Spitze Feder

Barbaras Visionen

Barbarasvisionen

Was hab ich mich damals aufgeregt über die Barbara, unsere Umweltministerin, als sie wegen eines Fracking-Verbotes so herumeierte und diesen Scheiß partout nicht generell verbieten wollte, sondern in gaaanz seltenen Ausnahmen Probebohrungen zu rein wissenschaftlichen Zwecken…

“Eingeknickt isse“, habe ich damals geflucht: „Die schielt doch bloß auf einen fetten Job nach ihrem Ministeramt“.

Ich kübel mich mit Asche voll!

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Man weiß es ja schließlich: Die Big 4 der Energiewirtschaft hierzulande bieten sahnemäßiges Salär für ehemaligen Volksvertreter an. Parteibuch? Scheißegal.
Wolfgang Clement, einst beim Schröder Gerd für Wirtschaft zuständig, man munkelt, er sei sogar mal Sozialdemokrat gewesen, sitzt heute fett und bräsig bei RWE im Aufsichtsrat.

Aber ich werde jetzt dermaßen was von Buße tun, mir kübelweise Asche aufs Haupt streuen und gleich mal bei Zalando reinschauen, ob es in meiner Größe Büßerhemden gibt, denn Barbara Anne Hendricks ist nicht etwa korrupt, sondern ganz im Gegenteil:

Sie ist genial und in höchstem Maße visionär. Jawohl!

Denn wer sagt denn, dass beim Fracking für alle Zeiten dieser ätzende Smoothie in die Erde gepumpt wird, und dass man die verseuchte Landschaft hinterher in die Tonne kloppen kann wie beim Ami drüben?

Wenn eine Presswurst an die Wand donnert….

Vielleicht erfinden die cleveren Leute bei EnBW, RWE, EON und Vattenfall ja eine Methode, bei der man Mineralwasser statt der Giftbrühe nehmen kann. Dann könnte es sogar einen Relaunch der Firma Überkinger geben, die der Hackl Schorsch, die rasende Stabsfeldwebel-Presswurst damals im Eiskanal mit Schmackes an die Wand gedonnert hat.

Und da die Bundesumwelt-Barbara jetzt sozusagen Mineral-Oberwasser hat, beendet sie mit einem ministeriellen Befreiungsschlag das elende Lamentieren der Länder und nimmt sich auf allerallerhöchster Bundesebene des leidigen Themas Endlager für hochradioaktiven Müll an, nachhaltig, alternativlos.

Nicht so zaghaft, wie all ihre Vorgängerinnen und Vorgänger; nein, Barbara dreht jetzt das ganz, ganz große Rad.
100.000 Jährchen?
Das war gestern. Wenn es der John F. anno 1969 nach offizieller Lesart geschafft hat, binnen einer Dekade Menschen zum Mond und sicher zurückzubringen, dann wäre es doch 2017 für ein Hochtechnologieland, wie der Bundesrepublik geradezu peinlich, halbe Sachen zu machen, oder?

Nicht mit der Hendricks Barbara.

Wenn schon, dann klotzen und nicht kleckern! Und so hat sie hurtig ein Gesetz aus der Schublade gezaubert, nach dem das Endlager für satte 1.000.000 Jahre dicht halten soll.
Sapperlot! Das wären 250.000 Olympiaden, oder 250.000 Fussball WMs, ob da der Beckenbauer noch…?

Eine Million Jahre? Was ist das schon?

OK, es gibt ein klitzekleines Problem; eher unbedeutend, aber man sollte es nicht aus dem Auge verlieren, wie weiland das Mineralwasser beim neuen Bahnhof in Stuttgart: 1.000.000 Jahre sind eine verdammt lange Zeit.

Keine Sau kennt einen derart robusten Werkstoff, aus dem man so ein Lager bauen könnte.

Die ältesten Bauwerke, die man auf dem Planeten gefunden hat, sind um die 10.000 Jahre alt.

Das ist gerade mal 1% von 1.000.000, und diese Bauwerke sind durch die Bank Ruinen, die von fleißigen Archäologie-Studenten peu a peu aus dem Erdreich gepinselt werden.

Also bauen, egal woraus, fällt schon mal flach.

OK, dann eben eine Höhle, eine mächtige, große Höhle, die nachweislich schon seit über 1.000.000 Jahre genauso aussieht, wie sie eben jetzt aussieht und dies auch die nächsten 1.000.000 Jahre…

Klingt völlig gaga, oder?

Isses auch!

Es ist saublöd, dass radioaktiver Müll radioaktiv ist. Wer hätte das gedacht?

Durch den saublöden Umstand, dass der hochradioaktive Müll nun mal derart hochradioaktiv ist, und dies für einige Hunderttausend WMs, kann es, mit oder ohne Beckenbauer, kein END-Lager geben.

Blöd für uns, blöd für die Barbara.
Man muss den Dreck von Zeit zu Zeit immer wieder mal aus- und woanders wieder einbuddeln, einschließen, oder weiß der Geier, was damit anfangen. End-lagern is nich, Punkt!

Somit entpuppt sich Barbaras Vision für 250.000 Fußball WMs als heiße Flatulenz aus dem Minister-Sessel.
Es ist nur ein Rohrkrepierer für 50.000 Generationen von Steuerzahlern – mit einem simplen Zweck: Die Vision soll dem blöden Michel glaubhaft suggerieren, dass sich hier jetzt jemand aber dermaßen was von kümmert… und dass er eventuell doch nicht Hunderte von Milliarden für die strahlenden Scheißhaufen der Energieriesen berappen muss, die sich längst mit einem Deal aus der Verantwortung verpisst haben.

Mein Resümee aus der Geschichte: Schluss mit Buße. Ich geh jetzt erst mal duschen und mir die Asche aus dem Haupthaar waschen. Dann storniere ich bei Zalando das Büßerhemd. Und wenn ich die Barbara mal treffen sollte, frage ich sie, ob sie noch alle Latten am Zaun hat.

Bild: Von Jakob Gottfried – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=42183422 (Montage auf pixabay-PD

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    Diese Kolumne schreibt vorwiegend Peter Grohmüller seine Gedanken zur Welt und dem Geschehen unserer Zeit auf.
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    Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | Peter Grohmüller: © 23. März 2017 | Revision: 3. Februar 2020

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