Vielleicht kennen einige der Leserinnen und Leser des Dreibeinblogs ja den Film „Der Meineidbauer“ von Rudolf Jugert aus dem Jahre 1956, in dem Christiane Hörbiger, die Granddame des Heimatfilms, im zarten Alter von 18 Lenzen eine tragende Rolle spielt.
Das Sujet des Werks hat absolut nichts mit dem, des nun folgenden, Beitrags zu tun. Außer, dass dieser ebenfalls von Meineid handelt.
Geschworen, allerdings nicht etwa von eidbrüchigen Bauern vor Gericht, oder gar auf den Barrikaden vor dem Brandenburger Tor, sondern von einem beseelt lächelnden Lobbyisten im Bundestag, der nach einem beschwerlich langen Marsch durch die Korruptionen, oder wie das heißt, nun endlich am Ziel des feuchtesten seiner feuchten Träume ist: Als amtierender Bundesfinanzminister.
Ich dachte mir, als Eyecatcher, sollte der Headliner allemal zulässig sein, um die geschätzten Leserinnen und Leser zur Lektüre des Beitrags zu ermuntern. Insofern mögen sie mir diesen etwas linkischen Trick hoffentlich verzeihen und nun die Show genießen.
Here we go:
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es (Stand April 2023) 126 Milliardäre. Das Ranking führen zurzeit die Geschwister und hauptberufliche Erben, Susanne Klatten und Stefan Quandt, mit einem aberwitzigen Vermögen von 40,5 Milliarden Euro an und haben damit den Lidl-Gründer, Dieter Schwarz, mal wieder von der Spitzenposition verdrängt. Rang drei belegt die Familie Merck, die den gleichnamigen Pharma- und Chemiekonzern kontrolliert. Daneben gibt es im besten Deutschland aller Zeiten auch noch 2.683.000 Millionäre. Zusammen repräsentieren diese knapp 4 % der Bürgerinnen und Bürger, also eine marginale Minderheit!
Die restlichen 96 % hingegen, bilden eine geradezu überwältigende Mehrheit. Dieses krasse Missverhältnis in der Vermögensverteilung, sollten Sie stets im Hühnerauge behalten, falls sie gedenken, meinen Ausführungen noch weiterhin folgen zu wollen. Denn es gibt im allerbesten Deutschland aller Zeiten eine hochaggressive Splitterpartei, die sich zum Ziel gesetzt hat, diese himmelschreiende Ungerechtigkeit sogar noch zu toppen. Denn der Sinn ihres Daseins besteht ausschließlich darin, den Auftrag ihrer Parteispenderinnen und Parteispender vollumfänglich zu erfüllen: Die überwältigende Mehrheit von 96 % noch unverschämter zur Ader zu lassen, als es bisher schon der Fall ist … über den legalen, klinisch reinen Weg der parlamentarischen Einflussnahme bei der Gesetzgebung.
Mag sein, dass ich eventuell den Eindruck erwecke, von meiner Empörung, in Richtung Verschwörungstheorie abzudriften. Aber dies täuscht.
Ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass ich von der FDP rede. So weit, so ätzend. Denn man nenne mir eine einzige Bundesregierung mit Beteiligung der Liberalen, in deren Legislaturperiode sich für die überwältigende Mehrheit von besagten 96 % sozial und finanziell irgendetwas zum Guten entwickelt hätte.
Na?…
Ich höre?…
Eben!
Zugegeben, die Initialzündung für den exorbitanten Aderlass, ging von der Regierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder mit der Agenda 2010 aus, und in diesem unsozialen Kabinett, waren die Liberalen ausnahmsweise mal nicht vertreten.
Dafür ein gewisser Hans Eichel und ein höchst dubioser Mensch namens Wolfgang Clement. Mit diesen beiden Spezialdemokraten konnte Schröder auf hauseigene Arroganz setzen und war somit nicht auf die der FDP angewiesen. Wobei ich dem tragischen Hänschen, dem Henning Venske treffend das Charisma einer Büroklammer bescheinigte, nachsehen mag, dass er wohl über jedes Stöckchen springen musste, das ihm Schröder und seine Buddies hinhielten.
