Der deutsche Humor ist ja etwas ganz Besonderes. Uns wird ja immer der englische Humor als beispielhaft dargestellt, der sei so schön schwarz. Unser Humor hingegen sei sehr eigenartig, so sagt man zumindest im Ausland.
Ich vermute daß der deutsche Humor deshalb etwas Besonderes ist, weil er sich in erster Linie an Leute richtet, die ansonsten zum Lachen in den Keller gehen. Lustig zu sein ist nämlich so etwas Ähnliches wie doof zu sein.
Nehmen wir als Beispiel einmal den niederländischen Humor. Die Holländer lachen über Dinge, die einem Deutschen eher peinlich wären. Ihr Humor ist sehr oberflächlich und derb. Aber sie lachen sich scheckig und haben Spaß.
Viel von diesem einfachen Humor, der auf die schnelle Pointe setzt, ist auch im amerikanischen Humor wiederzufinden. Er spiegelt sich vor allem auch in den Programmen der so genannten „stand up comedians“ in Amerika wieder. Kurze Witzchen, vom „Klein-Erna-Niveau“, eingebettet in eine erzählende Rahmenhandlung, reißt die Amis zu wahren Begeisterungsstürmen hin.
Solche Darbietungen waren in Deutschland jahrzehntelang den Büttenrednern im Karneval vorbehalten. Humor hatte in Deutschland bedächtig und vor allem politisch zu sein. Man erinnert sich noch an die Programme der „Lach- und Schießgesellschaft“
Sechs Männer und Frauen stehen in einer Reihe und spielen ein Programm. Sie singen nach brechtscher Manier Lieder, es ist eher ein unmusikalischer Sprechgesang und sie sagen Sachen, die Otto-Normalverbraucher gar nicht auf Anhieb versteht. Kabarett nennen sie das, was sie machen. Ihre Angriffe richten sich in erster Linie auf die Klasse der Herrschenden, sie kreiden der Politik so allerhand an. Lustig ist das stellenweise, ohne Zweifel, aber es trifft nicht wirklich das Herz der Zuhörer. Es war und ist politisch korrekt, über diese Dinge zu lachen.
Mit Klimbim schuf der deutsche Regisseur Pfleghar zum ersten Mal eine Fernsehsendung, die auf Klamauk und den schnellen Gag setzte. Auch Rudi Carell veränderte die Szene gewaltig, indem er unermüdlich amerikanische und englische Sketche eindeutschte und uns in seinen Shows vorsetzte. Ich erinnere mich aber gut daran, wie der Showmaster sich über manchen Gag selbst köstlich amüsierte, während das Publikum eher ruhig blieb. Er war eben ein Holländer.
Harald & Eddi hieß eine Sendung mit Eddi Arendt und Harald Juhnke, die ebenfalls neue Akzente setzte. Sie griff die von Dieter Hallervorden in „Nonstop Nonsens“ eingeführte Variante des gespielten Witzes neu auf und kultivierte sie. In „Sketchup“ und vielen ähnlichen Formaten schaffte dann der Verwandlungsklamauk endgültig den Durchbruch und verdrängte das politische Kabarett nahezu vollkommen.
Immer mehr Sendungen setzten auf den schnellen Gag, der auf Hallervordens gespieltem Witz basierte und in der Folge verschwanden andere Formate nahezu vollkommen vom Bildschirm. Die Verwechslungskomödie, die Türenkomödie und das gute alte Boulevardtheater finden im Fernsehen nicht mehr statt. „Hexenschuß“ mit Herbert Herrmann, Susanne Uhlen und Helmut Fischer, ein Klassiker schon fast, zum Schreien komisch, kombiniert die Elemente der Türen- und Verwechslungskomödie auf das Perfekteste, nur zeigt man uns diese Sendung nicht mehr.
Loriot ist die rühmliche Ausnahme. Seine Sketche, letztlich auch nur gespielte Witze und Episoden, sind liebevoll und absolut perfekt inszenierte Glanzstücke deutscher Unterhaltungskunst. Leider ist Loriot auch schon fast tot.
Es sind nicht die vielen Sendungen, wie „Die dreisten Drei“, „Ladykracher“ usw., die den feinsinnigen deutschen Humor zu Grabe tragen, sondern die unzähligen Sendungen, in denen die vielen neuen deutschen „stand up comedians“ auftreten.
Zu verdanken haben wir die (Wieder)geburt dieses Genres Thomas Herrmanns, der ja schon erfolgreich die hohe Kunst des Karaoke-Singens nach Deutschland geholt hatte. Man erinnert sich: In Japan, wo sich kleine arbeitsame Menschen mit hohem Verdienst nach Feierabend allerlei extremen und teuren Freizeitvergnügungen hingeben, schreien sich Manager zu den Klängen von „YMCA“ die Kehle aus dem Hals. Und dieses lautstarke Falschsingen sollte nun auch zwei Generationen von lebensüberdüssigen Deutschen erfreuen.
Genau der Mann, der diese Musikalentgleisung nach Deutschland importierte, schuf im Keller des Friedrichstadt-Palastes eine Plattform für Kleinkünstler. Da kommen im Fünfminutentakt vorwiegend Männer auf die Bühne und erzählen lustige Geschichten. Langsam und bedächtig wie Rüdiger Hoffmann oder Dieter Nuhr oder schnell und hektisch wie Michael Mittermaier. Und damit habe ich die Besten schon genannt.
Ihnen will ich ihre Kunst gar nicht absprechen und auch den vielen anderen nicht, die das probieren. Das ist zum Lachen, da habe auch ich meinen Spaß.
Diese Leute heißen auf Neudeutsch „Comedians“. Was mich persönlich stört, ist daß jetzt jeder, der jemals einen Witz im Fernsehen erzählt hat, ein Comedian ist. Manchmal reicht es schon aus, wenn jemand kleinwüchsig oder einfach nur häßlich ist und seit Generationen bekannte Witze erzählen kann, damit er heute als „Kult-Comedian“ gefeiert wird.
Wo bleibt da der gute deutsche Humor? Er besteht meiner Meinung nach aus einer gelungenen Mischung von allem. Nichts von dem, was ich bisher schilderte entbehrt seiner Daseinsberechtigung. Der platte Witz des Holländers, der politische Singsang der Kabarettisten, der leise Humor des Loriot, alles hat seine Zeit und seine Berechtigung.
Leider sind aber unsere Medien so gestrickt, daß jeder Trend, der nur im Geringsten kommerziellen (Werbe)erfolg verspricht wird gnadenlos von allen Sendern aufgegriffen und bis zum Erbrechen ausgeschlachtet. Man denke nur an die vielen Gerichtssendungen und Mittags-Talkshows. Jetzt sind gerade die Zoosendungen dran.
Jedes Format für sich ist vielleicht gut, aber daß dann auf allen Sendern etwas nahezu Identisches läuft, das macht die Sache so unerträglich.
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