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Verarscht – Teure Stecker und Kabel für Audiophile und Cineasten

Teure kabel 3

Elektrische und elektronische Geräte müssen mit Strom versorgt werden. Das geschieht entweder mit Batterien, Akkus oder mit Netzstrom. HiFi-Anlagen werden üblicherweise stationär betrieben, ergo mit Netzstrom. Wir wissen alle, dass es durchaus einen Unterschied machen kann, ob man seine Lautsprecher-Boxen mit billigem Klingeldraht oder mit einem hochwertigen Kupferkabel anschließt.

Aber da fängt es nicht erst an, wie manche Enthusiasten glauben, sondern da hört es auf.

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Ich behaupte, und da geben mir alle, die von der Materie etwas verstehen, Recht, dass die Lautsprecherkabel so ziemlich das Einzige im Bereich Kabel- und Anschlusstechnik sind, bei dem man Einfluss auf die Klangqualität einer Stereoanlage nehmen kann.
Das gilt auch für die 5.1-Anlage, für andere Lautsprechersysteme und die Soundbar. Ich wiederhole es noch einmal: Bei der analogen Anbindung von Lautsprechern können schlechte und falsche Kabel zu schlechtem Klang führen.

Doch was ist ein schlechtes Kabel? Ich nannte eingangs bereits den Klingeldraht. Der ist zu dünn, zu schlecht und kann zu miesen Klangergebnissen führen.
Da würde ich ein gutes Lautsprecherkabel kaufen, das es so für 50 Cent bis 1 Euro pro Meter zu kaufen gibt. Erstaunlicherweise geben aber manche Leute auch bis zu 170 Euro pro Meter aus.

Teures kabel

Erstaunlicherweise finden sich bei solchen teuren Lautsprecherkabeln dann auch Rezensionen, die von einem wahren Klangwunder sprechen oder das erheblich verbesserte Höhenerlebnis preisen.

Genauso viele Rezensenten schreiben aber auch, dass dieses Kabel jeweils gar keinen Unterschied ausgemacht hat.

Es könnte also sein, dass die Hoffnung auf eine nochmalige Klangverbesserung durch ein teures Lautsprecherkabel reine Glaubenssache ist. Wer viel, ja sogar zu viel, für so ein Kabel ausgegeben hat, dem gaukelt sein Hirn oder sein schlechtes Gewissen möglicherweise vor, damit nun auch besser hören zu können.

Noch alberner wird das Ganze, wenn es sich um Kabel für die digitale Übertragung von Signalen handelt.

Der Kult um die Kabel

Im HiFi-Bereich wird seit Jahrzehnten ein regelrechter Kult um Kabel betrieben — ein Geschäftsfeld, in dem sich viele Hersteller eine goldene Nase verdienen. Da werden Meterpreise aufgerufen, die den Wert von Silberbarren übersteigen, und manch audiophiler Enthusiast schwört Stein und Bein, sein „hochreines, kryogen behandeltes Klangkabel“ würde ihm die „Seele der Musik“ offenbaren. Doch schaut man genauer hin, bleibt von diesen Versprechen meist nur heiße Luft.

Objektiv betrachtet ist es so: Bei allen digitalen Kabeln (z. B. USB, HDMI, optische oder koaxiale Digitalkabel) werden schlicht Nullen und Einsen übertragen. Solange das Kabel die Daten fehlerfrei von A nach B bringt, hat es keinen Einfluss auf den Klang. Entweder kommen die Bits korrekt an oder eben nicht — und wenn sie nicht ankommen, bricht die Verbindung ab oder es kommt zu hörbaren Aussetzern, aber keine subtile „Klangverfärbung“. Ein digitales Kabel, das den Standard erfüllt, reicht völlig aus.

