von Peter Grohmüller
Mein ganz persönliches Paradoxon
Nachdem ich die zahlreichen Besucher des Dreibeinblogs des öfteren mit politischen Traktaten zu peinigen pflege, hier mal etwas völlig anderes:
Lichtgeschwindigkeit
Unter Lichtgeschwindigkeit c versteht man die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Licht. Alle anderen elektromagnetischen und Gravitationswellen breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit aus. Sie ist eine fundamentale Naturkonstante. Die Lichtgeschwindigkeit hängt weder von der Geschwindigkeit ihrer Quelle noch von der des messenden Empfängers ab. Daraus entwickelte Albert Einstein die Relativitätstheorie, daß die Vakuumlichtgeschwindigkeit c eine unüberwindbare Geschwindigkeitsgrenze für die Bewegung von Masse und für die Übertragung von Energie und Information im Universum darstellt.
Teilchen ohne Masse, wie die Photonen, bewegen sich stets mit dieser Grenzgeschwindigkeit, alle massebehafteten Teilchen stets langsamer.
Als Folge der speziellen Relativitätstheorie (SRT) verbindet die Naturkonstante c die vorher unabhängigen Konzepte Energie E und Masse m in der Äquivalenz von Masse und Energie E=mc^2.
Ort und Zeit werden durch c zur Raumzeit zusammengefasst und durch den Vierervektor (ct,x,y,z) in einem vierdimensionalen Raum beschrieben.
Seit 1983 wird die Längeneinheit Meter als diejenige Strecke definiert, die das Licht im Vakuum in 1/299.792.458 Sekunde zurücklegt.
Das Formelzeichen c (von lateinisch celeritas, Schnelligkeit) verwendet man in vielen Fällen auch für die abweichende Ausbreitungsgeschwindigkeit in Materialien wie Glas, Luft oder elektrischen Leitungen. Wenn es sich nicht aus dem Zusammenhang ergibt, wird durch Wortzusätze deutlich gemacht, ob die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum oder im Material gemeint ist.
Dieses Mal eine physikalische Nuss für interessierte und/oder sachkundige Leser.
Ich habe dieses Rätsel schon an berufene Zeitgenossen wie Prof. Dr. Harald Lesch, oder seine Kollegen am MPI für Astrophysik in Heidelberg, ja sogar ans MIT nach Boston geschickt.
Aber ich habe bisher leider kein Feedback erhalten.
Vielleicht ist ja mein Denkansatz völlig gaga, und es handelt sich deshalb um mein ganz persönliches Paradoxon.
Anyway, hier kommt die Maus Nuss:
Edwin Hubble hat Folgendes festgestellt: Das Universum ist nicht statisch. Sondern es dehnen sich alle Regionen zu einander im Quadrat zu ihrer Entfernung aus.
Das gilt nach seiner berühmten Hubble-Konstante, die nach eingehender Prüfung als gesichert gilt.
Einfach ausgedrückt: Je weiter weg, desto schneller die Fluchtbewegung relativ zum Beobachter.
Mittlerweile hat man Galaxien beobachtet die sich mit 90% der Lichtgeschwindigkeit von der Milchstraße entfernen – nicht als aktive Bewegung, sondern dem Umstand geschuldet, dass sich der Raum entsprechend ausdehnt.
Linktipp: Expansion des Weltalls
Geht man nun davon aus, dass die nächste Generation von Teleskopen Galaxien aufzuspüren vermag, die sich mit 99% oder auch mit 999 Promille der Lichtgeschwindigkeit von uns entfernen, scheint der Gedanke doch zulässig, dass es Galaxien gibt, die sich mit > C von uns entfernen.
Wenn dem so ist – und existiert kein Naturgesetzt, das es dem Raum verbietet, mit beliebiger Geschwindigkeit zu expandieren – kann man dann noch davon sprechen, dass diese Raumregionen (für uns als Beobachter) überhaupt existieren, wenn es aufgrund der endlichen Lichtgeschwindigkeit niemals zu einer Wechselwirkung mit uns kommen kann?
