Stefan Raab und der Preis der billigen Aufmerksamkeit – Da ist er also wieder, der selbsternannte König Lustig. Zehn Jahre lang war Ruhe. Zehn Jahre lang hat sich Stefan Raab vom Bildschirm ferngehalten – und, Überraschung: Die Welt hat’s überlebt. Mehr noch: Das Fernsehen lief weiter, TV Total mit Sebastian Pufpaff funktioniert bestens, die Formate haben sich ohne Raab neu gefunden. Der Beweis: Niemand ist unersetzlich. Auch kein Stefan Raab.
Nun versucht er es also wieder. Mit einer „Stefan Raab Show“, die in dieser Woche jeden Tag 15 Minuten als Appetithäppchen läuft, bevor am kommenden Mittwoch das große Comeback in voller Länge starten soll. Eine Aufwärmrunde, als müsse der Zuschauer wieder an seinen Hofnarren gewöhnt werden.
Wenn Comedy zur Peinlichkeit wird
Was da gestern zu sehen war, lässt tief blicken. Ein Act, bei dem ein Mann seinen Penis zur Schau stellte, um daraus „künstlerisch“ Figuren zu formen – genau so, wie Clowns aus langen Luftballons Hunde oder Schwerter knoten. Penis-Ballon-Tiere. Ernsthaft. Das ist also die große Innovation, mit der der Messias des deutschen Entertainments wieder die Bühne betreten will?
Früher hat Raab Grenzen verschoben, ja. Aber es war zumindest eine gewisse Chuzpe dabei, eine Frechheit, die zur Zeit passte. Heute wirkt das alles nur noch wie ein verzweifelter Griff in die unterste Schublade. Aufmerksamkeit um jeden Preis – und sei es mit jedem noch so lächerlichen, peinlichen, niveaulosen Scheiß.
Die Spur der Misserfolge
Und es ist ja nicht so, als wäre dieser Auftritt eine Ausnahme. Schon vor der Sommerpause hat Raab einen Vorgeschmack auf sein „Comeback“ gegeben. Mit der groß angekündigten Show Du gewinnst hier nicht die Million wollte er das Genre Quiz-Show aufmischen. Was passierte? Ein krachender Flop. Die Quoten lagen im Keller, die Kritiken waren gnadenlos. Das Publikum hat schlicht nicht mitgespielt, weil es nicht sehen wollte, wie der große Raab sich an seiner eigenen Selbstgefälligkeit verschluckt.
Und noch ein Beispiel für seine Hybris: Raab verkündete vollmundig, er werde den Eurovision Song Contest zurück nach Deutschland holen. Ein Versprechen, das sich ebenso schnell in Rauch auflöste wie seine Quotenträume. Das Ergebnis: Ernüchterung und ein weiteres Kapitel im Buch der gescheiterten Großansagen. Raab hat offenbar nicht verstanden, dass das, was vor zwanzig Jahren als respektlos und rebellisch galt, heute nur noch wirkt wie ein alter Mann, der verzweifelt versucht, jung zu klingen.
Der traurige Abgesang eines Showprinzips
Man könnte es fast tragisch nennen: Da kommt einer zurück, der offenbar glaubt, dass sich die Zeiten nicht geändert haben. Dass man auch 2025 noch mit Holzhammer-Provokationen glänzen kann, als wäre RTL Samstag Nacht nie abgesetzt worden. Aber das Publikum ist weiter, die Sehgewohnheiten sind differenzierter. Und vor allem: Der Überraschungseffekt ist weg.
Was bleibt, ist Fremdscham. Der verzweifelte Versuch, wieder „Chef im Ring“ zu sein, während andere längst in der Manege stehen und das Geschäft am Laufen halten. Während Sebastian Pufpaff bei TV Total zuverlässig seine Runden dreht und andere Shows längst im neuen Jahrzehnt angekommen sind, wirkt Raab wie ein Fossil aus einer anderen Epoche.
