Franz „Schnuckenack“ Reinhardt: Der Großmeister des Sinti-Jazz
Die Welt des Jazz hat viele einzigartige Talente hervorgebracht, doch wenige haben eine so bewegende Lebensgeschichte wie Franz „Schnuckenack“ Reinhardt. Geboren am 17. Februar 1921 in Weinsheim bei Bad Kreuznach, ging er als Jazzgeiger, Komponist und Interpret in die Geschichte ein. Doch seine Musik war nicht nur von künstlerischer Brillanz, sondern auch von einer tiefen Verbundenheit zu seiner Sinti-Kultur geprägt.
Schnuckenack Reinhardt ist in Heidelberg, also ganz hier in meiner Nachbarschaft verstorben. Neulich hörte ich Musik von ihm und in mir kam die Frage auf, woher der lustig klingende Vorname Schnuckenack wohl kommt und was er bedeutet.
Deshalb habe ich etwas recherchiert und diesen Artikel hier erstellt.
Eigentlich heißt der Musiker Franz mit Vornamen. Seine Familie gab ihm jedoch den Spitznamen „Schnuckenack“. Das Wort Schnuckenack stammt vom Romani-Ausdruck schnu(c)ker nak, was auf Deutsch so viel wie „schöne Nase“ bedeutet. Schon nach kurzer Zeit wurde Schnuckenack zu seinem offiziellen Rufnamen.
Die Wurzeln und die dunklen Jahre des Krieges
Franz Reinhardt, ein entfernter Verwandter des legendären französischen Gitarristen Django Reinhardt, erlebte eine Kindheit, die von den Schrecken des Nationalsozialismus gezeichnet war. 1938 wurde er mit seiner Familie als „Zigeuner“ nach Częstochowa deportiert. Inmitten der Wirren des Zweiten Weltkriegs tarnten sie sich als deutsch-ungarische Musiker, immer auf der Flucht vor der SS. Das Überleben war ein täglicher Kampf, und mehrmals entkam Reinhardt nur knapp der Erschießung. Bis zum Einmarsch der Alliierten blieb er im Untergrund, bevor er nach Deutschland zurückkehrte.
Die musikalische Wiedergeburt
Nach dem Krieg öffnete sich für Schnuckenack Reinhardt eine neue Tür in seinem Leben, die ihn mit dem Gitarristen Daweli Reinhardt in Kontakt brachte. Diese Begegnung führte zur Gründung des Schnuckenack-Reinhardt-Quintetts, einem Ensemble von 10 bis 15 Sinti-Musikern. Die schlagzeuglose Formation, inspiriert von Django Reinhardts Hot Club de France, wurde schnell zum Vorreiter vieler weiterer Sinto-Jazz-Gruppen. Mit einer präzisen Besetzung von zwei Rhythmusgitarren schuf das Quintett eine einzigartige Klanglandschaft.
Bobby Falta, ein weiteres bedeutendes Mitglied, trug maßgeblich zur Entstehung des Schnuckenack-Reinhardt-Quintetts bei. Die Gruppe trat 1967 und 1968 bei den Internationalen Waldeck-Festivals auf, wodurch sie über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt wurde. Laut der Plattenfirma Da Camera Song in Heidelberg löste sich das ursprüngliche Quintett im Mai 1972 auf. Im September desselben Jahres entstand das Häns’che-Weiss-Quintett, das Häns’che Weiss (Sologitarre), Titi Winterstein (Violine), Holzmanno Winterstein (Rhythmusgitarre), Ziroli Winterstein (Rhythmusgitarre) und Hojok Merstein (Kontrabass) umfasste.
Sinti-Jazz: Eine Transformation der Musiklandschaft
Schnuckenack Reinhardt trug entscheidend dazu bei, die Sinti-Musik von einer Straßenmusikform zu einer konzertanten Darbietung zu wandeln. Seine einzigartige Interpretation des Jazz, geprägt von der emotionalen Tiefe seiner eigenen Lebensgeschichte, faszinierte das Publikum. Unter den zeitgenössischen Bezeichnungen „Zigeunerjazz“ oder „Musik deutscher Zigeuner“ veröffentlicht, machte er diese Musik einem breiten Publikum zugänglich und schrieb somit ein bedeutendes Kapitel in der deutschen Musikgeschichte.
Franz „Schnuckenack“ Reinhardt verstarb am 16. April 2006 in Heidelberg, hinterließ jedoch ein musikalisches Erbe, das weit über seinen Tod hinausreicht. Seine virtuose Geigenkunst und sein Beitrag zur Transformation der Sinti-Musik werden unvergessen bleiben. In seinen Klängen hören wir nicht nur die Noten des Jazz, sondern auch die Stimme eines Mannes, der durch die Dunkelheit des Krieges ging und die Kraft der Musik nutzte, um Licht in die Welt zu bringen.
- jazz-3662296_1280: Von Godwin T. Petermann, 1972 - unbekannt, CC BY-SA 3.0, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=1421797 + Bild von Mohamed Hassan auf Pixabay
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