Teures kabel 2

Ähnlich verhält es sich bei Stromkabeln. Die Aufgabe eines Netzkabels ist es, die Versorgungsspannung zuverlässig und stabil zu liefern. Ein einfacher Kupferleiter guter Qualität, wie ihn jedes solide Baumarktgerät verwendet, erfüllt diese Aufgabe vollkommen. Klangliche Unterschiede entstehen hier keine, auch wenn noch so viele Marketingmärchen über „dynamischere Bässe“ oder „luftigere Höhen“ erzählt werden.

Lediglich bei analogen Lautsprecherkabeln spielt die Kabelqualität eine gewisse Rolle. Hier fließen größere Ströme und es können Verluste durch Widerstand, Kapazität und Induktivität auftreten. Bei extrem langen Kabelwegen, sehr niedrigen Impedanzen oder sehr schwachen Verstärkern kann ein zu dünnes oder minderwertiges Kabel tatsächlich Einfluss auf den Klang haben. In solchen Fällen sind solide, ausreichend dicke Kupferkabel (z. B. 2,5 bis 4 mm² Querschnitt) völlig ausreichend und sinnvoll. Vergoldete Stecker helfen dabei höchstens gegen Korrosion an den Kontakten, verbessern aber nicht den Klang.

Wer im HiFi-Bereich lieber in bessere Lautsprecher, bessere Raumakustik oder einen wirklich hochwertigen Verstärker investiert, ist deutlich besser beraten, als Unsummen in sündhaft teure Kabel zu stecken. Denn der oft beschworene „Kabelklang“ bleibt — trotz blumiger Werbetexte — ein Mythos, der sich in seriösen Blindtests regelmäßig in Luft auflöst.

Das gilt auch für absolut überteuerte Stecker. Das sind ganz normale Netzstecker, Schuko-Stecker, also diese ganz normalen Dinger, die man in die Steckdose steckt.
„Zerobrain“ hat in einem aktuellen Video mal drei solche Netzstecker für Audiophile angeschaut, aufgemacht und verglichen.

Das Video musst Du Dir unbedingt anschauen, es ist sooooo gut!

Ich glaube, mehr muss man nicht über Stecker und Kabel sagen, die von manchen hochgejubelt werden, letztlich aber überhaupt nichts bringen. Wer 700 Euro für einen Meter Kabel ausgibt oder 5oo Euro für einen Netzstecker, der hat eben 700 Euro oder 500 Euro zu viel. Damit kann er meinetwegen machen, was er will, auch überteuerte Kabel kaufen. Aber bitte erzähl mir nicht, dass dadurch Musik besser klingt. Echt nicht!

Mythos HDMI-Kabel

Ich muss noch ein Wort über HDMI-Kabel verlieren, weil eine Reaktion unter der ersten Version dieses Artikels so haarsträubend war. Da schrieb ein Leser:

„Für Musik mag das ja gelten. Aber im Bereich HDMI-Kabel hast du Unrecht. Ich habe einen Philips-TV und mir für 239 Euro ein besseres HDMI-Kabel dazu gekauft.
Die Bildqualität ist mindestens von HD auf UHD, wenn nicht sogar auf 8K gestiegen. Das kann die ganze Familie bestätigen. Wir schauen viel fern und können das beurteilen.“

Ein besonders hartnäckiger Mythos im HiFi- und Heimkino-Bereich dreht sich um HDMI-Kabel. Viele Menschen glauben tatsächlich, dass ein besonders teures HDMI-Kabel mit „hochreinem Silberleiter“, „vergoldeten Kontakten“ oder „besonderer Abschirmung“ das Bild auf dem Fernseher sichtbar verbessert. In der Realität ist das jedoch reiner Unsinn. HDMI überträgt digitale Signale, also eine Abfolge von Nullen und Einsen. Diese Datenpakete kommen entweder korrekt an — dann ist das Bild perfekt — oder sie kommen fehlerhaft an, was zu sichtbaren Aussetzern, Flimmern oder Totalausfällen führt.

Mit anderen Worten: Entweder funktioniert ein Kabel oder es funktioniert nicht. Letzteres kann vorkommen, dann ist das Kabel eben kaputt. Aber jedes normale Kabel, auch die kostenlos mitgelieferten, erfüllt ansonsten den absolut gleichen Zweck.

