Der VW-Polo I von 1977 hatte 0,8 Liter Hubraum und wog keine 700 Kilo. Es war die absolute Sparausführung mit Türverkleidungen aus schön gemachter Pappe und Gummimatten als Bodenbelag.
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Ich habe dieses Auto 1985 von einem Schwippschwager abgekauft, für 50 D-Mark.
Unglaublich!
Zuvor hatte ich einen VW-Scirocco besessen, der leider einen Federbeinbruch erlitten hatte. Darüber schreibe ich aber noch einen extra Artikel.
Da ich damals als EDV-Leiter bei der Wirtschaftsdatenbank bei der Börse arbeitete und jeden Tag von Heidelberg nach Frankfurt musste, erbarmte sich der Schwippschwager, und verkaufte mir das Auto zum Schnäppchenpreis.
Er hatte gerade ein neues Auto bekommen und wollte den in die Jahre gekommenen Polo eigentlich „wegtun“. Da der aber vorher gerade eine neue Batterie für 50 Mark bekommen hatte, sollte ich ihm diese 50 Mark geben und dafür das Auto bekommen.
Das sollte ja nur vorübergehend sein, bis der Scirocco wieder fuhr. Dazu sollte es aber nie mehr kommen und so blieb der Polo über Jahre unser Auto.
Eigentlich war der VW-Polo ein abgespeckter Audi 50. Er war äußerst spärlich ausgestattet. Die Türverkleidungen waren tatsächlich aus Pappe, auf der Beifahrerseite gab es kein Türschloss, keinen Türkontakt für die Innenbeleuchtung, keine Sonnenblende und keinen Haltegriff.
VW hatte zuvor Audi übernommen und der kleinste Audi passte gut ins Portfolio der Wolfsburger. Um ihn vom anfangs parallel vermarkteten Audi 50 abzugrenzen, hat man ihn einfach magerer ausgestattet.
Nur 0,8 Liter Hubraum, knappe 40 PS und ein Gewicht von unter 700 Kilo, das waren die Eckdaten.
Das Auto war äußerst agil und wenig. Gerade im Stadtverkehr war der Polo ein richtig schöner kleiner Flitzer in dem tatsächlich vier Personen mitfahren konnten.
Aber auf der Autobahn begann das Abenteuer!
Oft reichte der Beschleunigungsstreifen nicht aus, um auf die Autobahn aufzufahren. Mit 40 PS und einer Beschleunigung von rund 25 bis 30 Sekunden von 0 auf 100 kam der Polo einfach nicht schnell genug auf Touren. Das galt umso mehr, wenn zwei Personen drin saßen und der Kofferraum beladen war. Die rechte Spur war die Heimat dieses Autos. Heutzutage zieht ja beinahe jeder Kleinwagen mit 180 km/h an einem vorbei. Mit dem Polo hat man sich das immer gut überlegt, ob man sich von der rechten Spur zum Überholen nach links traute.
Und wenn es dann links mal nicht so schnell ging und du wolltest wieder nach rechts, brauchte es schon ordentlich Mut, sich mit der kleinen Hutschachtel rechts zwischen den oft schnelleren LKW einzuordnen.
Vier Jahre lang war der Polo mein „daily driver“, wie man so sagt und hat mich unzählige Male nach Frankfurt gebracht. Zu dieser Zeit lebten meine Eltern noch und als es meinem Vater schlechter ging, fuhren wir jedes Wochenende die etwas über 300 Kilometer nach Essen.
Der Polo absolvierte das alles, ohne zu murren.
Vorher war ihm nicht so viel Pflege zugute gekommen, der Schwippschwager hatte auch schon mal 2-Takter-Öl in den Motor gekippt und auch sonst das Auto nicht besonders gepflegt.
Ich gönnte dem Kleinen immer gutes Öl und fuhr ihn alle 6-8 Wochen durch die Waschanlage.
Eine CB-Funkanlage und eine lange Antenne mitten auf dem Dach gehörten damals dazu. Die CB-Funk-Zeit war klasse.
Vier besondere Erinnerungen habe ich an dieses schöne und zuverlässige Auto:
Mordversuch
Einmal, als wir nach Essen unterwegs waren, sind wir auf Manfred B. gestoßen. Es war nachts um zwei und wir waren im Siegerland auf der Sauerlandlinie unterwegs. Manfred B. war ein Malermeister aus der Gegend dort, der betrunken mit seinem Pritschenwagen auf der Autobahn fuhr.
Was ihn erzürnt hatte oder wie er auf uns gekommen war, wurde auch im späteren Gerichtsverfahren nie ganz klar.
