Spott + Hohn

Mein Staubsaugerroboter – vom Wunderwerk zur wandelnden Katastrophe

Staubsaugerroboter

Es war einmal ein Staubsaugerroboter. Ein Wunderwerk der Technik. Ein kleiner, runder Held, der anfangs mit der Präzision eines Schachgroßmeisters meine Wohnung analysierte, Zonen erstellte und diese dann systematisch, fast militärisch-strategisch, abarbeitete. Jeder Besucher, der miterlebte, wie das Gerät zielstrebig und in gerader Linie zur Ladestation zurückfuhr, war beeindruckt. Da stand er dann – mein kleiner Putz-General – aufgeladen, einsatzbereit, voller Stolz und mit dem Nimbus unaufhaltsamer Ingenieurskunst.

Es ist wirklich so: Anfangs beeindruckte das Gerät, erfüllte seinen Zweck hervorragend und die „intelligenten“ Funktionen funktionierten erstklassig. Mittlerweile hat sich das geändert. Das Gerät ärgert mich regelrecht und ich habe immer häufiger das Bedürfnis, dem Gerät einen Tritt zu versetzen, was ich natürlich nicht mache.

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Drei Jahre später: Willkommen in der Irrenanstalt.

Mein Roboter hat sich inzwischen zu einer Mischung aus betrunkenem Einkaufswagen, störrischem Esel und zappelndem Tanzbären entwickelt. Er vergisst zuverlässig den Raum, den er gerade eben noch aufwendig kartografiert hat. Stattdessen stürzt er sich bei jedem Neustart in eine neue „Mission Impossible“ – inklusive neuer Karte, neuer Zonen und eines neuen Plans, den er nach spätestens zwei Minuten wieder über den Haufen wirft. Planvoll? Gründlich? Vergiss es! Heute fährt er eher wie ein kreisender Komet durchs Zimmer, der sich seine Flugbahn von einem 12-Jährigen oder einem Analphabeten diktieren lässt.

Sensoren – oder: Wie man Hindernisse anzieht

Man könnte meinen, Sensoren dienen dazu, Hindernisse zu erkennen und zu vermeiden. Nicht so bei meinem High-Tech-Gerät. Er hat offenbar beschlossen, dass Hindernisse Orientierungspunkte sind, auf die man mit voller Geschwindigkeit zusteuern muss. Kabel? Die findet er mit der Treffsicherheit einer Spürnase. Kaum entdeckt, dreht er solange Pirouetten darauf, bis sich die Kabel endgültig um die Räder gewickelt haben. Ergebnis: Stillstand. Kabel 1, Roboter 0.

Die Treppe – ein ewiges Rendezvous

Und dann ist da noch die Treppe. Eigentlich kennt er sie. Eigentlich sollte er wissen, dass er da nicht runter darf. Aber was macht er? Er steuert mit einer Beharrlichkeit, die jeden Stalker neidisch machen würde, immer wieder auf die erste Stufe zu. Bis zu 50 mal, mit Anlauf, voller Elan. Er stürzt nicht ab, nein, dafür sind die Sensoren dann doch noch gut genug. Stattdessen verfällt er in eine Art groteske Karussellfahrt: minutenlang dreht er sich wirr im Kreis, taumelt zurück, setzt an, fährt erneut auf die Treppe los. Dieses bizarre Schauspiel kann locker eine halbe Stunde dauern – meine persönliche „Cirque du Soleil“-Vorstellung, nur ohne Musik, dafür mit einem Hauch Verzweiflung.

Teppichphobie und Vollgasmodus

Mein einziger Teppich – ein schlichter, dunkler Kurzflor – ist offenbar sein persönlicher Endgegner. Er nähert sich vorsichtig von allen Seiten, tastet sich heran, zuckt zurück. Angstschweiß scheint ihm digital von der Platine zu tropfen. Irgendwann rafft er sich auf, nimmt Anlauf und rast mit Vollgas über den Teppich, als ginge es um Leben und Tod. Sein Programm sagt ihm: „Auf Teppich bitte Saugleistung erhöhen.“ Leider geschieht das zuverlässig immer dann, wenn er schon wieder jenseits des Teppichs angekommen ist. Der Teppich bleibt sauber – in seiner Fantasie.

Eckenliebe und festgefahrene Leidenschaft

Gibt es in meinem Zimmer eine Stelle, an der er sich festfahren kann? Natürlich. Und wie von Geisterhand zieht es ihn genau dorthin. Nicht einmal, nicht zweimal, sondern zehnmal hintereinander. Als wolle er beweisen, dass er es wirklich ernst meint. Er kämpft, er würgt, er ruckelt – und irgendwann gibt er auf. Da steht er dann, keuchend und blockiert, wie ein gestrandeter Wal, der sehnsüchtig auf die helfende Hand des Menschen wartet.

Heimweg? Fehlanzeige!

Am Anfang war es ein Highlight: die zielgenaue Rückkehr zur Ladestation. Heute ist es eine Peinlichkeit. Wenn er nach vermeintlich getaner Arbeit – meist hat er nicht einmal die Hälfte des Zimmers geschafft – nach Hause will, beginnt die große Irrfahrt. 30 Minuten lang schleicht er planlos umher, dreht sich in sinnlosen Kreisen, stößt gegen Möbel und landet schließlich irgendwo im Nirgendwo. Dort bleibt er erschöpft liegen, wie ein Krieger, der sein Schlachtfeld verlassen hat, ohne zu wissen, ob er gewonnen oder verloren hat.

Mein Fazit

Was einst ein Paradebeispiel smarter Technik war, ist heute ein rollendes Desaster, das mich täglich in den Wahnsinn treibt. Mein Staubsaugerroboter leidet an „künstlicher Idiotie“ – und zwar in fortgeschrittenem Stadium. Er ist kein Helfer mehr, sondern ein sturer Hausgenosse, der sich lieber mit Kabeln verheddert, Teppichen aus dem Weg geht und sich in Ecken verliebt, anstatt zu tun, wofür er gebaut wurde: Staubsaugen.

Vielleicht sollte ich ihn nicht mehr als „Roboter“ betrachten, sondern als Haustier. Ein dummes Haustier, das man zwar liebhaben könnte – wenn es nicht so verdammt nervig wäre.

Ich glaube immer mehr daran, dass das alles beabsichtigt ist. Eingebaut vom chinesischen Hersteller, der auf diese Weise zeigen möchte, dass es nun an der Zeit ist, eine 1.400 Euro teure Staubsaugerstation mit Selbstentleerung zu kaufen.
Leckt mich! Ein 99 Euro Roboter kann das alles auch.

Bildquellen:

  • staubsaugerroboter-1: Peter Wilhelm

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Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#künstliche Idiotie

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