Existenz bzw. deren Verifikation setzen doch eine irgendwie geartete Wechselwirkung zwingend voraus, selbst wenn es sich nur um ein einziges Lichtquant auf unserer Netzhaut handelt.
Ein weiterer, noch etwas befremdlicherer Gedanke in diesem Zusammenhang ist der, dass sämtliche Raumregionen im Rahmen der Relativitätstheorie via Strahlung und/oder Gravitation miteinander wechselwirken.
Also auch eine Galaxie, die sich mit 99% oder auch mit 999 Promille der Lichtgeschwindigkeit von „unserer“ Milchstraße entfernt.
Von dieser, sich mit 99% oder auch mit 999 Promille der Lichtgeschwindigkeit entfernenden Galaxie aus betrachtet, ist es aber durchaus möglich, dass sich eine noch weiter entfernt gelegene Nachbargalaxie befindet, die sich aus unserer Position aufgrund ihrer Fluchtgeschwindigkeit >C einer Beobachtung entzieht.
Die aber mit jener wechselwirkt, die wir gerade noch beobachten können.
Dies würde wiederum bedeuten, dass es eine indirekte Wechselwirkung mit einem Objekt geben kann, obwohl sich dieses mit > C von uns entfernt – quasi „über Bande“.
Das wäre m. E. jedoch ein klassisches Paradoxon.
Oder aber, was ich nicht ausschließen möchte, meine Überlegung ist schlichtweg falsch.
Wenn dem so sei, warum, bzw. wo liegt mein Denkfehler?
Über sachdienlich Hinweise, die zur Ergreifung…
Ihr wisst schon.
Bildquellen:
Hashtags:
Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:
Keine Schlagwörter vorhanden
Lieber Peter,
selbst wenn niemand den Beitrag kommentieren sollte,
alleine schon Dein Titelbild ist intergalaktisch 🙂
Das Paradoxon existiert nur solange, wie man darauf beharrt, daß die gefundenen Regeln unabänderlich für alle Distanzen und Zeiten gelten. Wie die Erfahrung in der Physik aber zeigt, sind alle „Gesetze“ die man findet, meist derart, daß sie nur für bestimmte Größenordnungen Näherungslösungen sind und sobald man zwischen den Größenordnungen wechselt, diese Näherungen fehlerbehaftet sind.
Genauso wird es mit des Ausdehnung des Universums sein. Entweder ist dann die gefundene Beschreibung ungenau oder es treten andere Effekte auf, die dann dafür sorgen, daß zumindest die beobachtbare Lichtgeschwindigkeit nicht überschritten werden kann oder die Distanz hängt einfach von der Bewegung des Beobachters relativ zum beobachteten Objekt ab.
Von daher glaube ich nicht, daß das ein Paradoxon ist, sondern nur ein Problem, desssen Lösung man noch nicht kennt. 🙂
PS. Die Hubble-Konstante ist ja auch nicht wirklich konstant, sondern von der Zeit abhängig. Und das was man gerade beobachtet ist ja auch nicht die Gegenwart, sondern die Vergangenheit, sogar fast bis zu den Anfängen des Universums.
Hallo Lochkartenstanzer
Die Lichtgeschwindigkeit ist (noch) eine Naturkonstante, wie Du treffend feststellst. Sie findet tagtäglich ihre Anwendung/Überprüfung in unserer technischen Infrastruktur. Alle satellitengestützten Systeme funktionieren über das Prinzip Signallaufzeit = Lichtgeschwindigkeit. Ob nun die entferntesten Galaxien, die wir nachweisen können, nun 13 Milliarden, oder nur 12,8 Milliarden Lichtjahre entfernt sind, ist 1. unerheblich und knackt 2. nicht die/meine Nuss. Aus allem, was ich an populärwissenschaftlicher Literatur bisher zu diesem Thema gelesen habe, komme ich zu der beschriebenen Schlussfolgerung – zu dem/meinem Paradoxon, das trotz Deiner Anregung/en noch immer felsenfest steht. Es bleibt also spannend 🙂
Es gibt einen Horizont in Richtung Vergangenheit, über den wir nicht hinausblicken können, da er sich von uns schneller als das Licht entfernt. Wir können deshalb sehr weit von uns entstandene Objekte nicht mehr beobachten.
