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Was ist eine Lohe?

Gerber

Kürzlich standen wir in einer benachbarten Stadt in der Lohstraße und ein Bekannter fragte mich: „Was heißt denn eigentlich Loh – oder Lohe?“ Eine Frage, über die man leicht stolpern kann, denn das Wort klingt heute beinahe archaisch. Und doch begegnet es uns öfter, als wir denken – in Straßennamen, Ortsbezeichnungen oder alten Familienberufen.

Tatsächlich hat das Wort Lohe eine lange und vielschichtige Geschichte. Ursprünglich stammt es vom althochdeutschen lōh oder lōch, was so viel bedeutete wie niederes Gehölz, Buschwerk oder lichtes Wäldchen. Damit waren keine großen Forste gemeint, sondern eher naturbelassene oder gezielt angelegte Gehölze, die regelmäßig genutzt wurden – unter anderem für die Gewinnung von Baumrinde.

Gerberlohe: Rinde als Rohstoff

Denn genau daraus entwickelte sich später der Begriff der sogenannten Gerberlohe. Dabei handelt es sich um zerkleinerte Rinde – vor allem von Eichen und Fichten –, die reich an Gerbstoffen ist. Diese Gerbstoffe waren unerlässlich für die Lederherstellung. Die Lohe wurde in Lohmühlen zerkleinert und anschließend in Bottichen verwendet, um rohe Tierhäute zu konservieren und zu gerben.

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Der Beruf des Lohgerbers (also eines Gerbers, der mit pflanzlicher Lohe arbeitete) war einst weit verbreitet. Ganze Landstriche, sogenannte Lohwälder, wurden eigens für die Rindengewinnung bewirtschaftet – nachhaltig, wie man heute sagen würde, denn nach dem Schälen konnten die Bäume weiterwachsen oder wurden gezielt nachgepflanzt.

Lohe im Stadtbild: Von Lohgrube bis Lohmühle

Viele heutige Straßennamen und Ortsbezeichnungen erinnern noch an diese Zeit. Wer in einer Lohstraße, am Lohgraben, in der Lohmühlenstraße oder am Lohhain wohnt, lebt vermutlich in einem Gebiet, das früher einmal für diese Form der Rohstoffgewinnung genutzt wurde. Auch Hausnamen wie „Zum Lohgerber“ oder „Beim Lohmüller“ führen auf diesen Berufszweig zurück.

Sprachwissenschaftlich lässt sich das Wort sogar noch weiter zurückverfolgen: Das urindogermanische *leṷ- bedeutete so viel wie „lösen“, „abziehen“, „abschälen“ – also genau das, was mit der Baumrinde geschah.

Heute: Nur noch Spuren im Sprachgedächtnis

Heute spielt die klassische Gerberlohe in der industriellen Lederverarbeitung kaum noch eine Rolle – synthetische Gerbmittel haben sie weitgehend verdrängt. Doch sprachlich lebt die Lohe weiter: als Relikt einer vergangenen Handwerkskultur, die ihre Spuren in unseren Städten und Wäldern hinterlassen hat.

Wenn Du also das nächste Mal durch eine Lohstraße spazierst oder einen Ortsteil namens „Lohe“ entdeckst, denke daran: Dort wurde früher nicht nur spaziert, sondern gehackt, geschält, gemahlen und gegerbt – und zwar mit handfester Lohe.

Bildquellen:
  • gerber: Peter Wilhelm KI


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Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 11. Mai 2025

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