Es gibt beim digitalen Signal keine Zwischenstufen wie „etwas schärfer“ oder „farbenfroher“, wenn das Kabel angeblich „besser“ ist. Entweder es funktioniert oder nicht. Solange das Kabel den technischen HDMI-Standard erfüllt (z. B. HDMI 2.0 oder 2.1 für höhere Auflösungen und Bildraten), reicht ein solides, gut verarbeitetes Standardkabel völlig aus.

Dass Händler oder Hersteller trotzdem gerne sehr teure Kabel anpreisen, liegt allein am Geschäft mit der Verunsicherung: Wer viel Geld für einen neuen Fernseher oder Beamer ausgegeben hat, will auch beim Zubehör „das Beste“. Dabei landet man oft bei Kabeln, die mitunter mehrere hundert Euro kosten — ohne den geringsten Vorteil gegenüber einem 10-Euro-Kabel aus dem Elektronikmarkt.

Am Ende ist es ein teures Placebo, das nur dem Verkäufer nützt. Wer klug ist, spart sich das Geld lieber und gönnt sich dafür einen schönen Filmabend mit Popcorn — auf dem Bildschirm sieht es genauso gut aus.

Infokasten: Die 12 verrücktesten Mythen aus der HiFi- und Kabelwelt

  • 1. Ein vergoldetes HDMI-Kabel macht das Bild schärfer und brillanter.
    In Wirklichkeit: Entweder kommt das digitale Signal an, oder nicht. Gold hilft hier höchstens gegen Korrosion.
  • 2. Netzstecker mit speziellem „Klangstrom“ verbessern die Musikalität.
    Nein. Strom bleibt Strom, egal wie teuer der Stecker ist.
  • 3. Kabel müssen „eingespielt“ werden, damit sie ihren vollen Klang entfalten.
    Nein, Kabel haben keine musikalische Seele, die erst „aufwachen“ muss.
  • 4. Holzfüße unter Lautsprechern verändern das Klangbild dramatisch.
    Vielleicht gut für den Geldbeutel des Verkäufers — messbare Klangunterschiede? Fehlanzeige.
  • 5. Ein USB-Kabel aus Reinsilber bringt wärmere Höhen bei Musikdateien.
    USB transportiert nur digitale Daten (Nullen und Einsen). Klangfarben sind Sache der Aufnahmetechnik.
  • 6. Ein spezielles Schirmgeflecht um Lautsprecherkabel öffnet den „Klanghorizont“.
    Klingt poetisch, ist aber technisch blanker Unsinn.
  • 7. Kabel, die in Himalaya-Höhen luftgetrocknet wurden, klingen luftiger.
    Schöne Geschichte, aber genau das: nur eine Geschichte.
  • 8. Ein Kabel mit „Mondphasen-Legierung“ klingt bei Vollmond weicher.
    Kabel mit astrologischem Klang? Eher was für den Esoterik-Stand auf dem Mittelaltermarkt.
  • 9. Platin-beschichtete Stecker verbessern die Tiefbass-Dynamik.
    Faktencheck: Die Basswiedergabe hängt nicht vom Stecker-Material ab.
  • 10. Acrylglas-Abdeckhauben über Verstärkern sorgen für „bessere Raumstaffelung“.
    Vielleicht hübsch anzusehen, aber klanglich wirkungslos.
  • 11. Das Kabel muss in die Richtung des Stromflusses gelegt werden („richtungsgebundene Musikführung“).
    Strom ist kein Einbahnstraßenfahrer — dieser Mythos hält sich trotzdem hartnäckig.
  • 12. Ein „Quantenchip“ am Kabelende beseitigt digitale Störungen.
    Eine der größten Abzock-Legenden. Wissenschaftlich völlig haltlos.

Bildquellen:

  • teures-kabel-2: Amzn Oehlbach
  • teure-kabel-3: Peter Wilhelm KI
  • teures-kabel: Amzn Anhly

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