Unser VW-Bus ist heute morgen nicht angesprungen…
Na, was war ich froh, dass unser Nachbar Fred mir seinen Wagen geliehen hat und ich meine Frau noch rechtzeitig ins Büro bringen konnte.
Fred hat in seinem Autoradio so einen gutgelaunten Fröhlichsender eingestellt. Zwei junge Burschen, gerade den pisaschulischen Pisswindeln entwachsen, moderieren mit hörbar breitem Grinsen vor sich hin. Was nehmen so Leute eigentlich, dass die am frühen Montagmorgen so pseudo-gutgelaunt sein können?
„Jetzt gehen wir mal voll rein in die Community“, sagt Tom, der eine Moderator und sein grinsender Mitstreiter Yilmaz sagt:
„Rüft üns an in Stüdio, alle Leutz, sagt üns Öure Meinunk.“
Tom: „In BW will man jetzt einführen, dass morgens vor dem Unterricht die Hymne gesungen wird. Wie ist in der Community die Meinung da dazu. Gebt uns einen Call!“
Ich vermute mal, dass das Reingehen in die Community bedeuten soll, dass er die Dauerhörer auffordert, sich beim Sender telefonisch zu melden. Zumindest hat man das früher, als man noch Deutsch bei uns sprach, so gesagt.
Und richtig, kurz darauf wird auch ein Hörer durchgestellt. Es ist der 14-jährige Kevin:
„Isch find das einen Scheiß, weil misch das voll an die Hitler-Sache da erinnert, die wo da mal gewesen war.“
Der nächste Anrufer ist ebenso weiblich, wie ohrenscheinlich auch türkisch. Renan ist 19 und meint:
„Ei isch find das gut. In Türkei wird auch Hymne gesungen, das fördert doch Identität und ist gar nicht schlecht. Is mein Meinunk, ja?“
Tom, der Gutgelaunte kräht ins Mikrophon wie ein Hahn auf LSD:
„Ist das nicht eine dolle Sache, liebe Hörer. Die ganzen Deutschen sind gegen die Hymne und die ganzen Türken sind dafür. Das finde ich interessant. Au Mann!“
Da die Umfrage, voll krass in der Community, mit zwei Hörern nicht so ganz die Anforderungen an eine repräsentative Meinungsumfrage erfüllt hat und sich daraus sicher auch nicht die Formulierung „die ganzen Deutschen“ und „die ganzen Türken“ herleiten lässt, meint Co-Moderator Yilmaz, Tom solle die Hymne doch mal vorsingen.
Das macht Tom dann auch und es erfüllt mich mit allergrößtem Bedauern, dass ich dieses akustische Schauspiel hier nicht wiedergeben kann, denn er schafft es tatsächlich, die vier Worte: „Deutschland, Deutschland über alles“ zur Melodie von „Freude, schöner Götterfunken“ zu singen.
Erstaunlicherweise merkt Yilmaz, dass da was nicht stimmt und lacht:
„Ey, das war Titelmelodie von Song-Contest, du Wahnsinnsmacker!“
Tom lacht ebenfalls: „Ja, aber du musst zugeben, der Text war korrekt.“
Yilmaz: „Ja, der stimmt, aber den müsst du als Deutscher ja auch kennen.“
Es ruft dann doch noch einer an. Diesmal ist es Herbert, arbeitsloser Stahlblechschweißer aus Sachsen-Anhalt. Er hat eine fundierte Meinung zu dem Thema:
„Das kommt alles bloß von der Merkel, die will dass die Kinder ein Bild von ihr ansingen und dann strammstehen und grüßen.“
Dieser freundliche Mann aus dem Osten der Republik will also gleich mehrere Dinge zur Sprache bringen. Einerseits tut er seine Befürchtung, die CDU-Kanzlerin könne nationalistische Tendenzen haben, kund und andererseits lehnt er offenbar pseudomilitärisches Gehabe grundlegend ab.
Und was sagt Yilmaz dazu?
„Gutte Meinunk, Mann! Aber von wem sollen die grüßen?“
Tom springt in die Bresche. Immer noch voller guter Laune steht er seinem türkischen Studiokollegen bei:
„Du, der Herbert, der meint nicht grüßen von Omma oder Oppa, sondern grüßen so mit dem ausgestreckten rechten Arm, wie die das da bei der Bundeswehr immer machen.“
Einmal mehr ist mir bewusst geworden, liebe Leser, warum ich immer den Deutschlandfunk eingestellt habe. (Online zu hören durch einen Klick auf den Button „Deutschlandfunk“ rechts unten auf meiner Seite.)
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