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Warum das amerikanische Polizeisystem Deutsche so verwirrt

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Wer als Deutscher zum ersten Mal längere Zeit in den USA verbringt oder regelmäßig amerikanische Polizeivideos sieht, wundert sich schnell: Überall Polizei – aber nie dieselbe. Streifenwagen mit völlig unterschiedlichen Aufschriften, Sheriff-Sterne, Highway Patrol, Campus Police, dazu Bundesbehörden mit eigenen Abzeichen. Für deutsche Augen wirkt das unübersichtlich, manchmal sogar chaotisch.

Der Grund dafür liegt nicht in Unordnung, sondern im grundlegend anderen Staatsverständnis der USA. Während Polizei in Deutschland stark zentralisiert und landesweit einheitlich organisiert ist, folgt das amerikanische System einem föderalen, stark dezentralen Ansatz. Zuständigkeiten sind kleinteilig verteilt – und bewusst so angelegt.

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Stadtpolizei: Die klassische Police Department

In Städten und Gemeinden gibt es eigene Police Departments. Diese sind für das jeweilige Stadtgebiet zuständig, kümmern sich um Verkehr, Streifendienst, Ermittlungen bei Straftaten und Gefahrenabwehr. Sie sind das, was Deutsche am ehesten als „normale Polizei“ wahrnehmen.

Diese Polizeien unterstehen der jeweiligen Stadtverwaltung. Der Polizeichef wird häufig vom Bürgermeister ernannt oder politisch bestätigt. Das bedeutet: Polizeiarbeit ist hier viel stärker kommunal geprägt als in Deutschland.

Sheriff Departments: Gewählte Ordnungsmacht

Sheriffs sind ein besonderes amerikanisches Phänomen. Sie sind keine Beamten im klassischen Sinn, sondern werden von der Bevölkerung des Countys gewählt. Das Sheriff-Department ist für das gesamte County zuständig, also auch für ländliche Gebiete ohne eigene Stadtpolizei.

Sheriffs betreiben oft die Gefängnisse, übernehmen Gerichtsvollzüge und unterstützen kleinere Gemeinden. Ihre Autorität ist enorm – und gleichzeitig politisch legitimiert. Das erklärt auch, warum Sheriffs in manchen Regionen sehr unterschiedlich auftreten: vom nüchternen Verwaltungsbeamten bis zum bewaffneten Law-and-Order-Typen.

Highway Patrol und State Troopers: Polizei der Bundesstaaten

Auf den Highways und großen Fernstraßen trifft man auf State Troopers oder Highway Patrol. Sie sind Landespolizei im eigentlichen Sinne und dem jeweiligen Bundesstaat unterstellt.

Ihre Hauptaufgabe ist Verkehrssicherheit, Unfallaufnahme und Kontrolle auf Fernstraßen. Gleichzeitig haben sie aber auch weitreichende polizeiliche Befugnisse und können bei schweren Straftaten landesweit eingreifen.

Campus Police: Polizei mit Hochschulausweis

Für viele Deutsche besonders irritierend ist die Tatsache, dass Universitäten eigene Polizeibehörden haben. Campus Police sind keine Sicherheitsdienste, sondern vollwertige Polizeikräfte mit Waffen, Festnahmerechten und Ermittlungsbefugnissen – allerdings beschränkt auf das Universitätsgelände und angrenzende Bereiche.

Der Hintergrund ist historisch: Viele Universitäten sind kleine Städte für sich, mit Zehntausenden Studierenden, Wohnheimen, Krankenhäusern und Sportanlagen. Eigene Polizei galt als effizienter und schneller verfügbar.

Bundesbehörden: Wenn es größer wird

Über allem stehen die Bundesbehörden. Die bekannteste ist das Federal Bureau of Investigation. Es ermittelt bei schweren, bundesweiten Straftaten wie Terrorismus, organisierter Kriminalität oder Entführungen.

Daneben existieren zahlreiche weitere Bundespolizeien, etwa für Grenzschutz, Zoll, Alkohol- und Waffenrecht oder den Schutz von Regierungsmitgliedern. Sie greifen nur ein, wenn Bundesrecht betroffen ist – nicht bei normalen Alltagsdelikten.

Security vs. Polizei: Der große Unterschied

Zusätzlich existiert eine riesige Branche privater Sicherheitsdienste. Diese tragen oft Uniformen, fahren markierte Fahrzeuge und wirken auf Außenstehende wie Polizei. Tatsächlich haben sie aber nur sehr eingeschränkte Rechte – meist Hausrecht und Jedermannsrechte.

Für Deutsche ist die Unterscheidung oft schwierig, da Uniformen, Abzeichen und Fahrzeuge bewusst autoritär gestaltet sind.

Warum dieses System so gewollt ist

Das amerikanische Polizeisystem ist Ausdruck tief verwurzelten Misstrauens gegenüber zentraler Macht. Zuständigkeiten werden verteilt, Kompetenzen begrenzt, Kontrolle lokalisiert. Das führt zu Effizienz in manchen Bereichen – und zu Reibungsverlusten in anderen.

Für Außenstehende wirkt das fragmentiert. Für Amerikaner ist es gelebter Föderalismus.

Überblick: Wer ist wofür zuständig?

Polizeityp Zuständigkeit Unterstellt Befugnisse
Stadtpolizei (Police Department) Stadtgebiet Stadtverwaltung Vollständige Polizeibefugnisse innerhalb der Stadt
Sheriff Department County (Landkreis), oft auch ländliche Gebiete ohne eigene Stadtpolizei Gewählter Sheriff Polizei im County, häufig zusätzlich: Gefängnisbetrieb und Gerichtsvollzug
Highway Patrol / State Troopers Bundesstaat, Schwerpunkt Fernstraßen und Highways Bundesstaat (Landesregierung) Verkehrskontrollen, Unfallaufnahme, Strafverfolgung nach Landesrecht
Campus Police Universitätsgelände und angrenzende Bereiche Hochschule / Bundesstaat (je nach Organisation) Polizeibefugnisse auf dem Campus (Streife, Festnahmen, Ermittlungen im Rahmen der Zuständigkeit)
Bundesbehörden (z. B. FBI) Bundesweit, wenn Bundesrecht betroffen ist Bundesregierung Ermittlungen bei Bundesdelikten (z. B. Terrorismus, organisierte Kriminalität, Entführungen), Zusammenarbeit mit lokalen Behörden
Private Security Privatgelände (z. B. Mall, Firmencampus, Wohnanlagen) Privates Unternehmen Hausrecht, Sicherungsaufgaben, meist keine Polizeibefugnisse (nur Jedermannsrechte je nach Bundesstaat)

Fazit

Was für Deutsche verwirrend wirkt, ist in den USA ein historisch gewachsenes System aus lokaler Verantwortung, föderaler Kontrolle und politischer Nähe zur Bevölkerung. Wer das versteht, versteht auch, warum amerikanische Polizeivideos so unterschiedlich aussehen – und warum „die Polizei“ dort niemals nur eine ist.

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(©si)