Satire

Fußballmeisterschaft – Fahnenschwenk und Fahnenklau

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German Fans

Es ist wieder WM, und sie sind wieder da, die schwarz-rot-goldenen Rückspiegel-Überzüge, die Hula-Ketten, die Gesichtsbemalungen und die Kritiker. Während Jogis Jungs spielen, darf, wer will, öffentlich Flagge zeigen. Fußball-Patriotismus ist hier wohl der passende Begriff. Dabei mag es Menschen geben, die diesen Nationalstolz im eigenen Land vermissen. Einen Nationalstolz, der überspitzt formuliert an prollige Ballermann-Deutsche erinnert, vermisse ich in unserem Land nicht. Ich muss mein Auto nicht in einen deutschen Uncle Sam verwandeln, um meiner Unterstützung Ausdruck zu verleihen. Was ich aber genauso wenig brauche, sind die immer wieder aufkehrenden Debatten über eine faschistoide Gefahr, die vom fahneschwenkenden Partyvolk ausgehen soll.

Ich stehe dem zaghaften Patriotismus und Nationalstolz bei einer Fußball-WM ziemlich gleichgültig gegenüber. Zugegeben, ich belächle gerne beim Public Viewing Zuschauer, die sich völlig in Deutschland-Kluft werfen, dann aber kurz vor dem Spiel fragen, wer überhaupt für uns im Tor steht oder allerhöchstens bei der Einblendung von Schweinsteiger oder Podolski ein Blick aufs Spielgeschehen werfen. Aber ich würde es nicht verurteilen und diesbezüglich eine nationalistische Gefahr wittern.

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Wir müssen bei einer Fußball-WM nicht an unser anerzogenes Sündenbewusstsein gegenüber dem Nationalstolz erinnert werden: Es geht dabei nämlich um Fußball. Die Fahnen werden aufgehängt und geschwungen, weil dort elf Jungs für unser Land rennen und spielen – und nicht, weil wir unser Land selbst verehren. Den Fußball generell und Fußballfans insbesondere in eine politische Dimension zu katapultieren, ist völlig unangebracht. Ja, wir haben seit ’45 eine historische Verantwortung, die ich in keinster Weise runterreden will, aber, wenn wir vom Fußball sprechen, begann ’54 eine ganz andere historische Verantwortung. Fußball ist Fußball, Fans sind Fans, und Nazis sind Nazis. Dabei KANN es Überschneidungen geben, aber diese sind niemals grundsätzlich.

Ich will hier nichts schön reden und nichts vertuschen. Natürlich gibt es in Deutschland nach wie vor ein eindeutiges Naziproblem, aber ich möchte einfach, dass man sich auf die real existierenden Probleme stürzt. Davon gibt es nämlich mehr als genug. Ich will auch keine Lanze für unsere Fahnenschwenker brechen, aber den verbalen und wortwörtlichen Fahnenklau kann ich auch nicht gut heißen. Am Ende fühle ich mich durch beide Seiten genervt, erkenne aber auch eine Art Verbindung. Je mehr kritisiert wird, desto mehr Fanartikel werden verkauft. Die Auswahl, wie sie etwa dieser Shop vorweist, lässt auch mich nicht schlecht staunen. Aber wem es Freude bringt… Und letztlich profitieren auch die Kritiker davon, denn so bekommt jeder, wie etwa Sprecher der Grünen Jugend oder der Jusos auf Spiegel-Online, Gelegenheit dazu, sich als Experte für soziologische Entwicklungen hinzustellen.

Bildrechte: Flickr German Fans Stewart CC BY Bestimmte Rechte vorbehalten


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Satire

Satire ist eine Kunstform, mit der Personen, Ereignisse oder Zustände kritisiert, verspottet oder angeprangert werden. Typische Stilmittel der Satire sind die Übertreibung als Überhöhung oder die Untertreibung als bewusste Bagatellisierung bis ins Lächerliche oder Absurde.

Üblicherweise ist Satire eine Kritik von unten (Bürgerempfinden) gegen oben (Repräsentanz der Macht), vorzugsweise in den Feldern Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 9. Juli 2014 | Revision: 3. Februar 2020

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