Man munkelt ja, dass Zahlen so ziemlich das Dümmste seien, mit dem man einen Text beginnen kann. Aber ich muss das Risiko in Kauf nehmen, dass einige Leserinnen und Leser sich mit einem „Och-Nö-Zahlen“ vorzeitig von der Lektüre verabschieden.
Geht es doch um nichts Geringeren, als um die Rettung der Welt…vor provinziellen Amokschwaflern mit dem Horizont einer knienden Ameise (Henning Venske).
Here we go:
Bei der Bundestagswahl 2021 errangen die bajuwarischen Lederhosenloddel (vulgo: CSU) 5,2% der abgegebenen Stimmen, bei einer Wahlbeteiligung von 76,6%. Sie erhielten somit knapp 4% der Stimmen aller Wahlberechtigten. Das ist jetzt nicht so der Burner, bedenkt man, dass die bigotten Knallchargen mit den dicksten aller anzunehmenden Hosen umherstolzieren und bundesweit auf wichtig machen.
Da die Jodel-Honks aufgrund eines unappetitlichen, inzestuösen Deals mit den etwas anderen Demokraten christlicher Prägung (vulgo: CDU), nur in Bayern antreten, muss man zunächst anerkennen, dass die reaktionäre Gamsbart-Fraktion sich zumindest dort deutlich besser plazierte. In ihrem erzkatholischen, gottesfürchtigen Claim, in dem Weißbier und Enzian, wie Milch und Honig fließen, fuhren sie bei einer Wahlbeteiligung von 79,9%, satte 36,9% der abgegebenen Stimme in die Scheune, oder umgerechnet 29,4% der Stimmen aller Wahlberechtigten. Das war in den seligen Zeiten eines gottgleichen Übervaters namens Franz-Josef Strauß, zwar gefühlt zumeist das Doppelte, aber das ist eine andere Baustelle namens Söder Markus.
Wenn man nun besagte 4% der Stimmen aller Wahlberechtigten in der Republik betrachtet und bedenkt, in welchen Bundesministerien die Emissäre der Weißbier-Randerscheinung, aufgrund besagten Inzests, die Chefsessel schon vollpupsten, sollte man sich ernsthaft die Frage stellen, ob die parlamentarische Demokratie in diesem unserem Lande, arithmetisch gesehen, nicht einen kapitalen Webfehler hat.
Aber nun, im Jahre des Herrn 2023, droht der Devotionalien-Sekte vom Obersalzberg, oder wie das heißt, jedoch ein Schlag, von dem sie sich vermutlich nie erholen wird. Ein Schlag in Form einer Kulturpflanze, deren erste Nutzung um 10.000 Jahre v. Chr. datiert wird, also 10.500 Jahre bevor die ersten Bajuwaren auf der Bildfläche erschienen.
Die Ampel-Koalition hat sich zum Leidwesen besagter Lederhosenloddel nämlich auf ihre quietschbunte Fahne geschrieben, die völlig absurde Cannabis-Prohibition ein für alle Mal aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, und dies wiederum könnte zur Folge haben, dass auf den unschuldigen Fluren zwischen Fladungen und Sonthofen dereinst Hanf gedeihen könnte. Hanf, statt Gerste und Hopfen? Grundgütiger Himmel! Bloß das nicht! Aber es könnte ja noch viel schlimmer kommen, geradezu apokalyptisch! Dazu später mehr.
Wie man weiß, kann man von der Hanf-Pflanze so ziemlich alles verwenden. Ähnlich, wie beim Hausschwein, mit dem man sich in Bayern bestens auskennt. Da kommt vom Rüssel bis zu den Klauen nämlich ebenfalls alles die Weißwurst. Dies nur nebenbei bemerkt. Man kann mit den Wirkstoffen aus den Hanfblüten Schmerzen und Übelkeit lindern. Man kann aus den Hanf-Stengeln lange, reißfeste Fasern gewinnen und diese zu Seilen dröseln, oder daraus äusserst robuste Stoffbahnen weben. Man kann Blätter und Samen in Biogasanlagen vergären und nachhaltigen Strom gewinnen. Man kann die Wurzeln an das Vieh verfüttern, und, und, und. Soweit, so urbayrisch-ländlich.
Aber jetzt kommt die große Krux, um nicht zu sagen, das Kruzifix: Wie man weiß, kann man von der Cannabis-Pflanze auch die getrockneten Blüten rauchen. Und dagegen regt sich wutschnaubender Widerstand aus den Reihen der krachledernen Vollpfosten.
Denn, wenn man die getrockneten Blüten raucht, lindern deren Wirkstoffe nicht nur Schmerzen und Übelkeit, sondern auch den staatsbürgerlichen Tunnelblick und lassen alles in einem neuen Lichte erscheinen. Einem Licht, unter dem altbackenes Denken plötzlich ziemlich altbacken erscheint…eigentlich zu altbacken, um so weiter denken zu wollen.
