Notiz für mich selbst

Mein neuer Freund

Eichhorn

Ich habe einen neuen Freund. Je älter ich werde, umso schwerer tue ich mich damit, neue Freunde zu finden. Das kann natürlich auch daran liegen, dass ich gar nicht danach suche.

Aber dieser Freund ist eines Tages einfach da gewesen. Ich hatte etwas Essen für ein paar andere vorbereitet und auf einmal war er da, der kleine Rothaarige.

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Ich tue etwas, das man gar nicht tun darf/soll. Ich füttere Tauben. Nein, eigentlich füttere ich Spatzen, Meisen und andere kleine Singvögel.
Zu diesem Zweck werfe ich jeden Tag eine kleine Handvoll Futter auf das Vordach hier vor meinen Bürofenster. Ich habe auch ein Schüsselchen mit Wasser aufgestellt. Nachbarin Vera hatte mir diesen Tipp gegeben. Und tatsächlich trinken die Vögel ganz oft an meinem Wasserbecken. Ab und zu, und das finde ich besonders drollig, veranstalten die Spatzen halbstündige Bade- und Planschspiele und puddeln im Wasser herum, dass es nur so spritzt. Danach mache ich immer frisches Wasser in den Napf.

Jetzt kann ich natürlich nicht verhindern, dass auch die Tauben ab und zu vorbeikommen und sich was vom Futter holen. Ich passe immer auf, dass Erwin nicht auf dem Kamin gegenüber sitzt.
Erwin ist unser Taubenmann. Er ist mit Eleonore verheiratet, die auf der Außeneinheit meiner Klimaanlage wind- und wettergeschützt ihre Eier ausbrütet. Erwin ist damit beschäftigt, seine Frau zu füttern, ansonsten sitzt er gerne auf besagtem Kamin gegenüber.
Ist er nicht da, ist das eine gute Gelegenheit, die anderen Vögel zu füttern.

Ab und zu kommt auch eine Elster vorbei. Die finde ich besonders schön.
Neulich hatte die Elster eine Walnuss erbeutet. Die hat sie mitgebracht, als sie sich an meinem Vogelfutter laben wollte. Nun musste sich die Elster entscheiden: Nuss oder Vogelfutter.
Sie legte die Walnuss ab, ohne sie aus den Augen zu lassen und pickte am Vogelfutter. Da das Dach aber etwas abschüssig ist, rollte die Walnuss immer weg. Das war ein Spaß, dem Rabenvogel zuzuschauen, wie er immer wieder seine Walnuss einfangen musste. Erinnerte mich irgendwie an Ice-Age, da gibt es doch auch so ein Tier, das immer um seine Nuss kämpft.

Neulich erschrak ich. Direkt über mir auf dem Dach ertönte lautes Getrappel. Aus dem Augenwinkel sah ich etwas am Fenster vorbeiflitzen.
Ein Rabe oder eine Krähe, vermutlich eher ein Rabe, verfolgte ein Eichhörnchen. Ich nehme an, dass der Rabe keine guten Absichten hatte.

Das Eichhörnchen rettete sich mit einem Sprung in einen am Haus hochwachsenden großen Busch. Nach einer kurzen Weile verzog sich der Rabe und das Eichhörnchen kam aus seiner Deckung.
Es hat dann mein Vogelfutter entdeckt und sich daran bedient.

Seitdem schaut der kleine rote Freund öfters mal vorbei.

Ich hoffe ja, dass es unsere sympathischen kleinen Eichhörnchen noch lange gibt. Längst schon macht sein unsympathischer amerikanischer Verwandter das Leben schwer.

Die amerikanischen Grauhörnchen, die ursprünglich aus Nordamerika stammen, stellen nämlich inzwischen eine ernsthafte Bedrohung für unsere heimischen roten Eichhörnchen dar.

Auf den ersten Blick mögen die grauen Verwandten vielleicht einfach nur wie ein niedlicher Neuzugang in unseren Wäldern wirken, doch tatsächlich haben sie in den letzten Jahrzehnten gezeigt, wie zerstörerisch eine invasive Art sein kann. Die Grauhörnchen sind nicht nur größer und kräftiger, sondern auch deutlich anpassungsfähiger und robuster als die europäischen Eichhörnchen. Sie verdrängen ihre roten Artgenossen, weil sie sich schneller vermehren, energiereicheres Futter bevorzugen und aggressive Konkurrenzstrategien entwickeln. Ein entscheidender Faktor ist zudem das sogenannte Squirrelpox-Virus, das die Grauhörnchen übertragen, selbst jedoch kaum davon betroffen sind.

Für das europäische Eichhörnchen ist dieser Erreger hingegen oft tödlich. Hinzu kommt, dass die grauen Eindringlinge die Nahrungsvorräte der heimischen Art plündern und somit deren Überlebenschancen zusätzlich verringern. Diese Kombination aus Überlegenheit im Wettbewerb, Virusträgerrolle und Nahrungskonkurrenz führt dazu, dass das rote Eichhörnchen immer weiter zurückgedrängt wird und in einigen Regionen bereits fast völlig verschwunden ist. Was auf den ersten Blick wie eine harmlos wirkende Veränderung im Ökosystem erscheint, ist in Wahrheit ein ernstzunehmendes Beispiel für die dramatischen Folgen, die eingeschleppte Arten auf heimische Tierpopulationen haben können.

Woher kommen die Grauhörnchen in Deutschland?

Die amerikanischen Grauhörnchen (Sciurus carolinensis), oft einfach „Grauhörnchen“ genannt, stammen ursprünglich aus Nordamerika. Sie wurden im 19. und frühen 20. Jahrhundert absichtlich nach Europa gebracht — vor allem nach Großbritannien, Irland und Italien — weil man sie als „niedlich“ empfand und als exotische Bereicherung für Parks und Gärten ansah.

In Großbritannien hat sich das Grauhörnchen seitdem stark verbreitet und dort das einheimische rote Eichhörnchen fast vollständig verdrängt. Auch in Italien kam es zu einer starken Ausbreitung, insbesondere in der Region um Genua und in Norditalien.

Situation in Deutschland

In Deutschland gibt es derzeit noch keine frei lebenden, größere etablierte Populationen von Grauhörnchen.

Es wurden in der Vergangenheit immer mal wieder vereinzelte Tiere gesichtet (z. B. aus Privathaltung entkommene Tiere oder ausgesetzte Exemplare), aber bisher konnte sich keine stabile Population bilden.
Behörden und Naturschutzverbände in Deutschland reagieren sehr wachsam auf jede Sichtung, um eine Ansiedlung zu verhindern.

Warum diese Vorsicht?

Deutschland hat aus den Erfahrungen in Großbritannien und Italien gelernt. Dort haben sich die Grauhörnchen innerhalb weniger Jahrzehnte so stark verbreitet, dass die heimischen roten Eichhörnchen fast überall verschwunden sind.

Deshalb gilt in Deutschland ein Verbot für die Haltung, Verbreitung und Auswilderung von Grauhörnchen (nach EU-Verordnung über invasive Arten). Sollte ein Grauhörnchen in der freien Natur auftauchen, muss es eingefangen werden.

Bildquellen:

  • eichhorn: Peter Wilhelm

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