Jedenfalls kam es zu einem echten Drama auf der Autobahn, in dessen Verlauf er uns von der Straße zu drängen versuchte, uns immer wieder bis zum Stillstand ausbremste und sogar zu rammen versuchte.
Hier zeigte sich, dass 0,8 Liter Hubraum und eine Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h dann am Ende doch nicht ausreichen, um einem verrückten Besoffenen zu entgehen.
Es war das erste und einzige Mal, dass ich einen anderen Autofahrer bei der Polizei angezeigt habe.
In zwei Gerichtsverfahren in Marburg (wenn ich mich richtig erinnere) wurde der wegen vieler Verkehrs- und sonstiger Delikte Vorbestrafte dann tatsächlich wegen versuchten Mordes und weiterer Delikte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt.
Seine Morddrohungen klingen mir auch heute noch, 40 Jahre später, in den Ohren.
Tote Katze
In dieser Zeit war Rost noch der Hauptgrund, weshalb ansonsten noch ganz brauchbare Fahrzeuge verschrottet wurden.
Bei dem Polo war es der Unterboden. Hinterm Fahrersitz gab es ein richtiges Loch, das nur von einer Gummimatte überdeckt war. Fuhr ich durch eine Pfütze, spritzte es hinterm Fahrersitz bis an den Wagenhimmel…
Es war mir klar, dass das Auto den nächsten TÜV nicht überleben würde.
Eines Tages ist dann unsere Katze gestorben. Ich wollte sie im Garten begraben, aber es war Winter und der Boden war gefroren.
Damals diente ich schon in der US-Army und war in der Taukkunen-Kaserne in Worms stationiert.
Dort gab es eine Verbrennungsanlage, in der wir Schriftstücke vernichten konnten. Ich beschloss, die tote Katze in einen schönen Karton zu betten und bei passender Gelegenheit dort „einzuäschern“.
Gemäß dem amerikanischen Sicherheitswahnsinn wurde die Asche von diesem Aktenverbrennungsofen damals sogar in Fässer gepackt und in die Staaten transportiert.
Doch als ich mit der in ein Handtuch eingewickelten toten Katze im Kofferraum vor der „Police-Kaserne“ vorfuhr, hatte sich ein Umstand ergeben, der eine kurzfristige Umsetzung meines Vorhabens unmöglich machte. Durch die Feuchtigkeit und die frostigen Temperaturen, war die Katze mitsamt dem Handtuch am Boden des Kofferraums festgefroren…
Erst im frühen März gelang es mir, die Katze dann endlich einäschern zu können.
Der Unfall
Knapp vier Jahre waren vergangen, seit ich den Polo bekommen hatte. Fast 100.000 Kilometer hatte er uns sicher und zuverlässig von A nach B transportiert. Seine umklappbare Rückbank hatte ihn auch als tollen kleinen Transporter arbeiten lassen.
Doch eines Tages rammte uns auf dem Parkplatz eines großen Einkaufszentrums ein Mercedes. Der kam von links, die Fahrerin sagte gegenüber der Polizei auch noch, dass sie ihre Brille vergessen habe und so kam es, dass am nächsten Tag ein Gutachter von ihrer Versicherung vorbeikam.
Der Polo hatte einen Schaden vorne links am Kotflügel erlitten. Ich war aber am Morgen vor dem Besuch des Gutachters noch einmal durch die Waschanlage gefahren, hatte dem Auto eine Glanzwachsbehandlung gegönnt und war noch mal mit dem Staubsauger durchs Auto gefegt.
Am Ende war der Gutachter vom guten Zustand des Autos beeindruckt und bot mir 2.000,- D-Mark per Überweisung oder 1.750,- DM sofort als Barscheck. Ich nahm die Sofortzahlung, was man hat, das hat man.
Der Witz an der Geschichte: Zwei Tage später wäre der TÜV fällig gewesen und den hätte ich mit dem Polo nicht überstanden.
Also wanderte der Polo zu unserer Tankstelle. Der Pächter verkaufte auch Gebrauchtwagen.
Ich investierte meinen Scheck dort in einen sehr gut erhaltenen Audi 80 von einem Rentner.
Mein Polo wurde dort mit 350 Euro ausgepreist und ging noch am selben Tag weg. Ein Türke kaufte ihn.
Vier Jahre später habe ich den Polo dann tatsächlich in Weinheim wiedergesehen. An der langen CB-Antenne war er gut wiederzuerkennen.
So, und oben habe ich geschrieben, dass ich mich an vier Besonderheiten erinnere. Jetzt weiß ich aber nicht mehr, was die vierte Erinnerung war. Wenn es mir wieder einfällt, dann ergänze ich diesen Artikel noch.
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- vw-polo: Peter Wilhelm
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