Und jetzt kommt der GAU: Onkel Hermann und Tante Hiltrud sitzen zu Hause vor ihrem Fernseher und schauen die Tagesschau…wie immer. Plötzlich hören sie, „dass das meiner Erkenntnis nach, sofort, unverzüglich“…Pardon, das war ja die Szene mit dem altbackenen Schabowski Günther in der Täterä…wegen den offenen Grenzübergängen und so.
Ich fang nochmal an: Onkel Hermann und Tante Hiltrud sitzen also zu Hause vor ihrem Fernseher und erfahren in der Tagesschau, dass ab sofort der Erwerb, der Besitz und der Konsum von Cannabis straffrei seien. Dann erklärt Susanne Daubner noch, dass einige Punkte in dem neuen Gesetz wohl noch einer Nachjustierung bedürften, dass die Ampel jedoch…
Aber Onkel Hermann und Tante Hiltrud hören da schon nicht mehr zu. Hiltrud sagt verwundert zu Hermann, dass ihr Vater das Zeug in der fünfziger Jahren auch geraucht habe, und sein Bruder, dessen Knecht, und, und, und. „Wenn ich mich recht erinnere, haben die meisten damals Knaster geraucht, und keiner hat sich etwas dabei gedacht. War eben normal. Weshalb nochmal war es dann bisher verboten? Und seit wann eigentlich?“
Am Wochenende beschließen sie, den Mariacron und das Schlehenfeuer mal stehen zu lassen und statt dessen zum Ausklang des Abends Knaster zu rauchen, wie Tante Hiltruds Vater, dessen Bruder und dessen Knecht. Einfach so. Tante Hiltrud ist zwar erstaunt, dass Onkel Hermann die Joints so gekonnt bauen kann, sie sagt aber nix. So sitzen sie dann abends in ihrem Wohnzimmer, er auf dem Ohrensessel, sie auf dem Chaiselongue, und quarzen gemütlich ihre Tüten. Nach ein paar Minuten geschieht dann genau das, was die CSU-Granden fürchten, wie der Teufel Tante Hiltruds Kölnisch Wasser: Die Vorstufe zum Weltuntergang!
Damit meine ich nicht, dass die beiden plötzlich anfangen, über das ganze Gesicht breit zu grinsen und Unmengen von Süßigkeiten in sich hinein zu stopfen, oder unentwegt zu quasseln, wie seit Jahren nicht mehr. Ich meine etwas ganz Anderes: Pünktlich zur Tagesschau sind beide nämlich ziemlich stoned und sehen das ARD-Flaggschiff in diesem Zustand zum ersten Mal. Darin eine Live-Schalte mit Alexander Dobrindt, der die Legalisierung von Cannabis auf das Schärfste verurteilt…ein unverzeihlicher Fehler… gefährliche Einstiegsdroge…der Jugendschutz…und die Kriminalität…Bla, Bla, Rhabarber…völlig gaga. Alexander Dobrindt eben.
Onkel Hermann und Tante Hiltrud zeigen mit den Fingern auf das dämliche Gesicht im Fernseher, brüllen urplötzlich los und halten sich die Bäuche vor Lachen. Genauso wie damals bei Vergißmeinnicht, als Peter Frankenfeld so unnachahmlich den Besoffenen spielte, und Onkel Hermann mit Tränen in den Augen auf den Resopal-Tisch kloppte, dass der Mettigel im hohen Bogen davonflog.
Was dann folgt, kann man mit Fug und Recht als einen Flächenbrand bezeichnen. Onkel Hermann telefoniert mit seinem Kumpel Horst vom Taubenzuchtverein Grün-Weiß Ratingen 1924 e. V., und Tante Hiltrud mit Gudrun vom Rommé-Club Mettmann, und sie erzählen, wie sie sich vorm Fernseher vor Lachen beinahe in die Hosen gepinkelt haben, und meinen, dass man sich doch mal in einer geselligen Runde ein paar Tüten gönnen könnte, wie früher Mariacron und Schlehenfeuer, statt jeder für sich zu Hause den Silbereisen Florian. Gesagt, getan.
Nach nur ein paar Wochen hört man aus Abertausenden Wohnzimmern im Ruhrgebiet des Abends schallendes Gelächter. Nach wenigen Monaten sitzen Abermillionen vor ihren Fernsehern und schütten sich aus vor Lachen, wenn sie den staatstragend geknödelten Tinnef aus der Politik hören. Oder sie quasseln vor den Supermärkten die Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer sämtlicher Parteien schenkelklopfen ins Koma.
Plötzlich wache ich auf und denke: Schade, mit einem solchen Weltuntergang könnte ich mich anfreunden…allerdings ohne Mettigel.
- apocalypse-3757094_1280: Bild von Mystic Art Design auf Pixabay
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