Am Dienstag, dem 8. Dezember 2021, legten der neue Bundeskanzler Olaf Scholz und die Bundesministerinnen und Bundesminister seines Kabinetts ihren Amtseid gemäß Artikel 64, Absatz 2, des Grundgesetzes ab.
Mithin auch Christian Wolfgang Lindner als neuer Bundesfinanzminister der Bundesrepublik Deutschland.
Die Eidesformel gemäß Artikel 56 des Grundgesetzes lautet:
„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“
Nur fürs Protokoll: Ich habe mir erlaubt, jene Passagen, die mir in hohem Maße wichtig erscheinen, in dem Text hervorzuheben, da sie für das Resümee dieses Beitrags essentiell sind.
Da wir bekanntermaßen in einem säkularen Staat leben, stand es dem Bundeskanzler, den Bundesministernden frei, den Eid mit dem Add-On „so wahr mir Gott helfe“ abzuschließen. Diese Option hatte Christian Lindner (FDP) an besagtem 8. Dezember 2021 übrigens auch gezogen, obwohl er im Alter von 18 Jahren aus der Kirche ausgetreten war.
Böse Zungen könnten munkeln, dass er ursprünglich sagen wollte: „So wahr mir Larry Fink helfe“. Aber Friedrich „BlackRock“ Merz (CDU) muss wohl im letzten Moment sein erbostes Veto gegen diese kulturelle Aneignung eingelegt haben.
Seinen (zweiten) Vornamen teilt Lindner übrigens mit exakt jenem Wolfgang Clement, der am 2. Oktober 2002 ebenfalls seinen Eid gemäß Artikel 56 des Grundgesetzes ablegte und von da an das Amt des Bundeswirtschaftsministers bekleidete. Ob sich die Balken im Reichstag damals mit oder ohne das spiritistische Ad-On bogen, weiß ich leider nicht mehr.
Was diese beiden Subjekte, neben ihren Vornamen, nämlich noch verbindet, ist der Umstand, dass es sich bei ihrem Gelöbnis auf das Grundgesetz, in meinen Augen um dreisten Meineid handelte.
Das mag sie mit zahllosen ehemaligen und aktuellen Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzlern, Bundesministerinnen und Bundesministern verbinden, aber ich möchte mich in diesem Essay ja schließlich auf Christian Lindner konzentrieren, auf seine unfassbar plumpe Lobbyarbeit für die knapp 4 % der Superreichen und seine widerwärtige Verachtung der restlichen 96 %.
Denn aktuell präsentieren die FDP und ihr Bundesvorsitzender, Christian Lindner, mal wieder einen Plan aus sattsam bekannten Versatzstücken asozialen Standesdünkels, explizit auf die Vorgaben der 126 Milliardäre und die 2.683.000 Millionäre im besten Deutschland aller Zeiten zugeschnitten, denen sie ergeben dienen.
OK, man könnte nun stoisch konstatieren, dass es schließlich die originäre Aufgabe einer jeden Lobbyorganisation sei, die Interessen ihrer Klientel zu vertreten.
So what?
Gäbe es da nicht den unappetitlichen Umstand, dass es neben dem Meineid-Minister Christian Lindner noch drei weitere, halbseidene Gewächse aus dem unappetitlichen Dunstkreis des Vulgärliberalismus gibt, so meine ich das zumindest, die ebenfalls breit auf dem Chefsessel eines Bundesministeriums sitzen und es gleichermaßen als ihre vornehmste Aufgabe sehen, ausschließlich die Interessen der 4 % an Supererreichen zu vertreten.
In ihrem sogenannten „12-Punkte-Plan zur Beschleunigung der Wirtschaftswende“, verklappen die borniertesten Köpfe der Liberalen mal wieder den üblichen, ranzigen Bockmist, mit dem sie seit Jahrzehnten durch jede Polit-Talkshow tingeln und sie damit zu einem Hochamt ihrer Arroganz zu erheben trachten:
- Die üblichen Steuersenkungen,
- eine Reform des Bürgergelds, selbstredend mit deutlich geringeren Leistungen,
- die Abschaffung der abschlagsfreien Rente mit 63 für besonders langjährig Versicherte, da diese „dem Arbeitsmarkt ja wertvolle Fachkräfte entziehen“.
