Notiz für mich selbst

Der kategorische Imperativ und die goldene Regel

Goldene Regel

Im ersten Teil dieser kleinen Serie über den kategorischen Imperativ haben wir erfahren, was der kategorische Imperativ ist und welche Rolle er in unserem täglichen Leben spielen kann.

Ganz ähnlich scheint dem kategorischen Imperativ der Satz „Was du nicht willst, das man dir tu’, das füg’ auch keinem anderen zu“ zu sein.
Dieser Satz wird auch oft als „goldene Regel“ bezeichnet.

Die goldene Regel und der kategorische Imperativ von Immanuel Kant haben auf den ersten Blick Ähnlichkeiten, unterscheiden sich aber in wichtigen Punkten. Beide setzen ethische Maßstäbe für das menschliche Verhalten und fördern Rücksichtnahme sowie moralisches Handeln. Dennoch geht der kategorische Imperativ weit über die sogenannte „Goldene Regel“ hinaus.

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Gemeinsamkeiten

• Universelles Prinzip: Beide Prinzipien fordern, dass man sein Verhalten so gestaltet, dass es für alle gelten könnte. Sie appellieren an die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, und fördern eine gerechte Behandlung zwischen Menschen.
• Moralischer Maßstab: Beide versuchen, den Einzelnen zu einer moralischen Selbstreflexion zu bewegen. Bei der „Goldenen Regel“ geschieht dies durch die Frage: „Wie würde ich mich fühlen, wenn man mir das antun würde?“ Beim kategorischen Imperativ lautet die Frage: „Kann ich wollen, dass meine Handlung ein allgemeines Gesetz wird?“

Unterschiede

1. Subjektivität vs. Objektivität:

• Die „Goldene Regel“ basiert stark auf subjektiver Empathie: Man überlegt, wie man selbst behandelt werden möchte, und handelt entsprechend.
• Der kategorische Imperativ verlangt dagegen eine objektive, universelle Betrachtung. Es geht nicht nur darum, was man selbst will, sondern ob die Handlung für alle Menschen immer und überall als Gesetz gelten könnte.

2. Moralische Tiefe:

• Die „Goldene Regel“ könnte in bestimmten Fällen als unzureichend gelten. Zum Beispiel, wenn jemand egoistische oder sogar destruktive Wünsche hat, könnte er diese als Maßstab für andere nehmen: „Ich möchte, dass mir niemand widerspricht, also widerspreche ich auch niemandem.“
• Der kategorische Imperativ verlangt hingegen, dass die Handlung unabhängig von persönlichen Vorlieben moralisch vertretbar ist. Er stellt also einen höheren, rationalen Anspruch.

3. Zweck-Mittel-Beziehung:

• Kant fordert zusätzlich, dass Menschen niemals nur als Mittel zu einem Zweck behandelt werden dürfen, sondern immer auch als Zweck an sich. Dieser Gedanke fehlt in der „Goldenen Regel“.

Beispiel zur Unterscheidung

Angenommen, jemand lügt regelmäßig, weil er selbst nichts dagegen hat, belogen zu werden. Die „Goldene Regel“ könnte das Verhalten rechtfertigen, wenn er sagt: „Ich erwarte keine Ehrlichkeit, also muss ich auch nicht ehrlich sein.“
Der kategorische Imperativ hingegen würde fragen: „Was wäre, wenn alle lügen würden?“ Eine Welt ohne Wahrheit wäre unpraktikabel und unmoralisch. Das Lügen wäre also nach Kant nicht erlaubt, unabhängig davon, was die Person selbst für akzeptabel hält.

Fazit

Während die „Goldene Regel“ ein nützliches Alltagsprinzip für moralisches Handeln ist, bietet der kategorische Imperativ einen tiefergehenden, rationaleren Ansatz. Er fordert universelle Prinzipien und unabhängig von individuellen Wünschen eine moralische Verantwortung, die über persönliche Präferenzen hinausgeht. In diesem Sinne ergänzt der kategorische Imperativ die „Goldene Regel“, übertrifft sie jedoch in seiner philosophischen Strenge.

Bildquellen:
  • goldene-regel: Peter Wilhelm KI


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Diese Texte enthalten Recherchen, Fakten, Pseudofakten und Informationen, die ich einfach für mich notiert habe.


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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 8. April 2025

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