Dies unterstreicht, dass Geschlecht und Gender sowohl gesellschaftlich als auch biologisch irreduzibel sind.

Unterschied zwischen Geschlecht und Gender

Geschlecht (biologisches Geschlecht):

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  • Bezieht sich auf die körperlichen Merkmale, die bei der Geburt festgelegt werden
  • Umfasst Chromosomen, Hormone und die Anatomie (z.B. männlich, weiblich, intersex)

Gender (soziales Geschlecht):

  • Bezieht sich auf die Rolle, die eine Person in der Gesellschaft einnimmt
  • Umfasst Identität, Verhalten und kulturelle Erwartungen (z.B. Mann, Frau, nicht-binär)

Unterschiede:

  • Geschlecht ist biologisch und physisch festgelegt
  • Gender ist sozial und kulturell geprägt
  • Geschlecht kann durch medizinische Untersuchungen bestimmt werden
  • Gender basiert auf persönlicher Identifikation und Ausdruck

Expertenmeinungen

Georg Romer, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Münster, sieht in der Studie einen weiteren Beleg dafür, dass es neurobiologische Korrelate für Gender-nonkonforme Entwicklungen gibt. Tobias Banaschewski, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters in Mannheim, warnt jedoch, dass aus der Studie keine direkten Rückschlüsse auf Genderdysphorie oder Geschlechtsinkongruenz im Kindesalter gezogen werden können. Die Kausalitäten werden lediglich hypothetisiert.

Bisherige Forschung und neue Erkenntnisse

Geschlecht und Gender wurden in neurowissenschaftlichen Studienpopulationen lange vernachlässigt. Neuere Studien legen jedoch mehr Wert auf den Einfluss des Geschlechts auf das Gehirn und Verhalten. Versuche, neuronale Korrelate für ein vom biologischen Geschlecht abweichendes Gender zu finden, wurden bisher hauptsächlich durch hirnanatomische Autopsiestudien unternommen. Strukturelle MRT-Studien zur Differenzierung von Trans- oder Cis-Personen sind ein wachsendes Forschungsfeld.

Die im März 2024 vorgestellte, noch nicht finale Version der neuen S2k-Leitlinie „Geschlechtsdysphorie bei Kindern und Jugendlichen“ betont, dass sowohl hirnanatomische als auch MRT-Studien nur Querschnittsbefunde bei Erwachsenen darstellen. Somit lassen sich keine kausalen Zusammenhänge ableiten.

Besondere Verdienste der Studie

Die Studie von Elvisha Dhamala und Kollegen an 2.315 Mädchen und 2.442 Jungen im Alter von 9-10 Jahren zeigt erstmalig neurobiologische Korrelate bei Kindern. Mit Hilfe von Machine Learning analysierten sie funktionelle MRT-Aufnahmen und identifizierten Muster der Netzwerkkonnektivität, die sowohl das Geschlecht als auch das Gender der Kinder bestimmen konnten.

Bedeutung und Einschränkungen der Ergebnisse

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Geschlecht und Gender durch unterschiedliche Muster der Gehirnkonnektivität reflektiert werden. Die Autoren warnen jedoch, dass ihre Studie nur einen „Schnappschuss“ einer einzelnen Lebensphase darstellt und alle Kinder aus den USA stammen. Weitere Untersuchungen sind notwendig, um zu verstehen, wie sich diese Netzwerkassoziationen im Verlauf des Lebens verändern und ob andere kulturelle Hintergründe zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.

Schlussfolgerungen

Während Bildgebungsforschung hilfreich für theoretische Modelle ist, können daraus keine diagnostischen Schlussfolgerungen im Einzelfall gezogen werden. Die Diagnose von Geschlechtsinkongruenz oder Genderdysphorie bleibt eine klinische Entscheidung. Neuronale Netzwerkaktivität oder hirnanatomische Besonderheiten können die subjektive Geschlechtsidentität einer Person nicht validieren oder falsifizieren.

Fazit

Die aktuelle Studie bietet wertvolle Einblicke in die neuronalen Korrelate von Geschlecht und Gender bei Kindern, betont jedoch die Notwendigkeit weiterer Forschung und Vorsicht bei der Interpretation der Ergebnisse. Für eine umfassende Diagnose und Behandlung von Geschlechtsinkongruenz und Genderdysphorie ist eine ganzheitliche Betrachtung, die über neuronale Korrelate hinausgeht, unerlässlich.

Quellen:

– Science (2024; DOI: 10.1126/sciadv.adn4202)
Deutsches Ärzteblatt

Bildquellen:
  • gender: Peter Wilhelm ki


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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 15. Juli 2024

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