Alte Rezepte ziehen nicht mehr
Es reicht auch längst nicht mehr, auf die kognitiven Schwächen von Assis und Promis in den allgegenwärtigen Reality-Formaten hinzuweisen. Jeder weiß inzwischen, dass dort nur der Bodensatz der Kultur versammelt wird, um für ein paar Minuten Fremdscham und Krawall zu sorgen. Das ist kein Tabubruch mehr, sondern zur Gewohnheit verkommenes Fernsehen, das seine eigenen Mechanismen im Dauerbetrieb vorführt. Andere Shows haben diesen Acker schon längst bis zur Unkenntlichkeit umgepflügt, von den Dschungelabenteuern bis hin zu den Trash-Experimenten auf jeder zweiten Streamingplattform. Da braucht es wirklich keinen Stefan Raab mehr, der sich nach Jahren der Abstinenz hinstellt, um das noch einmal widerzukäuen, was andere schon vor langer Zeit verdaut haben. Statt als Provokateur aufzutreten, entlarvt er sich so nur als Epigone seiner eigenen Vergangenheit.
Ein Pyrrhussieg am Mittwoch
Besonders durchsichtig war auch der Versuch, mit der Show Hier gewinnst du nicht die Million den prestigeträchtigen Sendeplatz am Mittwoch um 20.15 Uhr zu besetzen – ein direkter Angriff auf Sebastian Pufpaff und sein erfolgreiches TV Total. Raab wollte seinem Nachfolger das Wasser abgraben und sich selbst wieder als Primetime-König inszenieren. Doch ProSieben reagierte souverän und verschob TV Total kurzerhand auf den Dienstag. Damit hatte Raab zwar nominell den begehrten Mittwochstermin erkämpft, doch inhaltlich bedeutete das nur einen Pyrrhussieg: Denn die besten Themen waren bei Pufpaff längst verarbeitet, wenn Raab am Folgetag auf die Bühne musste. Was bleibt, ist der bittere Beigeschmack, dass der einstige Taktgeber der Fernsehsatire nun hinterherläuft – und zwar den eigenen Schülern und Epigonen.
Der Zahn der Zeit
Nun ist Sebastian Pufpaff mit 49 auch nicht mehr der Jüngste, aber er ist immer noch deutlich näher am Puls der Gegenwart als der inzwischen 58-jährige Stefan Raab. Was man Raab vor zehn oder zwanzig Jahren noch unter der Narrenfreiheit jugendlicher Frechheit durchgehen ließ, wirkt heute schlicht abgenutzt. Damals konnte man ihm Respekt dafür zollen, dass er als Enfant terrible Grenzen verschob. Heute jedoch, wo er auf die 60 zugeht, wirken dieselben Provokationen eher peinlich, gekünstelt und verzweifelt gewollt. Der Versuch, jugendlich-dreist zu erscheinen, prallt an der Realität ab: Die Zeit ist weitergegangen, das Publikum ebenso – nur Raab scheint es nicht bemerkt zu haben.
Die Welt dreht sich auch ohne Raab
Das eigentlich Bittere für Stefan Raab ist: Niemand hat ihn wirklich vermisst. Sebastian Pufpaff führt TV Total mit einer Souveränität und Leichtigkeit, die zeigt, dass man keinen Raab braucht, um eine bissige Late-Night zu stemmen. Auch Schlag den Star läuft seit Jahren erfolgreich weiter – das Publikum fiebert mit, die Gäste liefern ab, und keiner ruft verzweifelt nach dem alten Hausherrn. Der Beweis ist längst erbracht: Raab war nie das unersetzliche Herzstück, sondern nur ein Kapitel in einer langen Fernsehgeschichte, die auch ohne ihn bestens funktioniert.
Mein Tipp: Das geht schief
Ich prophezeie: Raab wird mit diesem Konzept scheitern. Er wird an seiner eigenen Legende ersticken. Denn wer glaubt, dass Penis-Kunststücke die Krönung der Prime-Time-Unterhaltung sind, der beweist nicht Mut, sondern Einfallslosigkeit.
Das Leben ohne Raab war nicht nur möglich – es war gut. Und es wäre vermutlich noch besser, wenn es so bliebe.
Bildquellen:
- IMG_1813_800x500: TV Screenshot Die Stefan Raab Show RTL, 17.09.2025
- IMG_1822_800x500: TV Screenshot Die Stefan Raab Show RTL, 17.09.2025
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Sehr pointiert und genau meine Meinung, Vielen Dank dafür, Herr Wilhelm!
Besser hätte man es nicht sagen können.