- Dann fordert sie noch, den Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung zu streichen, sobald die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Regelarbeitsgrenze erreicht haben.
- Weiterhin delirieren sie von steuerlichen Vorteilen für Überstunden…die wiederum die Kassen der Unternehmen „entlasten“ sollen.
- Dann mal wieder ihr Klassiker vom kompletten Wegfall des Solidaritätszuschlags.
- Und last but not least, die Kürzung des Bürgergelds für notorische Leistungsverweigerer um bis zu 30%.
- Nicht zu vergessen: Waterboarding für Gewerkschaftsmitglieder und öffentliches Auspeitschen von Betriebsräten…Sorry, das muss ich im Eifer des Gefechts wohl dazu gedichtet haben. Wobei…?
Dass Siegfried Russwurm und Rainer Dulger, die ich die beiden penetrantesten Knallchargen aus dem Arbeitgeberlager nenne, die asozialen Pläne der FDP frenetisch beklatschen, liegt auf der Hand.
Schließlich haben sie ja wohl ihrem bestens dressierten Fiffi, Christian Wolfgang Lindner, das Wunschkonzert ja exakt so in den „12-Punkte-Plan zur Beschleunigung der Wirtschaftswende“ diktiert.
Bei der Bundestagswahl 2019 erhielten die parlamentarischen Lobbyisten der knapp 4 % supererreichen Bürgerinnen und Bürger, also der verlängerte Arm von Klatten, Quandt, Lidl-Schwarz & Co, 5.291.013 der abgegebenen Stimmen, oder 11,4 %.
Zieht man die der 2.683.126 Milliardäre und Millionäre davon ab, haben rund 2,6 Millionen weitere Wählerinnen und Wähler für die Liberalen gestimmt.
Also exakt für jene Liberalen, deren Landesverband 2014 bei der Wahl in Brandenburg posaunte: „Keine Sau braucht die FDP“?
Dieser Schenkelklopfer sollte sich wohl an die 96 % am Ende der Nahrungskette, nach liberaler Definition, richten. „Seht her, wir können auch lustig“. Dummerweise, also für die FDP, nicht für besagte 96 % am Ende der Nahrungskette … dummerweise hat das brandenburgische Lumpenproletariat die stümperhaft peinliche Selbstironie anscheinend zu wörtlich genommen und die FDP daraufhin postwendend aus dem Landtag gekegelt.
Wäre das nicht eine nachahmenswerte Steilvorlage für die nächste Bundestagswahl anno 2025?
Dann wäre zumindest schon mal die Gefahr gebannt, dass auch in der 25. Bundesregierung wieder liberale Meineid-Ministerinnen und Meineid-Minister vertreten sein könnten, und dass durch das Ausscheiden dieser Lobbyisten, eventuell sogar ein kleines Wunder geschähe: Dass sich der Bundeskanzler, oder die Bundeskanzlerin, dass sich die Bundesministerinnen und Bundesminister strikt an den Text der Eidesformel halten.
Dass sie tatsächlich ihre Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmeten, dass sie seinen Nutzen mehrten, Schaden von ihm wendeten, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahrten und verteidigten, dass sie ihre Pflichten gewissenhaft erfüllten und Gerechtigkeit gegen jedermann übten.
Und, dass sich dadurch für die geradezu überwältigende Mehrheit von 96 %, sozial und finanziell tatsächlich etwas zum Guten entwickelt könnte… wenn auch nur homöopathisch.
OK, das kam jetzt wohl reichlich naiv rüber.
Schon klar.
Aber man wird ja noch davon träumen dürfen, dass die Meineidigen in den Parlamenten irgendwann einmal alle…
- tanz-ums-goldene-kalb: Peter Wilhelm KI
- ich-schwoer: Peter Wilhelm ki
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Schlagwörter: Agenda 2010, Amtseid, FDP, Grundgesetz, Lindner, Meineid, Milliardäre, Millionäre, spd