Das Übertreffen der Lichtgeschwindigkeit ist zulässig, da sich keine Objekte im Raum-Zeit-Kontinuum bewegen sondern sich der Raum selbst ausdehnt.
Buchempfehlung dazu: Das Universum in einer Nussschale von Steven Hawking
…Es gibt einen Horizont in Richtung Vergangenheit, über den wir nicht hinausblicken können, da er sich von uns schneller als das Licht entfernt…und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Wie kann man sagen, dass es diesen Horizont „gibt“, wenn er sich mit > C von uns entfernt, mit dem man also per Definition keine Information austauschen kann, oder anders ausgedrückt: den man nicht nachweisen kann?
Das war ja eine meiner Fragen, eines „meiner“ Paradoxa. Übrigens habe ich „das Universum in der Nussschale“ natürlich gelesen. Aber auch dieses Büchlein hat mit nicht weitergeholfen. OK, nächster Versuch 🙂
Es gibt natürlich noch eine andere Hypothese, der zufolge sich „meine“ Paradoxa in Luft auflösen würde. Vielleicht sind die Quasare, die man in ca. 14,8 Milliarden Lichtjahren Entfernung entdeckt hat, auch das Ende der Fahnenstange, und das Universum, ist „erst“ 14,8 Milliarden Jahre alt. Dann muss man keine Theorie bemühen, was jenseits des beobachtbaren „Randes“ liegt.
Oder eine andere Hypothese:
Wir leben in einem „künstlichen Universum“ und alles was angeblich außerhalb unseres Sonnensystems liegt, wird uns nur vorgegaukelt à la „Truman-Show“.
Der Ereignishorizont bewegt sich nicht fort sondern kommt uns wegen der beschleunigten Expansion näher.
Die Beeinflussung eines Ortes, der sich mit 0.9% der Lichtgeschwindigkeit von uns fortbewegt ist für uns irrelevant, er wird sich in absehbarer Zeit auch mit >c von uns entfernen.
Nur weil etwas für uns irrelevant ist schließt allerdings dessen Existenz nicht aus.
Die Wirksamkeit einer Störung unseres Universums durch lichtschnell fliehende Raumregionen ist nicht vorhanden.
Ein lichtschnelles Photon aus jenen Regionen, abgestrahlt zur Erde, schießt von uns aus gesehen nicht auf uns zu sondern bleibt im Ereignishorizont stecken: c-c=0 .
Auch die Zeit spielt eine wichtige Rolle bei relativistischen Geschwindigkeiten: Für einen irdischen Beobachter erscheint die Zeit dort bis zum Stillstand gedehnt.
Eine viele Mrd LJ entfernte Galaxie können wir dagegen nur deshalb beobachten, weil sie zum Glück in der Nähe der Erde entstanden ist, es gibt viele, die wir niemals sehen können, weil sie zu weit von uns entfernt sind.
Der Ereignishorizont ist eine andere Baustelle. Er ist eine mathematische Konstruktion und definiert eine Region um einen kollabierten Stern (vulgo: schwarzes Loch), in der die Gravitation gegen unendlich tendiert, so dass es einer ebenso unendlichen Geschwindigkeit/Energie bedurfte, um sie zu verlassen. Rudolf Kippenhahn vertritt übrigens die These, dass in ca. 14 Milliarden Lichtjahren tatsächlich Ende Gelände ist, gleichzusetzen mit dem Urknall vor 14 Milliarden Jahren. Die Frage, was „davor“ war, sollte seiner Meinung nach an die Religionen gestellt werden 🙂