Ich habe mir vor einiger Zeit ein paar hochpreisige Schuhe gegönnt, die mit dem Feature „Memory Foam“ beworben werden;
…und das lässt sich der Hersteller ordentlich bezahlen. Ich gestehe: Manchmal lasse auch ich mich von der Werbung verlocken. Aber was soll ich sagen? Einmal getragen, fühlen sich die Schuhe unglaublich customized an. Das Fußbett bildet die Topographie der eigenen Füße so formvollendet ab, dass man darin wohlig und bequem läuft, wie auf einer aufgeschäumten Wolke Sieben. Insofern: Anscheinend hält Werbung doch, was sie verspricht – zumindest manchmal.
Dieser „Memory Foam“, besteht, wie jeder Schaum, im Prinzip nur aus Myriaden gasförmiger Bläschen, die von irgend etwas umschlossen sind, damit das Gas nicht entweichen kann. In Falle meiner Schuhe, vermutlich aus einem Kunststoff, bei dem ich hoffe, dessen Weichmacher mögen zumindest so lange halten, bis die Sohlen abgelatscht sind. Denn der Hersteller lässt sich das aufgeschäumte Fußbett ordentlich bezahlen. Aber das sagte ich ja bereits.
Nun gibt es noch jede Menge weitere Bläschen, die in einem Etwas eingeschlossen sind und so einen Schaum bilden. Den Klassiker namens Schaum-Gummi, hält wohl jeder täglich in der Hand, seit seine Geschirrspülmaschine den Geist aufgegeben und er noch keine pekuniäre Muse für eine Ersatzbeschaffung gefunden hat. Wer einen Renault R4 gefahren hat und das nostalgische Element in seiner Erinnerung beiseitelegt, wird sich an die mäßig lackierten Blechelemente im Innenraum und die nervige Geräuschkulisse erinnern, und er wird die angenehme Wirkung einer vernünftigen Geräuschdämmung durch geschäumte Innenverkleidungen zu schätzen wissen.
Wenn es sich bei Aufgeschäumtem allerdings um Worte handelt, hält die Werbung nie, was sie verspricht. Wahre Meisterschaft in der merkwürdigen Disziplin, pures Nichts mit vielen inhaltslosen Worten extrem aufzuschäumen, kann man allabendlich in den Nachrichten erleben, in denen deren Vertreter von Journalistinnen und Journalisten präzise gestellten Fragen, mit einem ausladenden Schwall von Irgendetwas … nicht beantworten.
Der aufmerksamen Leserschaft wird aufgefallen sein, dass ich von Politikerinnen und Politikern rede, und dass ich mit dem Ausdruck „Leserschaft“, das strunzdämliche Gendern zumindest einmal umschifft habe. Ich finde aber, dass sich „Leserschaft“ ziemlich Scheiße anhört, und ich werde ab sofort wieder den Text damit aufschäumen, in dem ich von Leserinnen und Lesern spreche, sollte ich sie noch einmal erwähnen müssen.
Aber nun zurück zum Aufschäumen:
Merkwürdig ist, dass die gleichen Politikerinnen und Politiker, die in den Nachrichten von Journalistinnen und Journalisten präzise Fragen gestellt bekommen, und diese mit einem überbordenden Schwall von Phrasen nicht beantworten, später von anderen Journalistinnen und Journalisten, in die nachfolgenden Talkshows eingeladen werden, in denen sie die gleichen, präzise gestellten Fragen, mit den gleichen, sinnfreien Sprechblasen erneut nicht beantworten.
Viele werden jetzt denken, dass dieser Schachtelsatz geradezu ein Paradebeispiel von Schaumschlägerei ist. Ich gestehe: Das war auch pure Absicht; und wenn sich jetzt jemand darüber echauffiert, ich habe dadurch seine Zeit über Gebühr beansprucht, vermute ich, dass er sich des didaktischen Sinns des Aufgeschäumten, das uns von Souffleusen und Souffleuren tagtäglich in die Ohren geträufelt wird, nicht bewusst ist
Mein unangefochtener Top-Schaumschläger ist Norbert Alois Röttgen, Muttis klügstes Kinngrübchen. Mit einer Jovialität, die weder durch sein politisches Œuvre, noch durch den Ansatz von Kompetenz, gerechtfertigt wäre, flötz sich das fleischgewordene Kassengestell mit dem Charisma einer lauwarmen Rieslingschorle, allabendlich in die Ledersessel bei Lanz & Co und referiert en Suite, über das legendäre Bouquet eines Château Lafite de Rothschild. Dabei sondert er zu jeder Frage und zu jedem Thema, den gleichen substanzlosen Schaum ab: Von Vertrauen, das Politik zurückgewinnen müsse, und von den Bürgerinnen und Bürgern, die man von irgendwo abholen und nach irgendwo mitnehmen müsse. Von Norbert Alois Röttgen … irgendwo abholen und nach irgendwo mitnehmen lassen? Im Ernst? Ach du Scheiße!
Cut – zum ersten!
Ich schaue mir ab und zu gerne mal einen schönen, alten Western in Technicolor an. Filme, in denen Männer noch echte Männer waren und keine Kassengestelle. Sie ritten mit ernstem Blick durch die Prärie in die abgelegensten Käffer, soffen literweise billigen Fusel an den Theken in den Saloons und belebten im Showdown das Geschäft der örtlichen Bestatter. Gelegentlich nahmen Gary Cooper, John Wayne, oder Kirk Douglas, auch mal Platz im Stuhl des Barbiers und ließen sich rasieren. Der Figaro, stilvoll gekleidet in derangiertem, versifftem Feinripp, legte dann ein Stück derbe Seife in eine Porzellanschale, träufelte heißes Wasser hinzu, und stellte durch gekonntes, kreisendes Aufschlagen mit dem Rasierpinsel, daraus einen seidig cremigen Schaum her, mit dem er die wettergegerbten Gesichter meiner Helden einseifte.
Cut – zum zweiten!
In Häusern, in denen man sich der Haute Cuisine verpflichtet fühlt, sind Schäume oft das I-Tüpfelchen eines edlen Sterne-Menüs. Medaillons vom Seeteufel an nussigem Wildreis und blanchierten grünen Spargelköpfen, werden durch einen feinen Limetten-Schaum zur erlesenen Gaumenfreude, wie eine meisterhaft aufgeschäumte Mousse au Chocolat zum Dessert. Wenn dann noch ein vollmundiger Kaffee Crema mit einem Kunstwerk aus aufgeschäumter Milch, das Soupée abschließen, kann sich der Genießer hochzufrieden zurücklehnen.
Prä-Résumé:
Aufgeschäumtes vermag, das Leben ungemein zu bereichern. In Form von perfekten Fußbetten, als absprechende, geräuschdämmende Innenverkleidungen von Autos, als hautschmeichelnde Hilfe bei der Rasur, zum Verfeinern von Speisen, und, und, und. Sinnlose Exegese der eigenen Schaumschlägerei, von sich hoffnungslos selbst überschätzenden Kassengestellen hingegen, definitiv nicht.
Finales Résumé:
Leute, lasst Euch von ihnen nicht irgendwo abholen und irgendwohin mitnehmen, und lasst Euch erst recht nicht, von ihnen einseifen.
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